So geht es in „Manifest“, Staffel 4, Teil 2 weiter – Review

Wird Flug-828-Rätsel endlich gelöst?

Rezension von R.L. Bonin – 02.06.2023, 18:51 Uhr

Das große Finale von „Manifest“ – Bild: Netflix
Das große Finale von „Manifest“

Der Anfang vom Ende: Am Freitag, 2. Juni, ist „Manifest“ Staffel 4, Teil 2, (inoffiziell auch als fünfte Staffel bezeichnet) bei Netflix gestartet. Es handelt sich um die letzten Folgen der Serie, die ursprünglich auf dem US-amerikanischen Sender NBC ausgestrahlt wurde.

Das Mystery-Drama um das verschwundene Flugzeug 828, das nach fünf Jahren mit allen Passagieren, unversehrt und nicht gealtert, wieder auftauchte, geht zu Ende. Und diesmal wirklich. Denn eigentlich war bereits 2021 Schluss, als NBC die Serie nach drei Staffeln absetzte. Doch als sich das Flugzeugdrama auf Netflix unerwartet großer Beliebtheit erfreute, orderte Netflix prompt eine finale Staffel in zwei Teilen. Die ersten zehn Folgen feierten im November 2022 Premiere.

Worum geht es in „Manifest“?

Im Mittelpunkt der Serie steht von Anfang an die Familie Stone, besonders das erwachsene Geschwisterpaar Ben (Joshua Dallas) und Michaela (Melissa Roxburgh). Beide haben seit der überraschenden Rückkehr des Flugzeugs sogenannte „Berufungen“. Diese sind wie Visionen zu verstehen, die die beiden vor bevorstehenden Gefahren warnen. Auch viele andere Passagiere sind davon betroffen, wie Bens Sohn Cal (Ty Doran) oder die Ärztin Saanvi (Parveen Kaur).

Mit der Zeit haben die Stones & Co. immer mehr Geheimnisse gelüftet und sind davon überzeugt, dass ihnen genauso viel Zeit übrig bleibt, wie ihnen genommen wurde. Das heißt: Sie haben noch fünf Jahre zu leben. Nicht nur das: Michaela und Ben vermuten einen „göttlichen“ Ursprung hinter den Berufungen. Weitere Hinweise deuten darauf hin, dass nach Ablauf der fünf Jahre nicht nur die Passagiere sterben, sondern die ganze Welt untergeht.

Ben Stone (Josh Dallas) und Michaela Stone (Melissa Roxburgh) Peter Kramer/​Netflix

Staffel 4, Teil 1: Was ist passiert?

Im ersten Teil der vierten Staffel ist Familie Stone vor allem damit beschäftigt, Bens Tochter Eden aus den Fängen der fanatischen Angelina (Holly Taylor) zu befreien. Zur Erinnerung: Da Angelina glaubt, Eden sei ihr Schutzengel, ermordete sie zwei Jahre zuvor Bens Frau Grace (Athena Karkanis) und entführte das Kind. Während Grace im Sterben lag, tauchte der zuvor spurlos verschwundene Cal als Erwachsener wieder auf. Damit niemand von seiner plötzlichen Alterung erfährt, gilt Cal weiterhin als vermisst, weshalb er sich nun „Gabriel“ nennt.

Ben findet schließlich Eden und glaubt, dass Angelina bei einer Explosion zu Tode gekommen ist. Allerdings überlebt sie und ist darüber hinaus nun im Besitz des mächtigen Omega-Saphirs, der falsche Berufungen erzeugen kann. Auch Gabriel scheint dank seiner neuen Drachennarbe verstärkte Fähigkeiten zu besitzen. So treten im Finale von Teil 1 Gabriel und Angelina gegeneinander an. Zwar gelingt es Bens Sohn, die Antagonistin zu besiegen, dennoch entkommt Angelina und verursacht dabei eine Naturkatastrophe. Unterdessen rettet Michaelas Ehemann Zeke (Matt Long) dem am Krebs erliegenden Gabriel das Leben: Mit Hilfe seiner empathischen Fähigkeiten stirbt er an Gabriels Stelle.

Staffel 4, Teil 2: So geht es weiter

Nachdem Saanvi und Vance (Daryl Edwards) verraten wurden, stehen nun alle 828er im Visier der Regierung. Die Folgen dessen werden direkt zu Beginn von Staffel 4, Teil 2, ersichtlich: Alle Passagiere, inklusive Ben und Michaela, befinden sich in einem sogenannten „Auffanglager“, was jedoch eher einem Gefängnis gleicht.

Saanvhi Bah (Parveen Kaur) Netflix

Binnen der ersten Minuten erfahren die Zuschauer, dass acht Monate seit den Ereignissen aus der letzten Folge verstrichen sind. Außerdem bleiben den Stone-Geschwistern als selbsternannte „Kapitäne des Rettungsboots“ nur noch neun Monate bis zum Todesdatum – und damit zur Apokalypse. Aus dem „Gefängnis“ heraus können sie natürlich nicht besonders viel erwirken, weshalb es nicht lange dauert, bis sie mit Vances Hilfe entkommen.

