Major Crimes – Review

Spin-off von „The Closer“ rückt Captain Raydor ins Zentrum – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 28.08.2012, 14:51 Uhr

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Captain Sharon Raydor (Mary McDonnell, m.) übernimmt die „Major Crimes“-Einheit.

Mitte August war es soweit: Nach sieben Staffeln löste Deputy Chief Brenda Leigh Johnson (Kyra Sedgwick) ihren letzten Fall. Die mit dem Emmy gekürte Hauptdarstellerin hatte sich entschieden, „The Closer“ zu beenden. Doch TNT wollte die anderen Mitglieder ihrer Spezialeinheit nicht einfach so gehen lassen, zumal „The Closer“ seit Jahren eine der erfolgreichsten Kabelserien war. Lässt sich dieser Erfolg auf das neue Spin-off „Major Crimes“ übertragen? Der prominente Start hinter dem Serienfinale von „The Closer“ verhalf der ersten Folge zumindest zu hervorragenden Einschaltquoten. Ob die sich allerdings auch in den Wochen danach beibehalten lassen, muss sich noch zeigen.

Eines ist allerdings sicher: Fans von „The Closer“ fallen mit „Major Crimes“ in ein recht weiches Bett. Viele der von ihnen geliebten Figuren sind noch immer Teil des Ensembles, allen voran natürlich Captain Sharon Raydor alias Mary McDonnell. Die einstige Antagonistin von Chief Johnson rückt mit der neuen Serie ins Zentrum. Weiter mit dabei sind außerdem G.W. Bailey (Lt. Provenza), Tony Denison (Lt. Flynn), Michael Paul Chan (Lt. Tao), Raymond Cruz (Detective Sanchez), Phillip P. Keene (Buzz), Jonathan del Arco (Gerichtsmediziner Dr. Morales) und Robert Gossett (Commander Taylor). Auch Jon Tenney taucht als „Fritzi“ hin und wieder auf und ist nach wie vor für das FBI tätig.

Trotz dieser Kontinuität fühlt man sich während des Piloten prompt wieder in die Anfangstage von „The Closer“ zurückversetzt, als die kriminalpolitische Ausrichtung der Einheit auch von ihren Mitgliedern selbst in Frage gestellt wurde – und als die neue Chefin die Loyalität der etablierten Mitarbeiter auf die Probe stellte.

Die Story

Nach dem Überfall auf einen Supermarkt kommt es auf dem Parkplatz zu einem Blutbad. Zwei der Täter werden von der angerückten Polizei erschossen, obwohl die sich aufgrund eines Undercover-Einsatzes eigentlich hätte aus der Sache heraushalten sollen. Als dann ein weiterer Tatverdächtiger, der seine Bereitschaft zur Aussage bereits signalisiert hatte, von seinen Komplizen noch im Streifenwagen erschossen wird, sieht sich Captain Sharon Raydor (Mary McDonnell) in Erklärungsnot.

Gerade erst hat die frühere interne Ermittlerin die Leitung von „Major Crimes“ nach dem Weggang von Chef Johnson übernommen. Einhergehend mit dieser Veränderung verlangt die Leitung der Polizei von Los Angeles auch eine inhaltliche Neuausrichtung der Einheit. Statt Geständnisse zu präsentieren, soll soweit Druck auf die festgenommenen Tatverdächtigen ausgeübt werden, dass sie „Plea Bargains“, also Deals mit den Staatsanwälten, annehmen. In solchen Vereinbarungen kommen Schuldeingeständnis und Strafmaß zusammen, wodurch den Steuerzahlern ein kostspieliges Verfahren erspart bleibt.

Vor allem Lt. Provenza (G.W. Bailey) hat mit dieser Praxis, die sich in einer moralischen Grauzone abspielt, große Probleme – ebenso wie mit Raydor selbst. Als seine neue Chefin zudem die opportunistische Detective Amy Sykes (Kearran Giovanni) mit ins Team holt, beginnt Provenza, schon einmal seine Sachen zu packen. So steht Raydor vor der Herausforderung, ihr Team zusammen zu halten und auf die neuen Vorgaben einzuschwören. Gleichzeitig muss sie ein Versprechen ihrer Vorgängerin einlösen. Der ehemalige Strichjunge Rusty (Graham Patrick Martin) soll als Zeuge in einem wichtigen Prozess aussagen. Im Gegenzug hatte man ihm versprochen, seine verschwundene Mutter aufzuspüren. Da Rusty bereits aus mehreren Pflegeheimen wieder abgehauen ist, quartiert Sharon ihn prompt bei sich zu Hause ein – was Herausforderungen mit sich bringt, die weitaus schwieriger zu bewältigen sind als so mancher Mordfall.

Nun sitzen Travis und Wes also bei Dr. Emma Ryan (Sonya Walger) im Stuhlkreis, offenbaren ihre Gefühle, zeichnen Lebensbäume und versuchen verzweifelt, diese Übung nicht als Zeitverschwendung zu sehen. Für die anderen therapiebedürftigen Ehepaare ist klar, dass sie bei weitem noch besser dran sind. Zumal sie nicht von der Therapie weg zum nächsten Tatort gerufen werden, wo gerade der Sohn eines anerkannten Richters tot aufgefunden wurde. Die erste Spur führt zum Bruder des Opfers. Ein zerstörtes Auto und eine Affäre mit der Rechtsmedizinerin (Alicia Coppola) später offenbart sich für Travis und Wes aber eine ganz andere Lösung des Falls.

Der Look

Es ist überraschend und fast ein wenig enttäuschend, wie stark man sich im Look von „Major Crimes“ an der Mutterserie orientiert hat. Die Bildsprache ist durchgängig gleich, selbst die Namenseinblendungen vor schwarzem Hintergrund zu Beginn der Episode sind geblieben. Dennoch, Sharon Raydor ist eine vollkommen eigenständige Figur, die auch einer vollkommen anderen, musikalische Untermalung bedarf. Sie fällt sehr viel kühler, modulierter und nachdenklicher aus als bei ihrer Vorgängerin. Auch Raydors privates Zuhause könnte sich kaum stärker von dem Haus unterscheiden, in dem Brenda mit Fritzi und Kitty lebte. Sharons elegantes Apartment ist der wichtigste neue Handlungsort, der für die persönlichen Kämpfe, die zwischen Sharon und ihrem Schützling Rusty ausgetragen werden, effektiv und überraschend genutzt wird.

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