Folge 795

  • Pflege am Limit – zwischen Hingabe und Pflichtgefühl

    Folge 795 (90 Min.)
    Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt weiter. Etwa drei Viertel aller auf Pflege Angewiesenen werden zu Hause versorgt, die meisten davon allein von Angehörigen. Was, wenn jemand aus der eigenen Familie plötzlich auf Hilfe angewiesen ist? Pflegebedürftig kann jeder werden. Die eigenen Eltern, die plötzlich nicht mehr für sich selbst sorgen können. Der Partner, der aufgrund eines Schlaganfalls ans Bett gefesselt ist oder das eigene Kind, das mit einer Behinderung zur Welt kommt.
    Tritt so ein Fall ein, dann steht man unweigerlich vor der Frage: Kann ich die Pflege leisten und will ich das überhaupt? Hingebungsvolle Pflege zuhause – ist das überhaupt möglich? Für viele Angehörige wird diese Entscheidung zur Gewissensfrage: Opfere ich mich für einen lieben Menschen auf und stelle mein eigenes Leben und meine Bedürfnisse hintenan oder entscheide ich mich schweren Herzens dazu, die Pflege abzugeben? Und ist mein Angehöriger in einem Pflegeheim auch wirklich gut aufgehoben? Die häusliche Pflege wird schnell zur Gratwanderung an der persönlichen Belastungsgrenze: finanzielle Probleme, psychische und physische Erschöpfung, keine Zeit mehr für den Freundeskreis.
    Wie viel können wir uns also zumuten? „Pflege am Limit – zwischen Hingabe und Pflichtgefühl“ ist am Freitag, 20. April 2017 das Thema bei Michael Steinbrecher im Nachtcafé, unter anderem mit der ehemaligen Tagesschau-Sprecherin Dagmar Berghoff. Die Gäste bei Michael Steinbrecher: Dagmar Berghoff plant nicht gerne im Voraus und liebt ihre Unabhängigkeit.
    Deshalb kann es sich die Ex-„Miss Tagesschau“ nicht vorstellen, einmal in einem Pflegeheim zu leben. Ihren Mann, der vor 16 Jahren verstorben ist, hätte sie aber gepflegt, wäre das nötig geworden: „Das hat etwas mit Liebe zu tun. Jemand anderen, zu dem ich kein Verhältnis habe, den könnte ich nicht pflegen.“ Vor 20 Jahren lernte Bernd Mann bei seinem Zivildienst den schwer körperlich behinderten Christian Kenk kennen und freundete sich mit ihm an.
    Christian lebte damals perspektivlos in einem Internat für pflegebedürftige Jugendliche. Bernd Mann ließ das Schicksal des 15-Jährigen nicht los und fragte sich: „Nehme ich ihn zu mir oder nicht? Und kann ich damit leben, wenn ich es
    nicht tue?“ – Er nahm ihn bei sich zuhause auf und pflegt Christian seither aufopferungsvoll. Prof. Dr. Hartmut Remmers ist Leiter des Fachbereichs Pflegewissenschaft an der Universität Osnabrück. Der Soziologe betrachtet die Bedürfnisse und Belastungen von Pflegebedürftigen und ihren pflegenden Angehörigen.
    „Die Belastungen in der häuslichen Pflege gehen bis hin zu manifesten Depressionen aufgrund dieses enormen Verpflichtungsgefühls, etwas leisten zu müssen, was man möglicherweise gar nicht mehr wirklich leisten kann.“ Nach einem Herzstillstand war der Ehemann von Brigitte Luft von heute auf morgen auf eine 24-Stunden-Betreuung angewiesen. Ohne eine Sekunde des Zögerns übernahm sie seine Pflege hingebungsvoll zu Hause.
    Nach neun Jahren Doppelbelastung zwischen Pflege und Beruf brach die Lehrerin dann selbst zusammen. Der einzige Ausweg: Ein Pflegeheim. „Es tut mir unendlich weh, ihn da so zu sehen. Aber ich war körperlich und seelisch völlig ausgelaugt.“ Armin Rieger ist seit fast 20 Jahren Leiter eines Pflegeheims und prangert die Missstände in der eigenen Branche an. Das Personal, so sagt er, betreibe durch Überarbeitung schlechte Pflege: „Die Pflegenden sind Opfer und Täter zugleich.“ Damit stützen sie ein System, das Armin Rieger für kriminell hält und das seiner Meinung nach perfiderweise umso mehr Geld umsetzt, je schlechter die Pflege ist.
    Margarete Werle entschied sich vor einem Jahr ganz freiwillig für einen Umzug ins Pflegeheim. Die 93-Jährige lebte bis ins hohe Alter fit und selbstständig. Als sie bemerkte, dass sie ein bisschen Unterstützung braucht, war für sie sofort klar: Ihren Kindern möchte sie nicht zur Last fallen. So löste sie ihren Haushalt auf und zog ins Seniorenheim.
    Eine Entscheidung, die sie nicht bereut: „Es gibt für mich keinerlei Nachteile, gar keine. Ich bin restlos zufrieden.“ Für Christel Kress stellte sich nie die Frage, Emma in ein Heim zu geben. Seit 13 Jahren pflegt sie ihre schwerstbehinderte Tochter, die durch eine Gehirnfehlbildung 24 Stunden am Tag Hilfe benötigt. Die zweifache Mutter ist alleinerzie-hend und musste ihren Beruf aufgeben. Solange sie kann, will Christel Kress ihre Tochter trotzdem weiter zuhause versorgen: „Für mich ist klar, es ist mein Kind und ich habe dafür Verantwortung zu übernehmen.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 21.04.2017SWR Fernsehen

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