Memphis Beat – Review

von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 04.07.2010

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Alfree Woodard als Lt. Tanya Rice

Begangen wurde die Sünde trotzdem, vor allem von Ex-Schauspieler Joshua Harto („Invasion“) und seiner Ehefrau Liz Harto („Cold Case – Kein Opfer ist je vergessen“), den Schöpfern dieser aufgesetzten, uninspirierten und letztendlich überflüssigen Möchtegern-Südstaatenballade. Aber leider auch von niemand geringerem als George Clooney, der hier als Ausführender Produzent fungiert. Von der ersten Szene an befindet sich „Memphis Beat“ auf dem inhaltlichen Holzweg und trifft einfach nicht den richtigen Ton. Der brutale Mord an einem Ladenbesitzer, der letztendlich mit dem Rest der Handlung nicht das Geringste zu tun hat, gipfelt gleich zu Beginn in den trotteligen Verfehlungen von Deputy Davey Sutton (DJ Qualls), der, wie könnte es im Süden auch anders sein, recht unterbelichtet daher kommt. Als Strafe für seine Fehler darf er den Hauptverdächtigen durchsuchen – nachdem der bereits dank runtergerutschter Hose komplett im Freien steht. Ja, „Memphis Beat“ versucht uns noch vor dem Vorspann mit einem Hosen-Runter-Witz zu begeistern, inklusive Anschauungsmaterial.

Dwight und Partner Whitehead (Sam Hennings)

Der Rest befindet sich meist auf ähnlichem Niveau (von den leuchtenden Möpsen der erwähnten Lampe ganz zu schweigen) und ist entweder langweilig, langatmig oder einfach nicht originell. Während die Südstaatenstimmung bei „Justified“ mühelos und elegant eingefangen wird, wirken die Klischees, die „Memphis Beat“ bemüht, einfach nur unglaublich aufgesetzt. Da hätten wir die Elvis-Imitatoren, die sich auf der Straße den daherkommenden Autors entgegenrecken wie andernorts die Bordsteinschwalben. Da wäre Abraham Benrubi (Jerry in „Emergency Room“), dessen Cop „Lightfoot“ am Empfang des Reviers jeden Verdächtigen mit seinen langen Zöpfen empfängt, die wohl eine nette Hommage an den legendären Willie Nelson sein sollen. Letztendlich wirken sie aber einfach nur lächerlich. Und da wäre die Elvis-Begeisterung des Titelhelden. Zugegeben, Memphis ohne Elvis? Kann kaum gehen. Ist ja auch okay! Doch erfüllen Dwights putzige Gesangseinlagen auch nur irgendeine, für ihn als Figur wirklich bedeutende Funktion? Vielleicht hilft es ihm ja dabei, die schlimmen Eindrücke, die er als Polizei-Beamte jeden Tag vor Augen hat, zu verarbeiten! Eine nette Theorie, die nicht im Geringsten durch die Darstellung von Jason Lee unterstützt wird. Unser Held singt Elvis um der traurigen Folge zu einem heiteren Abschluss zu verhelfen. Mehr ist es hier nicht.

Auch nicht trotz (oder wegen?) Jason Lee, der während der gesamten Episode überraschend steif und unsicher wirkt. Er füllt seine Rolle nie ganz aus und so bleibt rätselhaft, warum Dwights Kollegen so auf ihn bauen. Die Art wie er hier agiert, lässt nicht viel Vertrauen aufkommen. Die Auseinandersetzungen zwischen Lee und Alfre Woodard alias Lt. Rice bleiben komplett in belanglosem Gezänk stecken und irgendwie scheint es, als würden die beiden gar nicht erst versuchen, diese inhaltliche Leere durch gegenseitige Charme-Attacken auszugleichen. Insgesamt wirkt fast das gesamte Ensemble seltsam unbeteiligt. Lediglich Celia Weston hinterlässt als Dwights Mutter Paula Ann einen stärkeren Eindruck und verteidigt tapfer ihr Recht auf eine süße Bekanntschaft mit ihrem neuen Nachbarn – auch wenn es ihr Sohn nicht gerne sieht. Doch hierbei handelt es sich um einen C-Plot, der für den Rest des Piloten praktisch bedeutungslos ist. Dabei hätte man die Chance gehabt eine Brücke von Dwights angeblich so starker Beziehung zur eigenen Mutter über den neuen, ganz auf Mütterlichkeit setzenden Lieutenant bis zur vermeintlichen Misshandlung der älteren Dame zu schlagen. Somit hätte man der Folge eine einheitlichere, inhaltliche Linie geben können. Doch die Chance wird gnadenlos vertan. Stattdessen haben wir Dwight ultra-investigativ im Baumhaus. Nur einer von mehreren Tiefpunkten.

Dwight huldigt seinem musikalischen Idol

Letztendlich bleibt eine einzige Szene, in der Figuren, Atmosphäre und Dialoge komplett zu einer emotionalen Einheit verschmelzen. Die, in der Dwight seinem inzwischen stummen Idol seine Bewunderung ausdrückt und nicht klar ist, ob die alte Dame überhaupt etwas davon mitbekommt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer im gewaltigen Nebelfeld der Belanglosigkeit. Das gleiche gilt für die schöne, musikalische Untermalung, die nicht nur Blues-Fans Freude machen dürfte. Daneben gibt es zudem einen äußerst gelungenen Vorspann, in dem sich die Namen der Hauptdarsteller auf essentiellen Memphis-Requisiten wie Gitarre, Sonnenbrille, Bierdeckel oder Oldtimer wiederfinden.

Letztendlich hält diese elegante Verpackung aber bei weitem nicht, was sie verspricht. Gegen Ende des Piloten befindet sich Dwight auf dem Weg zu einem letzten Besuch bei seinem früheren Idol. Er hat die Dame inzwischen in einem doch recht vertrauenswürdig aussehenden Pflegeheim untergebracht. Als Untermalung erklingt Otis Reddings Klassiker „A Change Is Gonna Come“. Diesem Motto sollten sich auch die Macher von „Memphis Beat“ schleunigst anschließen und ihre Hauptfiguren, sowie den Handlungsort mit einem gewaltigen Schuss Lebensenergie versehen. Falls dies nicht geschieht können wir „Memphis Beat“ getrost mit dem Stempel des legendären Blues-Gitarristen Albert King versehen: „Born Under a Bad Sign“.

Meine Wertung: 2/​5

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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