Talkschwemme: ARD kontert WDR-Rundfunkrat

Sender verweist auf steigende Quoten

Michael Brandes – 18.04.2012, 09:16 Uhr

Die ARD-Talker – Bild: ARD/Marco Grob
Die ARD-Talker

Die ARD hält den Vorschlag des WDR-Rundfunkrats, die Zahl der abendlichen Talkshows zu reduzieren, für verwunderlich. ARD-Chefredakteur Thomas Baumann widersprach der Ansicht des Gremiums, demzufolge es im Ersten zu viele Talks zu den ewig gleichen Themen gebe: „Diese Sichtweise erscheint mir sehr wenig differenziert zu sein und sehr stark auf selektiver Wahrnehmung zu beruhen“, so Baumann.

Auf seiner gestrigen Sitzung hatte der WDR-Rundfunkrat, ein aus Vertretern zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen bestehendes Aufsichtsgremium, seinem Sender empfohlen, „die Talkleiste in dieser Form nicht dauerhaft fortzuführen“. Nachgedacht werden solle über einen wöchentlichen Wechsel der Talkshows, „wie es beispielsweise bei den Politmagazinen seit Jahren erfolgreich praktiziert wird“ (fernsehserien.de berichtete).

Diesen Vorschlag betrachtet Baumann mit großer Skepsis: „Bei den Gesprächssendungen prägen Köpfe das Programm. Diese Wirkung droht zu verpuffen, wenn man an der Frequenz unserer Sendungen herumschrauben würde. Im Übrigen müssten die Produzenten für die Hälfte der Sendungen ebenso viel Personal vorhalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Modell bezahlbar wäre.“

Eine Reduzierung der Talkleiste lehnt Baumann auch mit Blick auf die Quoten ab: „Das Publikum jedenfalls scheint von der Qualität unserer Sendungen überzeugt zu sein und beobachtet diese mit zunehmendem Interesse“, so Baumann. Tatsächlich hatten die ARD-Talker nach Einführung des neuen Programmschemas im Spätsommer 2011 zunächst mit starken Quotenproblemen zu kämpfen. Inzwischen ist zumindest bei vier der fünf Talks wieder ein Aufwärtstrend erkennbar. Der Quotenschnitt von „Hart aber fair“ liegt 2012 bislang bei 3,62 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 11,1 Prozent (2011: 3,06 Mio. /​ 9,6%). „Menschen bei Maischberger“ sahen in diesem Jahr im Schnitt 1,95 Millionen (2011: 1,56 Mio.), „Anne Will“ 1,80 Millionen (2011: 1,63 Mio.) und „Günther Jauch“ 4,82 Millionen Zuschauer (2011: 4,52 Mio.). Lediglich für den „Beckmann“-Talk sieht es weiter trübe aus: Die Sendung verbesserte sich zwar im Jahresvergleich von 1,02 auf 1,06 Millionen Zuschauer, jedoch sank gleichzeitig der Marktanteil noch einmal von 7,6 auf 7,0 Prozent. Offen bleibt die Frage nach den Gründen des Aufwärtstrends: Hat sich das Publikum inzwischen tatsächlich mit der ARD-Talkschwemme angefreundet oder hat nicht insbesondere die gute Nachrichtenlage der vergangenen Monate (feat. Christian Wulff) die Quoten angehoben?

Die Kritik des Rundfunkrats, die ARD-Talker hätten sich in den vergangenen Monaten stark monothematisch vor allem mit Christian Wulff beschäftigt, weist Baumann jedenfalls zurück: „Die Dimension dieser Causa und ihre Folgewirkungen haben es eindeutig gerechtfertigt, dieses Oberthema in mehreren Sendungen aufzugreifen“, so Baumann. Während der ‚Affäre Wulff‘ habe man sich außerdem mit einer Vielzahl weiterer Themen beschäftigt, „wie etwa die Verschuldungskrise europäischer Staaten, den ‚braunen Terror‘ der ‚NSU‘ und das Unglück der ‚Costa Concordia‘.“ Auch der Vorwurf, die Talks setzten sich nur mit den gerade aktuellsten Themen auseinander, gehe ins Leere: „Unsere Sendungen springen keineswegs nur auf vorhandene Themen auf, sie setzen unabhängig von der Nachrichtenlage auch selbst eigene Themen“, so Baumann. Als Beispiele nennt der ARD-Chefredakteur Themen wie „Gerät Auschwitz in Vergessenheit?“ oder „Sind Deutschlands Beamte überversorgt und überbezahlt?“.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    was zuviel ist, ist einfach zuviel - immer die gleichen Themen, immer die gleichen Gesichter - es nervt. Und wenn man zum ZDF schaltet was läuft da - richtig eine Taklshow
    • am via tvforen.de

      ja, vor allem in den ersten Monaten gab es kaum die gleichen themen, gerade bei dem Thema Wulff haben sich die talkshows ja sehr zurück gehalten, nicht das es da an 2 aufeinander folgenden tagen, zur fast gleichen zeit das gleiche thema gegeben hätte -alles eine sehr selektive wahnehmung ,-)))


      Gruß Sir Hilary
      • am via tvforen.de

        Sir Hilary schrieb:
        -------------------------------------------------------
        > ja, vor allem in den ersten Monaten gab es kaum
        > die gleichen themen, gerade bei dem Thema Wulff
        > haben sich die talkshows ja sehr zurück gehalten,
        > nicht das es da an 2 aufeinander folgenden tagen,
        > zur fast gleichen zeit das gleiche thema gegeben
        > hätte

        Richtig. Wegen 1Talk5!
      • am via tvforen.de

        Zugegeben - wir haben wirklich viel zu viele Talkshows. 90 % könnten verschwinden. Das wäre gut!
      • am via tvforen.de

        Endlich mal jemand meiner Meinung!!!!!!!!!!!!!!!
        Dieses Dauerquassel-TV geht enorm auf die Nerven. Bei allen Sendern.

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