Herbert Reinecker ist tot

‚Derrick‘-Schöpfer starb mit 93 Jahren

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 07.02.2007

Ohne ihn wäre die deutsche Fernsehgeschichte um einen ganz beträchtlichen Anteil ärmer verlaufen. Herbert Reinecker war der erfolgreichste Autor von Serienkrimis überhaupt. Er kreierte sowohl die Serie „Derrick“, als auch den Klassiker „Der Kommissar“ und zuletzt „Siska“ fürs ZDF. Bereits Ende Januar verstarb Reinecker in seinem Haus in Berg am Starnberger See. Seine Familie gab bekannt, er sei friedlich eingeschlafen.

1969 begann im ZDF die Ära der Krimis in Serie mit dem Straßenfeger „Der Kommissar“. Herbert Reinecker erfand den Kommissar Keller, gespielt von Erik Ode, und schrieb bis 1976 auch die Drehbücher für alle 97 Folgen. Doch dies scheint kaum ein Vergleich zur Langlebigkeit seiner nächsten Schöpfung zu sein.

„Derrick“ startete am 1973 im Sonntagabendprogramm des ZDF und im Gegensatz zum „Kommissar“ war es Reineckers Ziel, psychologische Täterprofile in den Mittelpunkt der Reihe zu stellen. Zunächst sollte dabei auch der Mörder dem Zuschauer stets von Anfang an bekannt sein, was allerdings nach den ersten Folgen nur noch vereinzelt vorkam. Die psychologische Herangehensweise an die in das Verbrechen verwickelten Figuren blieb jedoch – 281 Folgen lang bis 1998. Auch hier schrieb Reinecker alle Episoden selbst. Stephan Derrick (Horst Tappert) und sein Assistent Harry Klein (Fritz Wepper) wurden nicht nur zu untersterblichen Garanten für Fernsehkult, sondern auch für das ZDF zu einem Exportschlager. In 90 Länder wurde die Serie verkauft. Nach dem Ende von „Derrick“ entwickelte Reinecker für das ZDF auch die Nachfolge-Serie „Siska“.

Nach dem zweiten Weltkrieg musste sich Reinecker Kritik an seinem Wirken während der Zeit des Nationalsozialismus stellen. So wurde er in das Berliner Presseamt der Reichsjugendführer berufen und war während des Kriegs Mitglied der Kriegsberichterstatterkompanie der Waffen-SS. 1942 übernahm er die „Hauptschriftleitung“ der Hitler-Jugend-Zeitschrift „Junge Welt“.

Den ersten großen Erfolg nach dem Krieg hatte Herbert Reinecker mit dem Bühnenstück „Das Dorf Odessa“, welches in über 100 deutschen Theatern zu sehen war. 1953 verfasste er den Bestseller-Roman „Kinder, Mütter und ein General“, welches mit seinem Drehbuch anschließend erfolgreich verfilmt wurde. Danach brachten ihm weitere Hörspiele und Filmdrehbücher den großen Erfolg. Neben seiner Tätigkeit als Autor von Kriminaldrehbüchern schrieb er auch für die Serie „Jakob und Adele“ mit Carl Heinz Schroth und Brigitte Horney, sowie für das „Traumschiff“. Ausgezeichnet wurde Reinecker unter anderem mit dem Bambi und der Goldenen Kamera. Für das Drehbuch zu „Canaris“ erhielt er 1999 den Deutschen Filmpreis.

Nach seinem Rückzug aus dem Fernsehgeschäft schrieb Reinecker noch im hohen Alter Bücher, in denen er sich philosophischen Fragen widmete – „mal ohne Tote“, wie er sagte. Solche Fragen beschäftigten ihn auch immer wieder in seinen Kriminaldrehbüchern, in denen er in ausgefeilten Dialogen seine Figuren und die Abgründe ihrer Seelen erforschte. Herbert Reineckers Drehbücher sind noch heute unverkennbar und werden es auch bleiben.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Einfach schade, aber die Serien werden immer von seiner Kreativität leben... .:(

    R.I.P.
    Wicket
    • am via tvforen.de

      er hat es verstanden einen hohen Spannungsbogen aufzubauen - mal psychologie mal mit harter Action ! er war ein Workaholic - zu unserem Glück !

