Interview mit Tommi Ohrner & Emanuel Rotstein: „Das Herzblut muss erkennbar sein.“

Von „Timm Thaler“ über „Glücksrad“ bis hin zu „Käpt’n Kasi“ – von Marcus Kirzynowski

Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski – 14.11.2015, 12:00 Uhr

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„Käpt’n Kasi“-Dreh mit Tommi Ohrner (l.) und Tobias Kasimirowicz (r.)© PR/​HISTORY/​Getty/​Bilan

wunschliste.de: Herr Ohrner, viele unserer Leser kennen Sie sicher noch aus den Serien, die Sie als Jugendlicher gedreht haben. Sind Sie eigentlich im geplanten „Timm Thaler“-Kinofilm wieder dabei?

Thomas Ohrner: Ja, aber ich darf noch nicht verraten, in welcher Rolle. Der Film wird näher an der Buchvorlage sein als die Serie damals, die die Handlung in die Gegenwart verlegt hatte. Der Film spielt hingegen in den 1920er und Anfang der 1930er Jahre. Ich habe mich gefragt: Was bringt’s dem Film, wenn ich mitspiele? Das könnte die Zuschauer ja eher irritieren, weil sie sich dann wundern: „Ist der alt geworden“ oder so, was sie aus der gezeigten Welt rausreißt. Deshalb habe ich gesagt, es soll nur ein kurzer, aber heftiger Auftritt werden.

wunschliste.de: In den vergangenen Jahrzehnten waren Sie hauptsächlich als Moderator aktiv, im TV zuletzt bis Anfang des Jahres bei der Morningshow „Servus am Morgen“ von ServusTV. Warum endete dieses Engagement und was machen Sie heute?

Ohrner: Ich habe zwei Jahre das Frühstücksfernsehen dort mitaufgebaut. Mir war von Anfang an klar, dass das ein schwieriges Unterfangen wird, weil es ein gemeinsames Programm für Deutschland und Österreich werden sollte. Bei einer aktuellen Sendung gibt es aber für beide Länder teilweise ganz andere Bedürfnisse. Der Zuschauer will heute zu hundert Prozent eigenen Content, da interessiert den Österreicher nicht, wenn in Berlin jemand vom Rad fällt. Der Sender konzentriert sich jetzt mit der Frühsendung auf Österreich und da wollte ich mich nicht auf Dauer einbürgern lassen.

Ich moderiere seit zehn Jahren beim Bayerischen Rundfunk im Radio, bei Bayern 1. Dem bin ich immer treu geblieben, auch während meiner Zeit bei ServusTV. Beim Radio habe ich ja auch angefangen: Nach der Schule bin ich nach Luxemburg gegangen und hab ein Volontariat bei Radio Luxemburg gemacht. Das waren damals noch die „fröhlichen Wellen“, ganz anders als die Öffentlich-Rechtlichen, die noch ziemlich verschlafen waren. Da funkte RTL quasi wie ein Piratensender aus Luxemburg rein, dafür haben die Leute in Deutschland noch Mittelwelle eingeschaltet, um das zu hören! Damals war Helmut Thoma noch Programmchef, der hat immer gesagt: „Macht einfach.“ So habe ich dann schon während des Volontariats auch moderiert, erst nachts und dann nachmittags das „Musikduell“, am Anfang noch in Luxemburg, nachher aus dem Studio in Düsseldorf. Später hat Helmut Markwort mich für Antenne Bayern weggekauft, das gerade gegründet wurde. Das war eine Chance, einen Sender von Null aufzubauen und die Spielregeln selbst mitzubestimmen.

Tommi Ohrner© PR/​HISTORY/​Getty/​Bilan
wunschliste.de: Sie waren auch in leitender Position beim damals neuen Kabelkanal dabei. Wie kam es dazu?

Ohrner: Der damalige Geschäftsführer von Antenne Bayern ging zum Kabelkanal und ich wurde da Programmverantwortlicher. Das hieß vor allem, das umfangreiche Material zu ordnen, das wir von der Kirch-Gruppe bekamen, und daraus dann ein Programmschema zu erstellen. Erst darauf aufbauend entwickelte sich das dann zu kabel eins weiter.

wunschliste.de: Das breiteste TV-Publikum als Moderator hatten Sie sicher Ende der 1990er beim ZDF, wo Sie Shows wie „Lass Dich überraschen“ und „Versteckte Kamera“ präsentierten. Wieso ging es dann beim ZDF für Sie nicht weiter?