In gewohnter „Manifest“-Manier sind Ben und Michaela erstmal damit beschäftigt, die Berufung einer Passagierin aufzuklären. Das erweist sich als nützlich, da sie dabei mehr oder weniger „versehentlich“ zwei wichtige Erkenntnisse erlangen: Zum einen gibt es ein Safe-House, in dem Sympathisanten flüchtige 828er verstecken. Zum anderen weisen Spuren auf einen vertuschten Flugzeugabsturz hin. Um die Passagiere besser zu beschützen, beschließen Ben und Michaela, doch wieder zurück ins 828-„Gefängnis“ zu kehren.

Wie überzeugend ist der Auftakt von „Manifest“, Staffel 4, Teil 2?

Seit „Lost“ gibt es wohl kaum eine andere Flugzeugabsturz-Serie, die für so viele Fragezeichen im Kopf sorgt wie „Manifest“. Man könnte meinen, dass es so kurz vor Schluss langsam Zeit wird, ein paar Antworten zu bekommen. Aber nein: Die elfte Folge führt weitere Rätsel ein, wie Zekes Auftritt im „göttlichen Bewusstsein“ oder der potenzielle Flugzeugabsturz. Einerseits sorgt das eindeutig für Spannung und verstärkt enorm den „Bingewatching“-Faktor. Andererseits stellt sich dadurch die Frage, ob es der Serie überhaupt noch gelingen wird, das große Rätsel um Flug 828 möglichst nachvollziehbar zu lösen.

Netflix

Eine Stärke von „Manifest“ liegt darin, die Charaktere immer und immer wieder tief fallen zu lassen, sodass sie daraus stärker und heldenhafter hervorgehen. Aber der Mechanismus fängt an zu versagen: Man kauft es den Figuren einfach nicht mehr ab. Wo ist der trauernde, düstere Ben plötzlich hin? Es grenzt an Parodie, dass ausgerechnet er seiner Schwester, nun ebenfalls verwitwet, klischeebehaftete Trostsprüche mit an die Hand gibt. Auch Olive, die im Grunde genommen seit ihrer Kindheit alles und jeden um sich herum verliert, findet sich „zu schnell“ mit Bens Rückkehr ins 828-Lager ab. Ganz zu schweigen von Cal/​Gabriel, der nur noch aufgrund seiner leuchtenden Narbe eine Rolle zu spielen scheint. Etwas weniger „Berufung“ und dafür mehr emotionale Tiefe hätte der Auftaktfolge womöglich nicht geschadet.

Insgesamt bleibt zu hoffen, dass in den letzten Folgen das „Drama“ nicht völlig dem „Mystery“ zum Opfer fällt. Bei so vielen, noch ungelösten Rätseln rund um Flug 828 ist es fraglich, ob in nur zehn Folgen genug Zeit bleibt, auch die emotionale Entwicklung der Figuren überzeugend zu erzählen. Aber „Manifest“ ist immer für eine Überraschung gut – Angelina ist ja auch noch nicht vom Spielfeld verschwunden. Schade, dass es im echten Leben keine Berufungen gibt – sonst wäre es sehr verlockend, das Ende vorherzusehen.

Der Text basiert auf Sichtung von Staffel 4, Teil 2, Folge 1.

Meine Wertung: 3,5/​5

2018 feierte „Manifest“ Premiere auf dem Sender NBC. Nach drei Staffeln wechselte das Drama auf die Streamingplattform Netflix. Dort startete die vierte und letzte Staffel mit den ersten zehn Folgen am 4. November 2022. Nun ver-öffentlichte der Streamingdienst am 2. Juni 2023 den gesamten zweiten Teil und damit das Serienfinale. Das Datum ist übrigens nicht willkürlich gewählt: In der Handlung ist der 2. Juni das Todesdatum.

Über die Autorin

Originalität – das macht für R.L. Bonin eine Serie zu einem unvergesslichen Erlebnis. Schon als Kind entdeckte die Autorin ihre Leidenschaft für das Fernsehen. Über die Jahre eroberten unzählige Serien unterschiedlichster Genres Folge für Folge, Staffel für Staffel ihr Herz. Sie würde keine Sekunde zögern, mit Dr. Dr. Sheldon Cooper über den besten Superhelden im MCU zu diskutieren, an der Seite von Barry Allen um die Welt zu rennen oder in Hawkins Monster zu bekämpfen. Das inspirierte sie wohl auch, beruflich den Weg in Richtung Drehbuch und Text einzuschlagen. Seit 2023 unterstützt sie die Redaktion mit der Erstellung von Serienkritiken. Besonders Wert legt sie auf ausgeklügelte Dialoge, zeitgemäße Diversity und unvorhersehbare Charaktere.

Lieblingsserien: Lost in Space, Supergirl, Moon Knight

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