Harry Dean Stanton als Carl Rodd in den neuen „Twin Peaks“-Folgen
Bild: Showtime
Er gilt als Ikone des amerikanischen Schauspiels und als Inbegriff des Charakterdarstellers. Harry Dean Stanton wirkte in seiner sieben Jahrzehnte umfassenden Film- und Fernsehkarriere in über 200 Produktionen mit. Noch in diesem Sommer war er für seinen langjährigen Freund David Lynch in den neuen Folgen von „Twin Peaks“ zu sehen. Nun ist Stanton im Alter von 91 Jahren in Los Angeles verstorben.
Harry Dean Stanton wurde international bekannt durch einprägsame Nebenrollen in Filmen wie „Der Unbeugsame“ (1967), „Asphaltrennen“ (1971), „Alien“ (1979), „Schütze Benjamin“ (1980), „Die Klapperschlange“ (1981), „Christine“ (1983) oder dem Kultklassiker „Repo Man“. Schließlich gab Wim Wenders Stanton 1984 in seinem Roadmovie „Paris, Texas“ eine große Hauptrolle, über die der Schauspieler später sagte: „Nach all diesen Jahren bekam ich endlich den Part, den ich spielen wollte. Falls ich nach ‚Paris, Texas‘ nie mehr einen Film mache, wäre ich trotzdem glücklich“.
Doch natürlich wollten Filmemacher nicht auf Harry Dean Stantons charismatisches und von tiefen Lebensfurchen geprägtes Gesicht verzichten. Vor allem David Lynch setzte ihn nach „Wild at Heart“ im Jahr 1990 immer wieder ein: in „Twin Peaks: Fire Walk With Me“ (1992), in der Miniserie „Hotel Room“ (1993), „The Straight Story (1999) und „Inland Empire“ (2006). In den neuen Folgen von „Twin Peaks“ erhielt Stanton als mitfühlender Trailerparkbesitzer Carl Rodd einige der denkwürdigsten Szenen.
Einen bleibenden Eindruck hinterließ Harry Dean Stanton auch ab 2006 als Polygamist und vermeintlicher Mormonen-Prophet Roman Grant in dem HBO-Drama „Big Love“. 2012 widmete sich die Kinodokumentation „Partly Fiction“ ganz dem Leben und Werk des Schauspielers. Stanton veröffentlichte hierzu ein Soundtrack-Album mit Coverversionen bekannter US-Klassiker, die allesamt in seinem eigenen Wohnzimmer eingespielt wurden. Lange Jahre trat er zudem wöchentlich in Los Angeles mit einer Tex-Mex Band auf, in der er Gitarre und Mundharmonika spielte.
Stantons jüngstes Filmprojekt „Lucky“, inszeniert von „American Horror Story“-Veteran John Carroll Lynch, kommt in den USA in zwei Wochen ins Kino, in Deutschland leider erst im kommenden Frühjahr. Dieses Mal hat Stanton die Hauptrolle und sein langjähriger Weggefährte David Lynch einen kleineren Part an seiner Seite. Lynch würdigte seinen Freund am Freitagabend in einer Stellungnahme: „Ein Großer ist von uns gegangen! Es gibt niemanden, der so ist wie Harry Dean. Alle liebten ihn. Und das aus gutem Grund. Er war ein großartiger Schauspieler (mehr als großartig) und ein großartiger Mensch – es war war einfach toll in seiner Gesellschaft zu sein!!! Wir werden dich vermissen, Harry Dean!!! Alles Liebe, wo immer du jetzt bist!!!“
Die Eröffnungssequenz von "Paris Texas" mit Harry Dean Stanton (und sonst niemandem ...), der schweigend durch die Wüste läuft, keiner weiß zunächst warum, untermalt von der genialen Musik Ry Cooders, gehört für mich zum Eindrucksvollsten, was ich je im Kino gesehen habe.