Happy Town – Review

von Michael Brandes

Rezension von Michael Brandes – 05.06.2010

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Abraham Benrubi, Geoff Stults

Unterdessen sind weitere Protagonisten in den Mittelpunkt der Pilotfolge gerückt. John Haplins Sohn Andrew (Ben Schnetzer) unterhält eine geheime Affäre mit der Highschool-Schülerin Georgia (Sarah Gadon aus „The Border“), was nicht die einzige amouröse Verwicklung bleiben wird. Tommy Conroy (Geoff Stults) ist nicht nur der Deputy, sondern auch der Sohn von Griffin. Für Happy-Town-Verhältnisse wirkt er fast beängstigend normal. Seine Frau Rachel (Amy Acker) möchte gern nach Kalifornien ziehen, doch ihre niedliche Erstklässler-Tochter Emma und auch Tommy sind dagegen. Er ist die treue Seele der Stadt. Es ist ihm anzusehen, dass er nie aus Haplin wegziehen könnte. Zu seinen Freunden zählen der zweite Deputy Eli Rogers (Jay Paulson), der von allen „Root Beer“ genannt wird und Big Dave, der Betreiber der örtlichen Pizzascheune. Big Dave, gespielt von Abraham Benrubi aus „Parker Lewis“ und „Emergency Room“, wird anfangs als gemütlicher Kumpeltyp gezeichnet, als sympathische Nebenfigur, die keiner Fliege etwas zuleide tun könnte. Doch schon bald wird er in negativer Hinsicht in den Vordergrund rücken.

Lauren German, Warren Christie

Das Spielen mit Klischeerollen ist ein Teil des Puzzlespiels, das sich für den Zuschauer nur langsam zusammensetzen lässt. Die Autoren legen immer wieder falsche Fährten und überraschen mit nicht erahnten Story-Twists. Die Stadt erscheint dabei als Schachbrett. Vermeintlich starke Figuren könnten schnell aus dem Spiel genommen werden, während kleine Randfiguren große Bedeutung erlangen können. Man ist gut beraten, keiner der Figuren dieses Ensembles zu trauen. Der Versuch, hier zwischen guten und bösen Protagonisten zu unterscheiden, ist ohnehin zwecklos, da die Konstellationen immer wieder durcheinander gewirbelt werden. Jedes kleine Detail könnte wichtig sein. Vielleicht spielt auch jener finstere Vogel eine Rolle, der die Bewohner argwöhnisch beäugt und immer dann zur Stelle zu sein scheint, wenn sich im Ort wieder etwas spannendes ereignet.

Zur Fülle an Details zählen auch die vielen popkulturellen Verweise, mit denen die Serienschöpfer Josh Appelbaum, Andre Nemec und Scott Rosenberg, zuvor verantwortlich für die US-Version von „Life on Mars“, nicht geizen. Das beginnt bei den Episodentiteln, in denen sich Referenzen an Rockbands wie Nirvana („Polly wants a crack at her“) und ‚Clap Your Hands Say Yeah‘ („In this home on ice“) verbergen oder Reminiszenzen an Filmklassiker („Dallas Alice doesn’t live here anymore“, „Blame it on Rio Bravo“) und führt bis zu biographischen Angaben. Henley stammt beispielsweise aus der Kleinstadt Snoqualmie, Washington. In dem real existierenden Ort mit 1.600 Einwohnern wurden die Außenaufnahmen von „Twin Peaks“ gedreht.

Amy Acker, Sam Neill

Doch vielleicht ist gerade der Detailreichtum und die große Menge an Figuren der Serie angesichts veränderter Sehgewohnheiten zum Verhängnis geworden. Eine Chance beim US-Publikum hatte „Happy Town“ jedenfalls von Anfang an nicht. Die Serie kam erst sehr spät in der Saison, Ende April 2010, ins Programm. Acht Episoden wurden für die erste Staffel produziert, doch nach drei Folgen wurde die Serie bereits abgesetzt und begraben. Viel zu wenig Zeit, um sich als Zuschauer in „Happy Town“ einzuleben und möglicherweise dauerhaft einzurichten. Das breite Publikum, auf das die US-Networks angewiesen sind, hat heutzutage weder die Geduld, einer romanartig erzählten Schauergeschichte über Wochen zu folgen, noch die Aufmerksamkeitsspanne, den vielen Finten, die die Serie vollzieht zu folgen. Vermutlich wäre „Happy Town“ bei einem Pay-TV-Sender besser aufgehoben gewesen.

Bis auf die etwas zu dick aufgetragene Mordszene zu Beginn kann die erste Episode schon naturgemäß kaum mit Action und handlungsreichen Elementen aufwarten. Es braucht seine Zeit, sich mit der Stadt und ihren Bewohnern vertraut zu machen, daher steht die Vorstellung der Figuren und ihrer bisweilen kniffligen Beziehungen zueinander noch im Vordergrund. So bleibt ein grundsolider, sorgsam strukturierter Pilotfilm, der bereits viele interessante Fragen zum weiteren Verlauf der Handlung in den Raum wirft. Noch kann man nicht erahnen, welche davon früher als gedacht beantwortet werden und welche die Serie nach ihrem abrupten Ende leider mit ins Grab nimmt. Eine Grundsympathie jedenfalls ist geweckt für die mysteriöse Stadt „Happy Town“, die nachts in ein bemerkenswert schönes, hellgrünes Licht getaucht wird.

Meine Wertung: 3,5/​5

Autor: Michael Brandes

Alle Bilder: © 2009 American Broadcasting Companies, Inc.

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