      Alles Gute Herr Reinecker,

      Gruß Sir Hilary
  • am via tvforen.de

    Oh, da hat jemand keinen Humor, oder? Ich hatte ja nur mit einem Augenzwinkern geschrieben, daß ich schneller war mit meiner Meldung im Sendeschluß. Das wurde gelöscht! Aber bitte, lassen wir's! Beschränken wir uns in Zukunft auf sachliche, staubtrockene Beiträge!
    • am via tvforen.de

      Ich sehe hier keine staubtrockenen Kommentare. Sorry Cessna, ich empfand es auch als unpassend, hier "Ätsch" zu schreiben (wenn ich das richtig in Erinnerung habe), weil du früher dran warst mit einer Todesmeldung.

      Eine Artikel von der Wunschliste ist darüber hinaus redaktionell ein wenig anders aufbereitet, es ist normal, dass der nicht aus dem Ärmel geschüttelt wird.
  • am via tvforen.de

    Wie war das eigentlich mit Reineckers Aktivitäten in der NS-Zeit? Wurde das viel in Deutschland diskutiert? Man liest, dass er sich seiner Vergangenheit gestellt hat, aber kann mir jemand erzählen, wie er das getan hat? Das würde mich sehr interessieren.

    Im Archiv der "Zeit" ist ein diesbezüglich interessanter Artikel über ihn: "Ein Keller voller Leichen".
  • am via tvforen.de

    Das ist wirklich sehr traurig. Er war der beste deutsche Fernsehautor, den es je gegeben hat. Ich bin unendlich traurig über diese Nachricht!
    • am via tvforen.de

      Ein kleiner Fehler hat sich eingeschlichen:

      >Herbert Reinecker erfand den Kommissar Köster, gespielt von Erik Ode,

      Der "Kommissar" hieß Keller.
      Köster war der erste "Alte", ab 1977 gespielt von Siegfried Lowitz.
      • am via tvforen.de

        Horst-Guenter schrieb:

        > Der "Kommissar" hieß Keller.
        > Köster war der erste "Alte", ab 1977 gespielt von Siegfried
        > Lowitz.

        Natürlich - danke für den Hinweis, wurde korrigiert!
    • am via tvforen.de

      Die Ära des Fernsehkrimis im ZDF begann schon wesentlich früher, nämlich 1963 mit "Das kriminalmuseum erzählt" und vor allem mit der großartigen Spionageserie "Die fünfte Kolonne", die bereits das komplette "Kommissar"-team als Darsteller aufweisen konnte (allerdings in anderen Rollen) und zu denen Herbert Reinecker großartige Drehbücher beisteuerte. Und man sollte die berühmten reinecker-Dreiteiler auch nicht vergessen: "Der Tod läuft hinterher", "Babeck" und "Elf Uhr Zwanzig" sind ja wohl unvergessene Fernsehkrimis, die den Durbridge-Straßenfegern im Ersten durchaus den rang ablaufen konnten. Warum diese frühen und späteren Reinecker-Serien nicht erwähnt werden und er nur auf Kommissar und Derrick reduziert wird, ist mir schleierhaft. Denn mit der Fünften Kolonne und seinen Dreiteilern hat Reinecker ja alleine schon Fernsehgeschichte geschrieben, auch ohne den Kommissar.

      Der Lonewolf Pete
      • am via tvforen.de

        Klar, Pete, aber "unsterblich" wurde Reinecker eben mit dem "Kommissar" und "Derrick" (mit letzterem ja auch international). Und es gibt fast niemanden, der niemals eine Kommissar- oder Derrick-Folge gesehen hat.
      • am via tvforen.de

        Habe keine Folge dieser tollen Serien verpasst und wünsche mir, dass sie nochmal komplett im ZDF wiederholt werden!

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