Prosit, Pumuckl! 40 Jahre Necken und Verstecken im Fernsehen

Großer Rückblick auf die Geschichte des Kult-Kobolds mit dem roten Haar

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 24.09.2022, 09:00 Uhr

Ein Pumuckl – mehrere Mütter

Ellis Kaut BR/​Natasha I. Heuse

Während Ellis Kaut die Erfinderin der Figur Pumuckl und dessen Charakterzügen war, gab ihm eine andere Frau sein prägnantes äußeres Erscheinungsbild: 1963 veranstaltete Ellis Kaut einen Mal-Wettbewerb, den die damals 21-jährige Barbara von Johnson gewann. Die Zeichnerin schuf die unverwechselbare Gestalt des Kobolds mit seinen übergroßen Händen und Füßen, den abstehenden Ohren und dem kleinen Bäuchlein. Ab 1965 illustrierte von Johnson die Pumuckl-Bücher, von denen bis 1978 zehn Bände auf den Markt kamen.

Später kam es zu mehreren Rechtsstreits zwischen Barbara von Johnson und Ellis Kaut. Ursula Bagnall, die Tochter von Ellis Kaut, sicherte sich 1979 die Markenrechte am „Pumuckl“. Kauts Schwiegersohn Brian Bagnall illustrierte fortan den Pumuckl nicht nur für Merchandise-Artikel, sondern auch in den Kinderbüchern. Dadurch sah sich Barbara von Johnson in ihren Urheberrechten verletzt und zog vor Gericht. 2005 erhielt sie nachträglich eine Vergütung und ist seitdem wieder Inhaberin der „Pumuckl“-Bildmarke.

Barbara von Johnson in ihrem Atelier BR

Zu einem weiteren Gerichtsverfahren kam es aufgrund der Frage, ob der Pumuckl eine Freundin haben darf. Barbara von Johnson wollte einen Malwettbewerb für Kinder veranstalten und diese eine Freundin für Pumuckl malen lassen. Ellis Kaut hatte daraufhin eine einstweilige Verfügung beantragt. Ihre Ansicht nach sei der Pumuckl als Nachfahre der Klabauter ein Geistwesen, die kein ausgeprägtes Geschlecht haben. Ihm eine „überflüssige und dramaturgisch nur störende“ Pumuckline an die Seite zu stellen, lehnte sie ab. Das Landgericht München I. entschied 2007 letztenlich zu Gunsten von Barbara von Johnson, da durch den Malwettbewerb das Urheberpersönlichkeitsrecht von Ellis Kaut nicht verletzt werde. 2012 kam es endlich zur großen Versöhnung zwischen den beiden Pumuckl-Müttern und sämtliche Urheberrechts-Streitigkeiten wurden beigelegt.

Meister Eder und sein Pumuckl – im Kino und im Fernsehen

Nach dem Erfolg der Hörspielreihe und der Bücher war es nur eine Frage der Zeit, bis der Kobold für die Zuhörer auch sichtbar wurde. Neun Jahre vor dem Start der TV-Serie absolvierte der Pumuckl seinen allerersten TV-Auftritt – und zwar in der vom NDR produzierten ARD-Kindersendung „Plumpaquatsch“. Zu sehen war der hier noch schwarz gekleidete Kobold in ein paar kurzen Storys per Legetricktechnik mit Stop-Motion-Animation. 1981 war der Pumuckl dann erstmals als die Zeichentrickfigur zu sehen, als die wir ihn heute kennen: Gezeigt wurden für die Bayerische Rundfunkwerbung knapp einminütige Spots, die als Vortest für die bevorstehende Serienproduktion dienten.

Das „Pumuckl“-Team: (v. l.) Redaktionsleiter Dr. Peter Werner, Redakteur Peter Kölsch, Autorin Ellis Kaut, Gustl Bayrhammer, Regisseur Ulrich König und Hans Clarin BR/​Foto Sessner

Darauf folgte im April 1982 zunächst die Veröffentlichung des Kinofilms „Meister Eder und sein Pumuckl“ und ab dem 24. September 1982 schließlich die parallel produzierte, gleichnamige TV-Serie. Die Produktion der damals aufwendigen und zukunftsweisenden Mischung aus Real- und Zeichentrickfilm begann bereits 1978. Der gezeichnete Pumuckl wurde in eine real gefilmte Umgebung mit Schauspielern eingefügt. Für die Trickteile zeichnete das Pannonia Filmstudio in Budapest unter der Leitung von Béla Ternovszky verantwortlich.