Ohrner: Das war die Zeit, wo man mit bewährten Programmen noch ein großes Publikum erreichen konnte. Wir hatten ja anfangs mit der Samstagabendshow, die vorher Rudi Carrell gemacht hatte, nie unter sieben, acht Millionen Zuschauer. Das waren aber auch richtig teure Sendungen. Heute wäre so ein Aufwand nicht mehr zu rechtfertigen. Ich hatte beim ZDF einen großen Unterstützer im damaligen Unterhaltungschef Axel Beyer. Wenn die Entscheider wechseln, ist es immer so, dass die andere Protagonisten vor Augen haben und eigene Akzente setzen wollen. So ist halt unser Geschäft. Ich hab mich aber immer noch mit sechs Millionen Zuschauern verabschiedet.

wunschliste.de: Sie haben danach 2001 bei kabel eins die Spielshow-Klassiker „Glücksrad“ und „Dingsda“ übernommen, die allerdings im Jahr darauf wieder abgesetzt wurden. Würden Sie diese Entscheidung heute genauso treffen?

Ohrner: Es ist immer eine schwierige Frage, wann ein Format seinen Burn-Out erreicht hat. Ich hab damals vor allem beim „Glücksrad“ nach Amerika geguckt, wo „Wheel of Fortune“ immer noch sehr erfolgreich lief. Ich dachte, dann müsste es in Deutschland auch noch funktionieren, wenn man an ein paar Stellschrauben dreht. Aber hier war es einfach schon durch. Ich denke, diese kleinen Gameshows sind heute nicht mehr zeitgemäß. Wenn, müsste man es ganz anders angehen, für ein anderes Publikum, eher ironisch.

wunschliste.de: 2007 sind Sie für die „Verbotene Liebe“ nach langer Pause noch einmal zur Schauspielerei und in eine feste Serienrolle zurückgekehrt. Was hat Ihre Einstellung dazu damals geändert?

Ohrner: Die Rolle sollte eigentlich auf ein Jahr begrenzt sein, daraus wurden dann drei. Rückblickend war das hochinteressant zu sehen, was für ein großer Output da in kürzester Zeit produziert wurde. Und das konnte sich optisch ja durchaus sehen lassen. Ich habe aber immer gesagt, ich bin kein Schauspieler, hab das nie gelernt. Deshalb bin ich ja damals auch zum Radio gegangen, Radio war für mich magic. Auch dass man sich da mit Themen auseinandersetzen konnte. Das macht mir auch heute noch Spaß – zu planen: Welches Thema greifen wir auf? Das Schauspielen war immer nur eine Nebenbeschäftigung, früher in den Schulferien, später neben dem Moderieren.

wunschliste.de: Sie sind in diesem Jahr 50 geworden. Wenn Sie heute noch mal „Timm Thaler“ anschauen, wie fühlt sich das an?

Ohrner: Ich hab vor ein paar Jahren mal die DVD besorgt, weil meine Kinder es einmal sehen wollten. Die erste Folge fanden sie noch ganz gut, bei der zweiten oder dritten langweilten sie sich schon. Die Sehgewohnheiten sind heute eben ganz anders. Ich selbst fand rührend, wie wir damals Fernsehen gemacht haben. Das war ja eine richtig teure Serie, nur für Kinder. Aber es hat auch super funktioniert, auch Jahre später noch. Mit ein bisschen Qualität und den richtigen Leuten kann man die Zuschauer immer noch überzeugen. Noch ist das Fernsehen ja nicht tot. Heute geht es darum, mit einem begrenzten Budget ein Format für eine bestimmte Zielgruppe so umzusetzen, dass das Herzblut erkennbar ist, und nicht einfach irgendwas runterzudrehen. Das ist bei „Käpt’n Kasi“ nicht anders.

wunschliste.de: Herr Ohrner, Herr Rotstein, vielen Dank für das interessante Gespräch.


„Käpt’n Kasi – Auf hoher Spree“ läuft ab dem 16. November jeweils montags um 22:00 Uhr auf History. Die Folge mit Thomas Ohrner ist am 14. Dezember zu sehen.

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Über den Autor

Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit „Ein Colt für alle Fälle“, „Dallas“ und „L.A. Law“ auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für fernsehserien.de und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Emergency Room, The West Wing

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