Folge 811

  • Was wir kaufen, wie wir leben – zwischen Verführung und Verantwortung

    Folge 811 (90 Min.)
    Alle fünf Jahre ein neues Auto, jedes Jahr ein neues Smartphone und jeden Samstag neue T-Shirts. Immer neue Produkte, schöner, besser, erstrebenswerter. Konsum ist verführerisch. Und wir alle lassen uns nur zu gerne verführen. – Auch wenn wir eigentlich schon alles haben. Wir leben in einer Überflussgesellschaft. Auch Lebensmittel sind in großer Auswahl und jederzeit verfügbar. Und das zu immer niedrigeren Preisen. Doch wie hoch ist der Preis, den unsere Umwelt dafür zahlen muss? Denn je mehr wir konsumieren, desto mehr werfen wir weg.
    Altes wird nicht repariert, sondern kostengünstig ersetzt. Und alles, was wir neu erwerben, steckt in einer Verpackung, die direkt in den Abfall wandert. Es türmen sich Berge von Müll auf, und unsere Ozeane versinken in Plastik. Was aber ist die Lösung? Nicht mehr konsumieren? Radikaler Verzicht und Selbstversorgung? Ist das denn realistisch umsetzbar? Und ist es eine Frage des Wollens oder des Könnens? Kann sich jeder Nachhaltigkeit, Bio-Milch und Fairtrade-Mode leisten? Was muss sich verändern? Wo müssen Konsumenten und Produzenten handeln? Was kann jeder einzelne von uns tun – für uns, für unsere Kinder, für unsere Umwelt? „Was wir kaufen, wie wir leben – zwischen Verführung und Verantwortung“, das ist das Thema am Freitag, 13. Oktober 2017, bei Michael Steinbrecher im Nachtcafé.
    Die Gäste bei Michael Steinbrecher: Als radikaler Konsumkritiker fordert Christian Felber ein gesellschaftliches Umdenken. „Das gesamte System ist darauf ausgerichtet, dass wir immer mehr konsumieren, weil wir damit gleichsetzen, dass es uns besser geht und dass wir glücklicher sind.“ Felber plädiert deshalb für eine Wirtschaft des Gemeinwohls, die ethisches Handeln zum Maßstab macht.
    Auf dem Bauernhof von Anja Frey steht das Tierwohl an erster Stelle. Drei Monate lang dürfen die Kälbchen bei ihren Müttern bleiben und trinken, so viel sie wollen. Dass diese
    artgerechte Milchkuh-Haltung einen beträchtlichen Umsatzverlust mit sich bringt, nimmt die Bio-Bäuerin in Kauf: „Ein Kalb von der Mutter kurz nach der Geburt zu trennen ist für mich einfach nur grausam.“ Annette Hoffman war viele Jahre in konventionellen Textilunternehmen tätig, bevor ihr Bewusstsein dafür wuchs, was „Billig-Produktion“ bedeutet – nicht nur für die Umwelt, auch für den Menschen.
    „In der Textilbranche trifft es immer die Ärmsten“, so Hoffmann, die sich mit der Situation nicht länger abfinden wollte. Heute produziert sie mit eigenem Label nachhaltig und fair. Der FDP-Politiker Frank Schäffler hält Vorschriften auch in Konsumfragen für den falschen Ansatz. Denn Nachhaltigkeit kann sich schließlich nicht jeder leisten. Er fordert deshalb: „Man muss die Menschen in die Lage versetzen, selbst zu entscheiden, was und wie viel sie konsumieren.“ Die Verlockungen der bunten Warenwelt führten bei Joachim Ditzfeld zu einem langen Leidensweg.
    „Ich bin von der Konsumwelt verführt worden“, so der ehemalige Polizist, der über viele Jahrzehnte sein kurzfristiges Glück im Kauf von schönen aber sinnlosen Gegenständen suchte. Die Kaufsucht ließ ihn alles verlieren. Heute lebt Ditzfeld von Hartz IV. Michael Albert wollte die Augen nicht weiter verschließen vor den tausenden und abertausenden Tonnen an Plastikmüll: „Ich habe mich gefragt, was man als Einzelner tun kann – und zwar schnell.“ Nicht nur die Eröffnung seines „Unverpackt-Ladens“ war eine logische Konsequenz.
    Auch privat lebt Albert mit seiner Familie weitestgehend plastikfrei. Dem Kreislauf aus Konsum und Arbeit zu entkommen, das versucht Katharina Legde. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter trennte sie sich vom Großteil ihres Besitzes und zog in ein winziges Häuschen. Der Verzicht auf Materielles brachte ihr einen Gewinn an Freiheit, die sie nicht mehr missen möchte. „Zeit für die Familie – das ist der größte Schatz, den man davon trägt.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 13.10.2017SWR Fernsehen

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Sendetermine

Do 01.02.2018
10:15–11:45
10:15–
Fr 20.10.2017
01:15–02:45
01:15–
Sa 14.10.2017
10:15–11:45
10:15–
Fr 13.10.2017
22:00–23:30
22:00–
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Reviews & Kommentare

  • (geb. 1967) am

    Die Aussage des FDP-Politikers Schäffler in der Sendung, durch die Erfindung des USB-Sticks würde viel Papier eingespart , ist leider eine Illusion und vielfach widerlegt. siehe u.a. in https://www.biorama.eu/papier-verschwendung/
    Auch bei seinen sonstigen Aussagen ist er offensichtlich nicht ausreichend informiert (und widerspricht sich damit meiner Ansicht nach selber) - u.a. hat man festgestellt, dass Wissen in der Regel Menschen nicht zu anderem Handeln bewegt - auch weil Werbung sehr subtil die Psychologie des Menschen ausnutzt und Dinge, die dem Menschen im Moment des Kaufens näher sind, wie z.B. der scheinbar günstigere Preis (in Wirklichkeit aber der billigere, d.h. minderwertigere z.B. bezüglich Sozial und Umweltstandards) ausschlaggebender sind als z.B. das Wissen. Es braucht also ganz klar entsprechend gesetzte Rahmenbedingungen - auch solche, die die bisher externen Kosten (wie Umweltzerstörung) mit einpreisen und gleichzeitig die Subventionen der Agrarindustrie in Richtung einer ökologisch und sozial nachhaltigen Landwirtschaft umschichten, sodass sich halt dann jeder Bio leisten kann!
    • am

      Danke für diese interessante Sendung.
      Als es um das Beispiel des T-Shirts ging, hätte ich mir die Antwort auf Michael Alberts Frage gewünscht, wie hoch denn der reale Preis für das T-Shirt für Euro 2,30 wäre, wenn alle Kosten, die dessen billige Produktion auf andere abwälzt, im Kaufpreis abgebildet würden. Die Abwälzung sogenannter "Externer Kosten" bedeuten, dass verursachte Schäden zu Lasten anderer gehen, nicht jedoch der Käufer über den Preis die Verantwortung für seinen Kauf übernehmen darf.
      • (geb. 1963) am

        Bezugnehmend auf den Beitrag über das minimalistische Wohnen.
        Ich halte das in Bezug auf die 2 Kinder und die zukunft für unverantwortlich. Sie soll mir doch mal erklären wie ein 55 jähriger mit permanenten Rückenschmerzen in so einer Kate zurecht kommen soll. Wie soll ein 14 Jähriger Jugendlicher ohne Privatsphäre auskommen? Die Flucht von zu Hause ist vorprogrammiert. All solche Leute muss ich von meinen Steuern bezahlen, denn sie fallen irgendwann in unsere soziale Hängematte, und ich als fleißiger muss für das faule Pack aufkommen.

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