„Die Super Nanny“: Gericht bestätigt Verstoß gegen die Menschenwürde

RTL scheitert mit Klage gegen die Landesmedienanstalt

Michael Brandes – 08.07.2014, 16:47 Uhr

"Die Super Nanny": Gericht bestätigt Verstoß gegen die Menschenwürde – RTL scheitert mit Klage gegen die Landesmedienanstalt – Bild: RTL

Vom Verwaltungsgericht Hannover hat es RTL jetzt nochmal schriftlich: In einer 2011 ausgestrahlten Folge der mittlerweile eingestellten Doku-Soap „Die Super Nanny“ lag ein Verstoß gegen die Menschenwürde vor. Das Gericht wies eine Klage des Senders gegen eine Beanstandungsverfügung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) ab.

Im Juli 2012 hatte die zuständige Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bereits zum zweiten Mal eine Folge der „Super-Nanny“ beanstandet. Um 20:15 Uhr wurden Szenen ausgestrahlt, die nach Ansicht der KJM gegen die Menschenwürde verstoßen. So gaben die Medienhüter an, dass im konkreten Fall der „brutale Umgang einer allein erziehenden Mutter gegenüber ihren drei kleinen Kindern (sieben, vier und drei Jahre alt)“ gezeigt wurde: „Der Zuschauer bekam eine Vielzahl von physischen und psychischen Gewalthandlungen zu sehen, die sowohl im Teaser zur Sendung als auch während der Sendung wiederholt wurden. [ …] Die Kinder werden in für sie leidvollen Situationen für kommerzielle Zwecke instrumentalisiert, zu Objekten der Zurschaustellung herabgewürdigt und in ihrem sozialen Achtungsanspruch verletzt.“

Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) hatte vorab keine Bedenken gegen die Ausstrahlung der Sendung ab 20:00 Uhr und verneinte auch das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Menschenwürde. Das sah die aufgrund von Zuschauerbeschwerden eingeschaltete KJM aber anders und beanstandete die Sendung über die für RTL zuständige NLM nachträglich. Der Sender und seine Geschäftsführerin wurden aufgefordert, den Verstoß künftig zu unterlassen.

RTL zeigte sich uneinsichtig und wandte sich gegen den Beanstandungsbescheid unter anderem mit der Begründung, die zusätzliche Unterlassungsaufforderung sei rechtswidrig, weil sie in dem Beschluss der KJM nicht enthalten sei. Zudem plagten den Sender offenbar Zweifel, ob alle an der Entscheidung beteiligten KJM-Mitglieder die Sendung überhaupt gesehen hätten. Ferner hätte sich die KJM nicht über die gegensätzliche Entscheidung der FSF hinwegsetzen dürfen. Ein Verstoß gegen die Menschwürde habe zudem nicht vorgelegen, weil das erziehungspädagogische Ziel der Sendung und der Kinderschutz im Vordergrund gestanden hätten.

Dieser Argumentationskette wollte das Verwaltungsgericht allerdings in keinem Punkt folgen. Das Vorgehen der NLM sei wegen des hohen Ranges der Menschenwürde als oberstem Verfassungswert rechtens, zudem gebe es keine begründeten Anzeichen dafür, dass die an der Entscheidung beteiligten KJM-Mitglieder die Vorführung der „Super Nanny“-Folge geschwänzt haben könnten.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt die Sendung „auch tatsächlich gegen die Menschenwürde der in der Sendung gezeigten Kinder, insbesondere des im Zeitpunkt der Ausstrahlung 4jährigen Sohnes“. Gezeigt werde, wie eine Mutter gegen das „garantierte Recht ihrer Kinder auf gewaltfreie Erziehung sowie das Verbot körperlicher Bestrafungen, seelischer Verletzungen und anderer entwürdigender Maßnahmen verstößt“. Dabei werden die zehn dokumentierten Gewalthandlungen „teilweise bis zu 3mal wiederholt“ und zusätzlich in einem Teaser, der für die Sendung wirbt, in schneller Schnittfolge eingebunden. Die Vielzahl der Gewaltszenen sowie die mehrfache Wiederholung und deren Verwendung in einem Werbeteaser, der Zuschauer anlocken soll, rechtfertigen den Vorwurf des Verstoßes gegen die Menschenwürde.

Aus dem Gesamtzusammenhang der Sendung folge zudem, dass neun Gewalthandlungen der Mutter von dem Aufnahmeleiter hingenommen wurden und erst eine in Gegenwart von Moderatorin Katharina Saalfrank begangene zehnte Gewalthandlung zu einem Einschreiten geführt hätte. Die Präsenz des Aufnahmeteams müsse „den Kindern als ein ‚Ausgeliefertsein‘ nicht nur gegenüber der therapiebedürftigen Mutter, sondern auch gegenüber dem Aufnahmeteam vorgekommen sein“, argumentiert das Gericht. Die Kammer hat eine mögliche Berufung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zugelassen.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1949) am

    Solche Sendungen sind und waren mir schon immer suspekt,zeigt sie doch immer auf die gleiche "Masche" und das unvermögen der ,,Laiendarsteller" in all' ihren Lebenslagen.
    Genau darauf ist RTL aus,der Mensch suhlt sich doch sooo gerne an der Aggresivität oder auch Dummheit seiner lieben Mitmenschen.
    Dabeí merken die Zuschauer in den meißten Fällen nicht mal,wie der Sender ihre Lebensmängel einem Mio-Publikum in reißerischer Aufmachung vor Augen führt-ich persl. finde diese Art eines "abendfüllendes" Programm mehr als pervers und abartig!

    weitere Meldungen