Dokumentation in 4 Teilen, Folge 1–4

  • Folge 1
    Für die Kinder in Deutschland ist der Krieg zu Anfang ein Abenteuer. Vom Einmarsch in Polen erfahren sie im heimischen Wohnzimmer aus dem Volksempfänger. „Wir waren die Guten und haben doch nur zurückgeschossen, so hat Hitler das gesagt, und so haben wir es auch geglaubt“, berichtet Wolfgang Pickert (Jahrgang 1930). In der Schule ist von Siegen und Heldentaten der Soldaten zu hören. Auf der Landkarte markieren die kleinen Fähnchen ein immer größer werdendes Deutschland. Nur die Großeltern und Eltern sind, zur Überraschung der kleinen Pimpfe, manchmal weit weniger begeistert. Besonders dann, wenn der Einberufungsbefehl für den Vater ankommt. „Meine Mutter saß in der Küche und weinte verzweifelt“, erinnert sich Karlheinz Radatz (Jahrgang 1933), „und ich hab immer ihr Knie gestreichelt und gar nicht verstanden, warum sie so traurig ist.“ In Großbritannien erfahren gleich zu Beginn hunderttausende Kinder, was es bedeutet, in Kellern zu hocken und wehrlos den Bomben ausgeliefert zu sein.
    Aus den spielerischen Luftschutzübungen in der Schule mit den unförmigen Gasmasken ist plötzlich tödlicher Ernst geworden. Die erste großangelegte Evakuierung der gefährdeten Kinder aus den südenglischen Industriemetropolen in sichere ländliche Regionen beginnt schon im Herbst 1939. Sie beseitigt zwar die Todesängste bei den Heranwachsenden, stürzt sie aber durch die Trennung von den Eltern in andere existenzielle Extremsituationen. (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereMo 16.03.2009Das Erste
  • Folge 2
    Mit den Bomben kommt die Angst: „Oft haben wir die ganze Nacht im Keller verbracht, ohne Bettchen, ohne Schlaf. Und wenn dann die Erwachsenen anfingen zu beten oder zu schreien … „ Wolfgang Pickert ist damals elf Jahre alt und erlebt die Bombennächte in Berlin. „Ich kann bis heute nicht grillen. Ich habe niemals einen Grillabend mitgemacht. Da kommt dieser Geruch hoch – von verbranntem Holz und Fleisch. So hat das damals in Köln gerochen … „ Der siebenjährige Walter Zierold aus Köln wird nach seinen ersten Erlebnissen aufs Land verschickt, um ihn – wie Millionen andere deutsche Kinder – vor dem Bombenhagel in deutschen Großstädten in Sicherheit zu bringen.
    Ganz allein, ohne zu wissen, wohin die Reise geht, ohne zu wissen, wie lange sie dauern wird. Bis zum Kriegsende wird er von Ort zu Ort verschickt, trifft seine Mutter nur für wenige Tage. Doch der Bombenterror und die Sorge um ihre großen Söhne an der Front haben sie verrückt gemacht. Viele Kinder versuchen auf ihre ganz eigene Art, mit den schrecklichen Ereignissen umzugehen. Sie spielen „Fliegeralarm“ mit der Puppenstube und sammeln die größten Granatsplitter, lernen die Namen „heldenhafter deutscher Piloten“ auswendig und kassieren in der Schule gute Noten für besonders überzeugende Aufsätze über den heroischen Kampf der Wehrmacht gegen die Bolschewiken im Osten.
    In der Sowjetunion wird der weltanschauliche Vernichtungskrieg grausamer geführt als je zuvor. Deportationen, Hunger, Angst, Tod. Im Oktober 1941 beginnt die Belagerung Leningrads, die über 900 Tage dauern wird. Unbeschreibliches Elend, unter dem besonders auch die Kinder zu leiden haben. Die erst zwölfjährige Tamara Gratschewa wird zur Bergung von Leichen eingesetzt: „Einmal kam ich in eine Wohnung und da lag eine tote Mutter, auf der ihr Kind kroch und weinend ‚Mama‘ schrie.“ (Text: Das Erste)
    Deutsche TV-PremiereMo 23.03.2009Das Erste
  • Folge 3
    „Ein oder zweimal kam ein Lazarettzug und da sollten wir Brote austeilen. Das war so furchtbar. Sterbende, schreiende Soldaten, die zum Teil in ihrem Blut lagen.“ Der damals 14-jährige Hellfried Israel ist geschockt, als seine Träume vom Heldentod in diesem Zug auf die erschütternde Realität prallen. Im Herbst 1944 erreicht die Rote Armee Ostpreußen. Flucht wird zum Schicksalserlebnis für Millionen Deutsche. Familien, vorwiegend Frauen und Kinder, müssen seit Herbst 1944 ihre Heimat verlassen. Die elfjährige Jutta Hartwig wird in den Wirren einer überstürzten Flucht von ihrer Mutter getrennt.
