The Gates – Review

von Michael Brandes

Rezension von Michael Brandes – 16.07.2010

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The Gates

Die sogenannten „Gated Communities“ symbolisieren einen gesellschaftspolitischen Trend, den man als Gegenpol zur Globalisierung werten kann. Weltweit entstehen immer mehr dieser Retortenstädte, in denen sich ein wohlhabenderer Teil der Menschheit mit Hilfe meterhoher Gitterzäune abgrenzt – mittlerweile auch in Deutschland. Dabei nehmen die gut situierten Mitbürger für ihre eigene, kleine Welt in der Regel massive Sicherheitskontrollen, Überwachungskameras, Wachpatrouillen sowie strenge Regeln und Vorschriften, die weit in den privaten Bereich vordringen, in Kauf. Doch was eigentlich bewegt die Menschen dazu, sich in einer dieser abgeriegelten Lebensgemeinschaften mit eigenen Schulen, Golfplätzen und Country Clubs von der Außenwelt abzuschotten? Ist es die Angst vor Chaos, Gewalt oder Sozialneid? Eine tiefe Sehnsucht nach Sicherheit oder Reglementierung? Oder eine verquere Vorstellung von Freiheit?

„The Gates“ ist der Name einer fiktiven „Gated Community“, und es ist kein schlechter Gedanke, sie zum Mittelpunkt einer Serie zu machen. Wer nun aber erwartet, die Autoren der gleichnamigen, im Juni 2010 gestarteten Serie würden sich auch nur im geringsten für dieses Thema interessieren, wird hier enttäuscht. Die Mauern rund um diese künstlich anmutende Idylle, in der bereits offene Garagentore für Missgunst sorgen, dienen lediglich zur Eingrenzung der Kulisse, die letztlich nicht anders aussieht als etwa die Wysteria Lane in „Desperate Housewives“. „The Gates“ soll halt in der Welt der Schönen und Reichen spielen und bietet auf diese Weise genügend Anreize für die Einbindung entsprechender Soap-Elemente. Entstanden ist nach „Happy Town“ innerhalb kürzester Zeit der nächste Versuch des US-Networks ABC, eine Mystery-Serie zu etablieren, die in einer Kleinstadt mit düsteren Geheimnissen spielt.

Luke Mably als Dylan Radcliff

In einem mit Sorgfalt entwickelten Pilotfilm wären die Zuschauer langsam an diese Geheimnisse herangeführt worden sollen. Doch die Verantwortlichen können es gar nicht erwarten, dem Publikum schon in der ersten Szene mit Holzhammer-Methodik einzutrichtern, dass hier Vampire am Werk sind. Es könnte ja sonst jemand schon nach wenigen Minuten gelangweilt wegzappen. Blutsauger hin oder her, der Start ist völlig an den Haaren herbeigezogen: Auf offener Straße wird die kleine Emily fast von einem Auto überfahren. Weil ein Autounfall in dieser ruhigen, übersichtlichen und fast menschenleeren Wohngegend eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, muss ein Filmklischee bedient werden: Der Fahrer des Wagens hantiert bei viel zu schneller Geschwindigkeit sekundenlang mit seinem Handy herum ohne auf die Straße zu blicken. In letzter Sekunde kann er dem Mädchen ausweichen und prallt frontal gegen einen Zementpfeiler. Emilys Mutter, Claire Redcliff (Rhona Mitra, „Boston Legal“), stürzt aus dem Haus, nimmt ihr unverletztes Kind in den Arm und beschäftigt sich dann sehr intensiv mit dem vorbeifahrenden Besucher von außerhalb, dessen linke Gesichtshälfte blutüberströmt ist. Obwohl dieser sich eigentlich primär um sein Augenlicht sorgen sollte, nimmt er sofort dankend das folgende Angebot von Claire an: Sie bittet ihn ins Haus, verarztet ihn und schlägt ihm Sex vor, da ihr Mann gerade unterwegs sei. Nach einem herzhaften Biss in den Hals ist das Schicksal des Fremden besiegelt.

Claire bemüht sich anschließend eiligst, die Spuren des blutigen Zwischenfalls vor ihrem bald eintreffenden Ehemann Dylan (Luke Mably) zu verbergen. Sie duscht und bunkert die frischen Blutkonserven gut getarnt im Rotweinregal. Doch anhand ihres Atems wird sie von Dylan sofort überführt. Schneller als nötig klärt das ungeduldige Drehbuch darüber auf, dass auch Dylan ein Vampir ist. Um ihrer Tochter Emily ein normales Leben zu ermöglichen, sind die Redcliffs in die Community gezogen. Doch Claire, die verzweifelte Hausfrau, hat das spießige Leben inklusive Dinnerpartys, Schulkommitees und Bücherclubs satt. Um ihren Rückfall zu vertuschen, hilft ihr Dylan, die Leiche des Fremden zu beseitigen.

Frank Grillo

Inzwischen ist die vierköpfige Familie Monahan, die neuen Nachbarn der Redcliffs, in „The Gates“ eingetroffen. Vater Nick (Frank Grillo, „Kill Point“) ist der neue Polizeichef. Er wurde aufgrund gewisser Vorfälle, die er auch vor seiner Familie geheim hält, von Chicago aus hierher versetzt. Eigentlich kein schlechter Wohnortswechsel, denn die Monahans sind geradezu aus dem Häuschen, als sie zum ersten Mal ihr neues Heim sehen (das sie – warum auch immer – nicht vorab besichtigt hatten). Es entpuppt sich als luxuriöses Wohnparadies samt Garten und Swimmingpool. Trotz des Sicherheitswahns und weit über 100 Überwachungskameras, die im Ort verteilt sind, erscheint ausgerechnet das Polizeirevier im Vergleich als kleine Bruchbude. Nur zwei Polizisten sind anwesend, als Nick erstmals an der neuen Arbeitsstätte eintrifft. Verbrechen gibt es so gut wie keine, berichten ihm die Kollegen. Um so verwunderlicher, dass sie sich für Claires Opfer, also jenen Besucher, der inzwischen als verschollen gilt und aus dem Blickfeld der Kameras verschwunden ist, gar nicht wirklich interessieren. Nicht minder seltsam ist das konträre Verhalten von Nick, der seinen ersten Tag mit übertriebenen Ehrgeiz angeht. Und wie der Zufall es will, sichtet er ein Video von Claire, die in ihrem Auto sitzt und beim Vorbeifahren an einer Überwachungskamera in die Linse blickt. Wer „Blickkontakt“ mit der Kamera sucht, hat seiner Ansicht nach etwas zu verbergen.

Ein wenig später bringt Nick seine beiden Kinder, Charlie (Travis Caldwell) und Dana (McKaley Miller), zur Schule. Über Charlie erfahren wir lediglich, dass er ein intelligenter Schüler ist. Weitere Eigenschaften haben die Autoren zumindest im Piloten nicht für ihn vorgesehen. Charlie hat gerade das Gelände der Highschool zum ersten Mal betreten, schon wird er von der aufgeweckten Schulschönheit Andie (Skyler Samuels) umschwärmt. Doch die ist – natürlich! – bereits mit einem Footballspieler liiert. Brett, der Sportler, beäugt das Geturtel mit Argwohn und sucht bald die erste verbale Konfrontation mit seinem neuen Nebenbuhler.

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