Über dem großen Friedhof von Teheran hallt aus schlecht geregelten Lautsprechern ein knisternd-näselnder Gesang. Die Stimmen gehören den Zeremonienmeistern. Einer von ihnen ist Kawoosi. Er und seine Kollegen sollen die Gläubigen wortwörtlich zum Weinen bringen – denn je mehr sie weinen, desto näher kommen sie dem Paradies. Für Kawoosi gibt es noch eine weitere Gelegenheit, sein Talent unter Beweis zu stellen: die alljährlich in seinem Viertel im Westen von Teheran abgehaltenen schiitischen Trauer- und
Bußrituale. Sie dauern zehn Tage und enden mit dem Aschura-Fest. Dabei gedenken die schiitischen Muslime, die im Iran die religiöse Mehrheit bilden, des Mordes am Enkel des Propheten Mohammed: Imam Hussein wurde mit 72 seiner Gefährten in der Schlacht von Kerbela getötet. Die Aschura-Riten zu Ehren von Husseins Martyrium enthalten Selbstgeißelungen, von Klagerufen begleitete Trauerprozessionen und demonstrative Selbstverletzungen. Am Ende der öffentlichen Trauerfeier gibt es ein riesiges, gemeinsam zubereitetes Festessen. (Text: arte)