Joe Bausch führt eine Art Doppelleben: Im Kölner „Tatort“ ist der Schauspieler Gerichtsmediziner, in der Realität Gefängnisarzt. In der „Nachtlinie“ spricht er über das Pendeln zwischen zwei Welten, den Knastalltag und Freiheitsträume. Sein Lebensweg schien vorgezeichnet: Als ältester Sohn einer Bauernfamilie im Westerwald aufgewachsen, sollte Joe Bausch entweder den väterlichen Hof übernehmen oder Priester werden. Doch er begehrte dagegen auf. Zu eng und starr schien ihm die Welt seiner Heimat. Als Flying Doctor in den endlosen Weiten Australiens zu arbeiten, das war damals sein Traum, „der Inbegriff von Freiheit und Selbstbestimmung“, wie er sagt. Seine Freiheit hat sich Bausch hart erkämpft. Er ist tatsächlich Arzt geworden, aber nicht in Australien, sondern im Knast. Den größten Teil seines Berufslebens hat der 59-Jährige hinter Gittern verbracht: als Gefängnisarzt in Werl, einer der größten Justizvollzugsanstalten in Deutschland. Über seinen Praxisalltag mit Betrügern, Dieben,
Drogendealern und Schwerverbrechern hat er ein Buch geschrieben: „Knast“. Darin beschreibt der Regierungsmedizinaldirektor seine Erfahrungen und setzt sich darüber hinaus kritisch mit der Situation in deutschen Gefängnissen ause! inander. Dass Joe Bausch auch im richtigen Leben mit Verbrechern zu tun hat, war bisher wenig bekannt. Krimifans kennen den Mediziner vor allem als Schauspieler: Im Kölner „Tatort“ verkörpert er seit 1997 den mürrischen Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth – seine bekannteste Rolle. Gebrochene Existenzen und die Abgründe der menschlichen Seele reizen ihn auch als Darsteller. Im Film gibt er häufig finstere Typen: Mörder, Totschläger oder Vergewaltiger, Menschen wie die, für die er im Alltag als Arzt da ist. „Den Bausch im Knast gäbe es nicht ohne den Bausch auf der Bühne“, sagt der Schauspieler und Arzt über die beiden Welten, in denen er lebt. Sein nach eigener Aussage „auf den ersten Blick etwas unorthodoxer Lebenslauf“ ergab sich aus seinem Freiheitsstreben. (Text: Bayerisches Fernsehen)
Deutsche TV-PremiereDo. 14.06.2012Bayerisches Fernsehen