TV in the USA: Was Sie schon immer übers US-Fernsehen wissen wollten … (Teil 1)

Von Networks, Lokalsendern und Kabelkanälen – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 27.08.2014, 15:28 Uhr

  • Seite
Networks, Affiliates, Basic Cable, HBO, DirecTV: Alleine an diesen in der Berichterstattung stets präsenten Begriffen merkt man, wie grundlegend anders die US-amerikanische Fernsehlandschaft im Vergleich zur deutschen strukturiert ist. Wo liegen die Unterschiede, welche Bedeutung kommt den Networks, den Lokalsendern und den Kabelkanälen zu und warum ist Pay-TV in den USA für die Zuschauer um ein Vielfaches attraktiver als hierzulande? All diesen Fragen widmet sich wunschliste.de im ersten Teil unserer Reihe und bietet außerdem einen detaillierten Blick auf den Fernsehalltag jenes Landes, das uns in Deutschland nach wie vor mit bester Unterhaltung in Serie versorgt.


Networks und Affiliates

Das US-Fernsehen wird dominiert von den vier großen Networks NBC, CBS, ABC und FOX, wobei FOX erst 1986 ins Leben gerufen wurde. 2006 ging außerdem das kleine Network The CW auf Sendung, das aus der Fusion von WB (Abkürzung für Warner Brothers) und UPN (Universal Paramount Network) hervorging, dessen Zuschaueranteil allerdings deutlich hinter dem der „Big Four“ liegt. Diese fünf Networks finanzieren sich durch Werbeunterbrechungen, ganz im Gegensatz zu PBS (Public Broadcasting Service), einem sechsten Network, das sich seit seiner Gründung 1970 vor allem auf kulturelle Angebote und Bildungsfernsehen spezialisiert hat. Hier ist beispielsweise die Originalversion der „Sesamstraße“ zu Hause. Das nicht-kommerzielle Network finanziert sich hauptsächlich durch Spenden, so gehören entsprechende Aufrufe an die Zuschauer zwischen den einzelnen Übertragungen zum festen Bestandteil des Senders. Seit einigen Jahren haben zudem die beiden großen spanischsprachigen Networks Univision und Telemundo in Folge des demografischen Wandels bei den Marktanteilen erheblich aufgeholt. In manchen Jahren erreichten sie insgesamt zumindest in der werberelevanten Zielgruppe der Bis-49-Jährigen schon höhere Werte als einzelne der englischsprachigen Networks, etwa das zwischenzeitlich mit starkem Zuschauerschwund kämpfende NBC.

Wie der Name schon andeutet, besteht ein Network wie NBC oder CBS aus einem landesweiten Netzwerk von Lokalsendern, den sogenannten Affiliates. Bei den fünf größten Networks sind dies jeweils über 200 individuelle Kanäle, die sich in den verschiedenen Gegenden der USA in der Hand verschiedener Besitzer befinden. Insgesamt unterscheidet man hierbei zwischen den unabhängigen, meist von kleineren Unternehmen geführten Affiliates und einer sehr geringen Anzahl derer, die sich in Besitz der Networks selbst befinden. Diese „Owned & Operated Stations“ sind vor allem in Großstädten wie New York anzutreffen. So sind lediglich zehn Lokalsender im Besitz von NBC, während die restlichen, unabhängigen Affiliates sich vertraglich an das Network binden, um einen Teil von deren Programmen zu übernehmen.

Diese Aufteilung geht auf die Gründerzeit der Networks zurück, die im Fall von NBC und CBS bereits in den 1920er Jahren landesweite Radioübertragungen ermöglichten. Für die bereits existierenden privat geführten Lokalsender waren Eigenproduktionen noch äußerst teuer. So entstand die Idee, über zentrale Networks Programme herzustellen, die von den Lokalsendern überregional verbreitet wurden. Gleichzeitig garantiert die US-Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission) bis heute, dass nur eine bestimmte Anzahl von Affiliates sich im Besitz der Networks befinden darf und wie viele Stunden Networkproduktionen im Verhältnis zu lokalen Sendungen auf den Affiliates ausgestrahlt werden können.

