Kriegskinder Folge 1: Vater muss jetzt an die Front
Folge 1
1. Vater muss jetzt an die Front
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Für die Kinder in Deutschland ist der Krieg zu Anfang ein Abenteuer. Vom Einmarsch in Polen erfahren sie im heimischen Wohnzimmer aus dem Volksempfänger. „Wir waren die Guten und haben doch nur zurückgeschossen, so hat Hitler das gesagt, und so haben wir es auch geglaubt“, berichtet Wolfgang Pickert (Jahrgang 1930). In der Schule ist von Siegen und Heldentaten der Soldaten zu hören. Auf der Landkarte markieren die kleinen Fähnchen ein immer größer werdendes Deutschland. Nur die Großeltern und Eltern sind, zur Überraschung der kleinen Pimpfe, manchmal weit weniger begeistert. Besonders dann, wenn der Einberufungsbefehl für den Vater ankommt. „Meine Mutter saß in der Küche und weinte verzweifelt“, erinnert sich
Karlheinz Radatz (Jahrgang 1933), „und ich hab immer ihr Knie gestreichelt und gar nicht verstanden, warum sie so traurig ist.“ In Großbritannien erfahren gleich zu Beginn hunderttausende Kinder, was es bedeutet, in Kellern zu hocken und wehrlos den Bomben ausgeliefert zu sein. Aus den spielerischen Luftschutzübungen in der Schule mit den unförmigen Gasmasken ist plötzlich tödlicher Ernst geworden. Die erste großangelegte Evakuierung der gefährdeten Kinder aus den südenglischen Industriemetropolen in sichere ländliche Regionen beginnt schon im Herbst 1939. Sie beseitigt zwar die Todesängste bei den Heranwachsenden, stürzt sie aber durch die Trennung von den Eltern in andere existenzielle Extremsituationen. (Text: SWR)