Der erste Kinofilm ist letztendlich ein Zusammenschnitt aus vier Episoden der TV-Serie: „Spuk in der Werkstatt“, „Das verkaufte Bett“, „Das Schlossgespenst“ und „Das Spanferkelessen“ – mit leichten Abweichungen, denn teilweise unterscheiden sich die Dialoge im Detail und die Besetzung der Nebenfiguren.

BR/​Infafilm/​Original-Pumuckl-Entwurf Barbara von Johnson

Im Kinofilm wie auch in der Fernsehserie wirkten zahlreichen bayerische Volksschauspieler mit. In wiederkehrenden Rollen sind Erni Singerl als abergläubische Putzfrau Eichinger, Willy Harlander als Schlossermeister Bernbacher, Toni Berger als Automechanikermeister Toni Schmitt, Ilse Neubauer als Hausmeisterin Frau Stürtzlinger und Werner Zeussel als Hausmeister Herr Stürtzlinger zu sehen. Gastauftritte absolvierten außerdem Wolfgang Völz, Helga Feddersen, Lisa Fitz, Gisela Uhlen, Helmut Fischer, Barbara Valentin, Gaby Dohm, Iris Berben, Fredl Fesl, Karl Dall, Beatrice Richter und Rolf Zacher.

Da Regisseur Ulrich König wusste, dass der Pumuckl auch viele erwachsene Fans hatte, bemühte er sich darum, in der TV-Serie mit viel Wortwitz eine zusätzliche Erwachsenenebene zu erschaffen – mit Erfolg: Laut Quotenerhebung saßen von Anfang an pro zusehendem Kind zwei Erwachsene vor dem Fernseher. Ein Running Gag, den es in den Hörspielen etwa noch nicht gab, ist Eders Erwähnung vom „alten Wimmer“, ein Antiquitätenhändler, von dem er oft Aufträge für dessen „Glump“ erhält. Während des Abspanns der meisten Folgen improvisierten außerdem Hans Clarin und Gustl Bayrhammer in Dialogen frei von der Seele. Immer wieder verabschiedet sich Pumuckl auch mit dem in Bayern unbeliebten „Tschüss“ und wird daraufhin von Eder mit „Pfiat di“ korrigiert.

Regisseur Ulrich König BR

Bei der Adaption der Geschichten fürs Fernsehen war man bemüht, die ursprüngliche Hörspiel-Fassung möglichst originalgetreu zu übernehmen. Allerdings wurde die Art des Umgangs vom Meister Eder mit dem Pumuckl teilweise als nicht mehr zeitgemäß betrachtet. In den Hörspielen drohte er dem Kobold etwa viel häufiger damit, ihn einzusperren. Der Fernseh-Meister-Eder wurde um einiges liebenswürdiger und großväterlicher angelegt. Der Junggeselle mit Anfang 60 will den Pumuckl durchaus erziehen, kann über dessen Streiche aber auch herzhaft lachen und ist letztendlich froh darüber, nicht länger alleine leben zu müssen.

Zwischen der 1982 erschienenen ersten Staffel und der 1988 erstmals gezeigten zweiten Staffel vergingen sechs Jahre, die auch an Gustl Bayrhammer nicht spurlos vorbeigingen. Denn während seine Haare und sein Bart in der ersten Staffel noch mit Zinkweiß gefärbt wurden, um Meister Eder älter wirken zu lassen, war dieses künstliche Einfärben 1988 nicht mehr nötig.

BR/​Infafilm/​Original-Pumuckl-Entwurf Barbara von Johnson

Gedreht wurde in München, vor allem in den Stadtteilen Lehel und Haidhausen. Eders Werkstatt befand sich in einem Hinterhof der Widenmayerstraße 2 in Lehel. Bedauerlicherweise wurde die Werkstatt nach dem Ende der Dreharbeiten sofort abgerissen. Als letzte Folge wurde „Das Spiel mit dem Feuer“ gedreht, in der die Küche ausbrannte. Unmittelbar danach begannen die Abrissarbeiten. Lediglich der Innenhof erinnert heute noch an die Serie. Noch immer existiert hingegen das Wirtshaus, in dem sich Eder und seine Stammtischbrüder trafen: Es handelt sich um das Gasthaus Kandler in Oberbiberg in der Gemeinde Oberhaching. Hier wurden die Innenaufnahmen gedreht, während die Außenaufnahmen von der nicht mehr existierenden Wirtschaft „Zum Huterer“ in Haidhausen stammten. „Meister Eder und sein Pumuckl“ war nicht nur in Deutschland erfolgreich, sondern wurde auch zum Exportschlager und in 28 Ländern gezeigt. Alle 52 Folgen wurden vor einigen Jahren digital restauriert und stehen seit 2019 in HD-Qualität bei Prime Video auf Abruf zur Verfügung.

zurückweiter

weitere Meldungen