Nemi El-Hassan: WDR schließt Zusammenarbeit endgültig aus

„Vertrauen nicht mehr vorhanden“

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 03.11.2021, 12:10 Uhr

Nemi El-Hassan – Bild: © WDR/Tilman Schenk
Nemi El-Hassan

Mitte September geriet die Journalistin Nemi El-Hassan in die Schlagzeilen. Eigentlich sollte sie ab November im Wechsel mit Ralph Caspers und Florence Randrianarisoa das WDR-Wissensmagazin „Quarks“ präsentieren. Doch nach Bekanntwerden von El-Hassans Teilnahme am islamistisch instrumentalisierten al-Quds-Marsch im Jahr 2014 setzte der Sender die Zusammenarbeit mit ihr vorerst aus. In dieser Woche hat El-Hassan in einem Gastbeitrag in der Berliner Zeitung das Verhalten des WDR scharf kritisiert – mit dem Ergebnis, dass der Sender nun eine weitere Zusammenarbeit endgültig ausschließt.

Von der Demonstration hat sich El-Hassan zwischenzeitlich klar distanziert, allerdings fiel sie in jüngerer Vergangenheit durch fragwürdige Likes auf, die sie in jüngerer Vergangenheit auf Instagram-Seiten getätigt hat, die von Antisemitismus geprägt seien. Federführend machte dies die BILD publik.

Das wiederum betrachtet El-Hassan als gezielte Kampagne der Boulevardzeitung gegen ihre Person. Es gibt eine Grenze zwischen kritischer journalistischer Arbeit und einer gezielten Kampagne zur Demontage einer Person. Diese Grenze wurde in meinem Fall überschritten, so die Journalistin in der BZ. Die BILD habe laut El-Hassan ein von rechtsextremen Internetaktivisten initiiertes Narrativ in weite Teile der Öffentlichkeit getragen. In diesem Zusammenhang kritisierte sie den Umgang des WDR mit ihr, der die weitere Zusammenarbeit mit ihr auf den Prüfstand gestellt hat und nach Ansicht von El-Hassan durch den öffentlichen Druck eingeknickt sei.

Der WDR hat sich – in der Hoffnung, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen – allen Argumenten der ‚BILD‘-Zeitung angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor geöffnet, meint El-Hassan. Die Reaktion des WDR zeige exemplarisch, dass es schlecht steht um die vielfach gerühmte Debattenkultur in diesem Land. Sie habe hinter den Kulissen Fragen beantworten müssen, die in erster Linie rassistische Annahmen transportierten und ein schlechtes Licht auf diejenigen in den Sendeanstalten warfen, die sie mir stellten.

Es seien in der öffentlichen Debatte über ihren Fall Stimmen gezielt ignoriert worden. Es habe deshalb keinen ehrlichen Diskurs darüber gegeben, wie sich Antisemitismus von israelkritischen Positionen abgrenzen lasse, oder worin etwa die deutsche Verantwortung gegenüber Menschenrechtsverletzungen in Israel/​Palästina besteht.

Ende September traf der WDR zunächst die Entscheidung, dass El-Hassan nicht als Moderatorin bei „Quarks“ zu sehen sein wird – erwog allerdings, dass sie stattdessen als Autorin hinter der Kamera tätig sein könnte. Damit wollte man eine unangebrachte Politisierung der Sendung vermeiden. Diese Lösung wirkte jedoch wie ein seltsamer Kompromiss, der senderintern nicht allerorts auf Zustimmung stieß. Auch El-Hassan konnte dies nicht nachvollziehen: Bin ich in den Augen des Senders nun eine handfeste oder nur eine verkappte Antisemitin? Dann dürfte man mir – nachvollziehbarerweise – auch nicht das Angebot machen, hinter der Kamera als Autorin tätig zu sein, wie man mir seitens des WDR vage in Aussicht gestellt hat. Bin ich es nicht? Warum wurde ich dann gefeuert?

Wie auch immer – dieser potenzielle Kompromiss ist nun hinfällig. Denn nach Nemi El-Hassans geäußerten Vorwürfen sieht der WDR keine Grundlage mehr für eine Zusammenarbeit. Das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit ist nicht mehr vorhanden. Der Vorwurf, dass der WDR die Moderatorinnen-Auswahl von einer ‚BILD‘-Kampagne abhängig mache, ist unsinnig. Unabhängig von der medialen Berichterstattung und dem öffentlichen Druck im Fall Nemi El-Hassan hat der WDR sorgfältig und umfangreich beraten, weil die Verantwortlichen den beruflichen Weg der jungen Journalistin nicht leichtfertig behindern, sondern ihr eine Chance geben wollten, teilt der WDR mit.

Ausschlaggebend für den WDR ist ihr Verhalten in den sozialen Netzwerken und der Umgang damit gegenüber dem WDR. Relevante Informationen – wie zum Beispiel das Löschen von Likes – erfuhr der WDR erst aus den Medien, obwohl er mit Nemi El-Hassan im intensiven Austausch war. Dies hatte von Beginn an das Vertrauensverhältnis belastet.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Wer sich auf einen Job bewirbt, muss sich die eine oder andere Frage gefallen lassen, auch wenn sie einem nicht gefällt.

    Nun hat El-Hassan leider maximal ungeschickt agiert und mit ihrem Gastbeitrag die Tür zum WDR unter lautem Getöse und Theaterdonner zugeschlagen und dazu noch die Rassismuskeule geschwungen. Es sollte sich also nun wirklich keiner mehr wundern, warum sie nun draußen bleibt. Im Grunde genommen war es zuletzt ihre Entscheidung nicht mit dem WDR zusammenzuarbeiten.

    Sicher hat auch der WDR schon so manchen Bock geschossen und war auch hier ziemlich in Nöten durch die Personalie, aber die Hauptverantwortung sehe ich nicht beim WDR!

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