    Am Bahnhof packt ein Fremder beherzt das einsame Kind und wirft es in eine Lokomotive. Jutta ist gerettet, doch nun beginnt eine Odyssee durch unzählige Bahnhöfe und Flüchtlingslager. Ihre Mutter wird sie nie wieder sehen. Für jene, die es nicht geschafft haben, den Rotarmisten rechtzeitig zu entkommen, wird die Lage dramatisch. Mädchen erleben, wie die Mütter und Tanten vor ihren Augen vergewaltigt werden. Und auch sie selbst bleiben nicht immer verschont. Egal, wie jung sie noch sind. (Text: Das Erste)
    Deutsche TV-PremiereMo 30.03.2009Das Erste
  • Folge 4
    Deutschland im Frühjahr 1945. Während hoch dekorierte Wehrmachtsoffiziere längst das Weite gesucht haben, kämpfen die Kinder in Uniform auf verlorenen Posten. Einer von ihnen ist Gregor Dorfmeister (Jahrgang 1929). Die schrecklichsten Tage seines Lebens hat er später in einem Roman verarbeitet, der die Vorlage zum gleichnamigen Kinofilm „Die Brücke“ von Bernhard Wicki liefert. Im Interview erzählt er von seinem sinnlosen Einsatz bei der Verteidigung einer Isarbrücke vor den Amerikanern. „Und dann hat man nur noch Angst, hässliche Angst, und Führer und Volk sind vergessen und man will nur noch sein eigenes Leben retten.“ Ihm gelingt die Flucht, seine zwei fanatischen Kameraden findet er am nächsten Morgen tot auf der Straße.
    Die Angst vor den Besatzern ist groß. Nur mit großer Vorsicht nähern sich die Kinder den alliierten Soldaten. Ideologisch geprägte Vorurteile von marodierenden Russen und schwarzen Amerikanern mit Messern zwischen den Zähnen haben sich in den kleinen Köpfen oft sehr tief festgesetzt.
    Doch die Wirklichkeit belehrt sie bald eines Besseren. Heidi Hummler (Jahrgang 1933) ist dankbar für den Frieden. Denn in ihrer Familie gibt es seit fast einem Jahr nur ein Thema: Wo ist Papa? Und wann kommt er wieder zurück? Doch die Suche nach einem Lebenszeichen gestaltet sich schwieriger als erhofft. So viele vermisste Väter, so viele wartende Kinder. Erst 1949 bekommt sie die Gewissheit – der Vater ist gefallen. Mit dem Ende des Kriegs beginnt für viele ein erbitterter Kampf ums Überleben.
    Mit der Mutter geht’s zum Hamstern aufs Land, oft ohne Schuhe, in einer selbst genähten Hose aus Uniformstoff. Stoppeln auf den Feldern und ein paar Kartoffeln vom Bauern im Tausch gegen eine Uhr – oder die Holzeisenbahn. Unzählige Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und befreite KZ-Gefangene bevölkern plötzlich die Ortschaften. Erstmals werden Kinderaugen mit anderen, ihnen nicht bekannten Opfern des Krieges konfrontiert. Die ausgemergelten Gestalten jagen den Kleinen Angst und Schrecken ein, bei den Größeren überwiegt die Scham.
    Wie lief die viel bemühte Umerziehung der 15 Millionen Kriegskinder in Deutschland ab? Wie kann man einem begeisterten Hitlerjungen, der gerade noch sein junges Leben für „den Führer“ geben wollte, gänzlich neue Werte beibringen? Wie soll dieses Kind plötzlich sein gesamtes Leben vergessen, seine Prägungen löschen, zur „Normalität“ übergehen? Wie kann er all den Schrecken vergessen lernen, auch die Schuld, und wieder neu beginnen? Und wann werden ihn all die Ängste und Traumata wieder einholen? (Text: Das Erste)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.04.2009Das Erste

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