Im Fall des kleinen Networks The CW beschränkt sich die Anzahl landesweit ausgestrahlter Programme auf zehn Stunden pro Woche, darunter befinden sich Serien wie „Supernatural“ oder die Casting-Show „America’s Next Top Model“. Bei den größeren Networks fallen darunter hauptsächlich das Abendprogramm von 20 bis 23 Uhr, also Serien, Shows und überregionale Nachrichtensendungen sowie die traditionellen Late-Night-Shows, die erst ab 23 Uhr auf dem Programm stehen, aber auch Soaps und Talkshows, die am Vor- und Nachmittag ausgestrahlt werden, sowie Kinderprogramme am Wochenende. Die restliche Sendezeit müssen die regionalen Affiliates selbst füllen, entweder durch Eigenproduktionen oder Formate, die landesweit per „Syndication“ vertrieben werden.

Unter Syndication versteht man Produktionen, die zumeist von großen Produktionsfirmen hergestellt werden, die aber für die Ausstrahlung nicht an ein bestimmtes Network direkt verkauft werden. Stattdessen wird die Serie oder Talkshow direkt an ein Affiliate vermarktet, wodurch ebenfalls eine fast landesweite Abdeckung erreicht werden kann. Während heute zumeist tägliche Talkshows wie „Dr. Phil“ auf diese Art und Weise ausgestrahlt werden, war Syndication vor allem in den 1980er und 90er Jahren auch für den Vertrieb von Serien sehr beliebt. Große Erfolge mit Syndication-Ausstrahlung erreichten unter anderem Kulthits wie „Baywatch“ oder „Xena“, die auf einem der großen Networks wohl kaum derart lange überlebt hätten. Auch das Original-„Star Trek“, das NBC 1969 bereits nach drei Staffeln wieder absetzte, erwarb sich erst durch die jahrelangen Wiederholungen in der Syndication seine große Fangemeinde.

Neben der Anzahl von Programmstunden, die Networks und Affiliates mit Eigenproduktionen füllen können, bestimmt die FCC auch die sogenannten Standards & Practices. Diese Bestimmungen untersagen den Kanälen die Nennung von bestimmten Schimpfwörtern und Körperteilen sowie das Zeigen nackter Haut. Daneben können sich Affiliates auch das Recht vorbehalten, einzelne Sendungen der Networks nicht uneingeschränkt für die lokale Ausstrahlung zu übernehmen.

Besonders deutlich wird die Struktur eines typischen Affiliate, das sich nicht im Besitz eines Networks befindet, an folgendem Beispiel: KCRA-3, von den Zuschauern auch einfach nur Channel 3 genannt, ist ein Lokalsender, der 1955 in der kalifornischen Hauptstadt Sacramento gegründet wurde. Er befindet sich im Privatbesitz des New Yorker Konzerns Hearst Television. Vertraglich ist KCRA-3 als Affiliate an NBC gebunden und übernimmt damit Network-Programme, unter anderem Serien wie „Law & Order: Special Victims Unit“, die „Tonight Show“ mit Jimmy Fallon oder die tägliche Soap „Zeit der Sehnsucht“.

Das Morgenprogramm befindet sich mit der „Today Show“ hier ebenfalls in Network-Hand, während in anderen Lokalsendern der Region eigenes Frühstücksfernsehen produziert wird, beispielsweise „Good Morning, Sacramento“ von Channel 31, dem Affiliate des CW. Mehrere Stunden am Tag stehen Regionalnachrichten auf dem Plan, im Fall von Channel 3 „KCRA-3 Reports“. Daneben gibt es die landesweiten Nachrichten („NBC Nightly News“), live aus dem Hauptquartier von NBC im Rockefeller Center in New York ausgestrahlt. An Syndication-Programmen übernimmt KCRA-3 unter anderem täglich die Talkshows „Live! With Kelly“ und die „Dr. Oz Show“.

weiter

weitere Meldungen