Paul Lee legt Job als ABC-Chef nieder, wird von Channing Dungey ersetzt

ABC geht unter neuer Führung in die Upfronts

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 18.02.2016, 10:28 Uhr

Die neue ABC-Senderchefin Channing Dungey – Bild: ABC
Die neue ABC-Senderchefin Channing Dungey

Nach etwas mehr als fünf Jahren ist die Ära Paul Lee beim US-Network ABC überraschend und wohl auch kurzfristig zu Ende gegangen. Seine Nachfolgerin als Senderchefin ist Channing Dungey, die zuvor bereits mehrere Jahre lang für die Entwicklung der Drama-Spalte beim Sender verantwortlich zeichnete. In der Geschichte der fünf großen, englischsprachigen Broadcastnetworks übernimmt damit erstmalig eine schwarze Frau den Job einer Networkverantwortlichen.

Im Sommer 2010 hatte Lee den Job des Senderchefs von Stephen McPherson geerbt. Zuvor war der aus Großbritannien stammende Lee im Rahmen der Gründung von BBC America in die USA gekommen und hatte später den kleinen Schwestersender ABC Family auf die Erfolgsstraße gebracht. Die Anfangszeit bei ABC war für Lee nicht leicht, da er auf erste Erfolge warten musste. Dazu kamen immer wieder belächelte Versuche, ein bisschen britischen Humor zum Sender zu bringen („Work It“, „Galavant“). Zuletzt hatte der Sender sich aber stabilisiert, vor allem dank des starken Blocks an Serien von Shonda Rhimes am Donnerstag und der Tatsache, dass man mit „Black-ish“ endlich am Mittwoch eine Serie gefunden hatte, die erfolgreich mit „Modern Family“ laufen kann. Daneben gilt der Sender auch als Musterbeispiel an Diversifizierung, etwa durch die schwarzen Hauptdarstellerinnen bei „Scandal“ und „How to Get Away with Murder“ sowie den Comedys „Black-ish“, „Fresh Off the Boat“, „Dr. Ken“ sowie das nicht erfolgreiche „Cristela“.

Letztendlich soll Lee eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit mit seinem Chef Ben Sherwood den Job gekostet haben – wenn auch Lee seinen Job offiziell aus eigenem Antrieb aufgab. Wie etwa Deadline Hollywood meldet, wollte Lee auch in Zukunft weiter stark auf serielle Formate setzen, also solche Serien, mit sich über Episodengrenzen fortsetzende Handlungen. Dazu hatte er zuvor das Modell entwickelt, deren Staffeln in zwei Hälften zu zerlegen und die Ausstrahlungspause in der Mitte mit einem anderen Format zu überbrücken. Sherwood hingegen setzt eher auf Dramaserien mit in sich abgeschlossenen Handlungen, die sich auch dafür eignen, in Wiederholungen zu laufen. Chef Sherwood vertraut nun auf Dungey.

Es gibt eigentlich kaum einen „guten Termin“ für einen Wechsel an der Senderspitze. „Mitten in der Pilot-Season“, wenn das Budget für Neuentwicklungen bereits in Pilotbestellungen geflossen ist, ist aber sicherlich einer der schlechteren. Immerhin kommt Dungey aus der eigenen Firma und hat so Einblick in die aktuelle Entwicklung der Drama-Spalte – anders als etwa Lee, der im Sommer antrat und mit den Bestellungen seines Vorgängers leben musste..

Für Branchenbeobachter kommt die jetzige Entmachtung von Lee überraschend, da er das Network zuletzt eigentlich stabilisiert hatte. Allerdings hatte er auch einige Fehlschläge, gerade im neuen Jahr. Das von ihm überraschend verlängerte „Galavant“ floppte in der zweiten Staffel bei den Zuschauern. Gleichsam „Marvel’s Agent Carter“, auch wenn hier sicherlich die Zusammenarbeit mit Marvel die Verantwortung für die Bestellung einer zweiten Staffel auffangen dürfte. „The Muppets“ bleibt auch nach einem Reboot ein heißer Absetzungskandidat. Die Midseason-Serien „Of Kings and Prophets“ sowie „The Catch“ hatten ihre Probleme und werden derzeit aufgrund der jüngsten Promomaterialien (fernsehserien.de berichtete) von der US-Presse misstrauisch beäugt.

Auf der Gegenseite kann Dungey sich rühmen, dass sie ihre Finger bei nahezu allen erfolgreichen Drama-Serien des Senders im Spiel hatte. Insbesondere hat sie amerikanischen Presseberichten zufolge eine sehr gute Arbeitsbeziehung mit Erfolgsgarant Shonda Rhimes. Natürlich war Dungey auch an einigen Fehlschlägen beteiligt („Blood & Oil“, „Wicked City“, dazu „The Catch“).

Channing Dungey ist die Schwester von Schauspielerin Merrin Dungey („Alias – Die Agentin“, „Malcolm mittendrin“). 1991 machte Channing Dungey ihren Uniabschluss an der UCLA. Über 20th Century Fox und Warner Bros. kam sie 2004 zu ABC Studios und war zuletzt vor allem für die Serienentwicklung von ABC Studios für ABC verantwortlich.

Etwa Deadline hebt hervor, dass die Personalveränderungen so zügig vor sich gingen, dass ABC noch keinen Nachfolger für Dungey auf ihrem bisherigen Posten benennen konnte.

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