Suits – Review

Ein Anwalt, ein Betrüger und ein Sommerhit, der überzeugt – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 29.07.2011

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Rachel (Meghan Markle) versteht es, den Neuankömmling an der kurzen Leine zu führen
Es ist schon seltsam: Gerade, wenn man als Fernsehfan die Hoffnung fast schon aufgegeben hat in diesem Sommer noch wirklich beeindruckt zu werden, da erscheint „Suits“ auf dem Bildschirm. Der Schlüssel zum Erfolg ist dabei so altmodisch, so klar und einfach, dass es fast schockierend ist: Casting! Gabriel Macht und Patrick J. Adams sind nicht nur hervorragende Darsteller, die Harvey und Mike sofort zu dreidimensionalen Figuren machen. Ihre Chemie ist von der ersten gemeinsamen Szene an unschlagbar. Wir sehen hier vielleicht das beste neue TV-Duo seitdem Sam und Dean Winchester in „Supernatural“ 2005 erstmals auf Dämonenjagd gingen.

So oberflächlich die Serien auf USA auch manchmal sein können, man kann Serienerfinder Aaron Kosh und den Produzenten von „Suits“ nur dazu gratulieren, dass sie den Mut haben, sich auf ihre Figuren und deren Beziehungen zu konzentrieren und sich nicht mit dem Abarbeiten von Procedural-Fällen und den exzentrischen Anfällen ihrer Hauptfiguren zufrieden geben. Die Fälle, die „Suits“ bislang präsentierte, sind so einfach, dass andere Serien sie zugunsten von Morden, Terrorplänen oder Gangproblemen links liegen lassen: ein Patentantrag, ein Übernahmeverfahren und ein Auffahrunfall. Die juristischen Probleme sind vollkommen alltäglich und gerade deshalb ausgesprochen interessant. Warum? Weil sie konsequent dazu genutzt werden, um Mikes Erfahrung als Harveys „Puppy“ von allen Seiten zu beleuchten, seinen Überlebenskampf in dem neuen, egozentrisch-explosiven Umfeld charmant zu erzählen und vor allem, um die Freundschaft zwischen Mike und Harvey zu stärken.

Donna (Sarah Rafferty) ist die beste Sekretärin, die man sich wünscht
Eigentlich ist bereits jetzt klar, dass Harvey Mikes bester Freund ist und in Zukunft sein wird – nicht Trevor! Genau wie Mikes Großmutter wird Harvey alles dafür tun, um dessen zerstörerischen Einfluss zu schwächen. Von Mike mehr zu erwarten, als von anderen in der Kanzlei, ihn so zu fordern und zu fördern, ihm die Wichtigkeit des richtigen Auftretens und des eng sitzenden, teuren Anzugs beizubringen („Nimm deine dünne Krawatte aus meinem Gesicht!“) – all dies ist fortan Harveys Job! Wie wichtig diese neue Beziehung für beide Anwälte ist, würden weder Harvey noch Mike zugeben, zumindest noch nicht. So macht es bei „Suits“ genauso viel Spaß, zwischen den Zeilen zu lesen und die eigentlichen Absichten und Gefühle der Figuren zu entdecken.

Harvey und Mike sind brillante Charaktere, doch „Suits“ ist auch bis in die kleinste, wiederkehrende Nebenfigur hervorragend besetzt. Rick Hoffmann verströmt als Louis eine wunderbar dominante Ruhe, die ihn sofort gefährlicher als jene Drogendealer erscheinen lässt, die hinter Mike und Trevor her sind. Natürlich ist Louis praktisch andauernd nur einen kleinen Schritt von der Wahrheit entfernt, die für Mike und Harvey schlimme Konsequenzen haben könnte. In ähnlicher Weise tritt auch Seniorpartnerin Jessica alias Gina Torres als Ratgeberin, aber auch als unumstößliche Autoritätsfigur in Erscheinung. Respekt und Furcht liegen in diesen Machtstrukturen eng beieinander.

Die Anwaltskanzlei in „Suits“
Eher weniger davon beeindruckt zeigt sich die junge Anwaltsgehilfin Rachel (Meghan Markle), die Mike in die Abläufe der Kanzlei einführt. Außerdem muss sie ihn mehr als einmal daran erinnern, nicht ständig dünnhäutig zu reagieren. Manchmal hilft sie ihm, mal weist sie ihn elegant ab. In ihr Herz geschlossen hat sie ihn aber garantiert. Der heimliche Star des Büros ist Donna, Harveys Sekretärin, wunderbar verkörpert von Sarah Rafferty. Donna tut niemandem einen Gefallen, kennt jeden Schritt ihres Gegenübers im Voraus und lässt garantiert niemanden in Harveys Büro, wenn dieser nicht vor Ort ist. Sich mit ihr anzulegen, wäre sicher die schlechteste Idee überhaupt. Hätten wir nicht alle gerne eine persönliche Donna, die uns davor beschützt, unsere Zeit zu verschwenden?

„Suits“ hat mitten in einer bislang äußerst enttäuschenden Seriensaison bewiesen, dass auch Sommerserien, die oft einfach nur Spaß machen sollen, mit qualitativ hochwertigem Fernsehen verbracht werden können. Meist schaffen es Serien nach einer vielversprechenden Pilotepisode nicht, das eigentlich vorhandene Potential effektiv zu nutzen. Doch „Suits“ wird bislang mit jeder Folge besser, ein zur Ausnahme gewordenes Phänomen! So ist es leicht, jeder weiteren Stunde mit Mike und Harvey entgegen zu fiebern. Einspruch abgelehnt.

Meine Wertung: 5/​5
Alle Bilder: © USA Network

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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