Etwa sechs Millionen Bundesbürger haben ein Alkoholproblem. Doch diese legale Droge der Deutschen bleibt billig und überall zu jeder Zeit verfügbar. Das große Besäufnis oder den kleinen Rausch zwischendurch gönnen sich die Deutschen durch alle Einkommens- und Altersklassen. Die wenigsten Menschen würden sich eingestehen, dass sie zu viel trinken. Die Faustregel der Mediziner: ein kleines Glas Bier für Frauen ist unproblematisch, bei Männern sind es zwei Gläser. Die statistische Wahrheit sieht anders aus: Danach trinkt jeder Deutsche 30 Liter Schnaps trinkt im Jahr. Das ist ein Spitzenwert in Europa. 40 Milliarden Euro kosten den Steuerzahler die jährlichen Folgen des hohen Alkoholkonsums, für die Pflege Alkoholkranker, für ihre Reintegration, Frühverrentung oder bei Arbeitslosigkeit. Die Dokumentation aus der Reihe „45 Min“ konfrontiert die Bundespolitik mit ihrer Tatenlosigkeit, umreißt den Einfluss der Lobbyisten auf die Gesetzgeber und lässt Menschen zu Wort kommen, die offen Einblick gewähren in ihren Weg vom Feierabendbier in die Abhängigkeit. Der Film erklärt die Wirkung von Alkohol und was den Rausch für so viele Menschen so verlockend macht. „Wir
lernen, dass wir zusammen leichter und schneller Spaß haben, wenn wir Alkohol trinken“, so Dr. Rainer Petersen, Leiter der Rehaklinik in Breklum, Nordfriesland. „Der Missbrauch beginnt, wenn wir Alkohol bewusst und öfter einsetzen, um zum Beispiel fröhlicher und entspannter zu werden.“ So war es bei Hans-Joachim F., einem der Klinikpatienten. „An den Wochenenden fing es an“, so der ehrenamtliche Fußballtrainer. „Bis das Bier nach dem Training das Schönste am Fußball war. Irgendwann war ich der Erste und der Letzte in der Kneipe.“ Von da führte der Weg direkt in die Abhängigkeit. So wie Hans-Joachim F. geht es schätzungsweise zwei Millionen Alkoholabhängigen in Deutschland. Weitere vier Millionen Bundesbürger konsumieren Alkohol in Mengen, die riskant bis gefährlich sind und scheren sich wenig um ihre Gesundheit. Denn Alkohol ist eine Droge wie Tabak, Heroin und Cannabis auch. Und vielen Menschen fällt es schwer, dem Alkohol zu widerstehen, der ständig verfügbar und günstig zu beschaffen ist. Beim Tabakkonsum haben schärfere Gesetze, eingeschränkte Werbung und hohe Preise dazu beigetragen, die Zahl der Raucher drastisch zu reduzieren. Warum geschieht das nicht auch beim Alkohol? (Text: NDR)