Prosit, „Twilight Zone“!

Vor 50 Jahren startete die Kultserie von und mit Rod Serling

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 29.11.2009

Im Auge des Betrachters


Eine Frau kämpft verzweifelt gegen kleine Eindringlinge in „The Invaders“
Eine folgenschwere Fehlinterpretation: „To Serve Man“
William Shatner und das Flugzeug-Monster: „Nightmare at 20,000 Feet“
Marcia kehrt heim in das Reich der Schaufensterpuppen: „The After Hours“
Andere Episoden setzten sich mit den Gefahren von Faschismus und Totalitarismus auseinander. In „Eye of the Beholder“ (Ep. 42) erwartet eine geheimnisvolle Patientin voller Angst den Ausgang einer Schönheitsoperation. Sie fleht die behandelnden Ärzte an, sie wolle doch unbedingt so aussehen wie alle anderen. War die Operation erfolglos und sieht sie noch immer so abnormal aus wie zuvor, so muss sie an einen Ort außerhalb der Gesellschaft abgeschoben werden. Während der gesamten Folge sehen wir weder ihr Gesicht, noch das der Ärzte, die sie behandeln. Am Schluss wird klar: Die Frau hat menschliche Gestalt und die Ärzte, die in einer totalitären Gesellschaft Gleichheit zu schaffen versuchen haben furchtbare, schweinsgesichtige Fratzen. Schönheit, Gleichheit und die Voraussetzungen für eine lebenswertes Existenz – all dies liegt hier im Auge des Betrachters.

Unerwartete Überraschungen dieser Art werden schnell zum Markenzeichen der „Twilight Zone“-Geschichten. In „The Invaders“ (Ep. 51) terrorisieren winzig kleine Außerirdische, die soeben mit ihrem Raumschiff gelandet sind, eine einsam lebende Frau. Die aber wehrt sich hartnäckig. In der ganzen Folge spricht sie dabei kein Wort. Am Ende wird auch klar warum: Die Frau ist kein Mensch und die kleinen Aliens sind amerikanische Astronauten, die panisch die Flucht ergreifen und die für sie fremde Welt wieder verlassen. In Episode 89 kommt die außerirdische Rasse der Kanamiten auf die Erde und überzeugt auch die kritischsten Gegner. Sie verwandeln die Welt nicht nur in ein problemloses Paradies, selbst eines der Bücher des Volks trägt den Titel: „To Serve Man“. Zu spät merken die Verantwortlichen, dass „serve“ hier nicht mit „dienen“, sondern mit „servieren“ zu übersetzen ist. „To Serve Man“ ist ein Kochbuch und die Menschheit steht auf dem Speiseplan.

William Shatner, der später als Captain des „Raumschiffs Enterprise“ zu Weltruhm gelangte, erlebte in der „Twilight Zone“ einen ganz anderen Alptraum: einen „Nightmare at 20,000 Feet“. Als einziger Passagier eines Linienflugs sieht er während eines Sturms auf den Flügeln der Maschine ein unheimliches Monster, das die Motoren zu manipulieren scheint. Doch niemand glaubt ihm, auch nicht seine Ehefrau. Schließlich weiß sie, dass ihr Mann erst vor sechs Monaten einen Nervenzusammenbruch hatte. Am Ende der Folge wird er in einer Zwangsjacke abtransportiert. Doch Rod Serling zeigt uns mit seinem Schlusstext, dass an dem Flugzeug tatsächlich manipuliert wurde.

In „The After Hours“ (Ep. 34) muss Marcia White (Anne Francis) auf der Suche nach einem Geschenk für ihre Mutter in einem Kaufhaus feststellen, dass sie nicht zum Einkaufen dort ist. Vielmehr erwachen die Schaufensterpuppen um sie herum zum Leben und begrüßen sie zu Hause. Marcia ist selbst eine Puppe, die für einen Monat lang zwischen Menschen leben durfte. Langsam kommt die Erinnerung zurück und bald schon steht auch sie wieder leblos mitten im Kaufhaus. „Time Enough at Last“ (Ep. 8) bringt dagegen die alte Erkenntnis, dass man vorsichtig mit dem sein sollte, was man sich wünscht. Der Bankangestellte Henry Bemis (Burgess Meredith) liebt das Lesen über alles. Seine Frau und sein Boss machen sich darüber lustig und verschmähen seine Leidenschaft als „Zeitverschwendung“. Nachdem die menschliche Zivilisation nach einem Krieg mit Wasserstoffbomben zerstört wurde bleibt Henry als einziger Überlebender zurück – in einer Stadt voller Lebensmittel und einer noch recht intakten Bibliothek. Plötzlich ist Henry überglücklich: Er hat alle Zeit der Welt und niemand wird ihn mehr bei seiner Leidenschaft, dem Lesen stören. Doch dann zerbricht seine Lesebrille. So bleibt er in einer leeren, zerstörten Welt ohne Lebensaufgabe zurück.

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