2025
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Henriettes Erben – Das Sanssouci des Mansfelder Landes
Folge 517 (45 Min.)Aus purer Not gründet sich im Sommer 2022 der kleine Verein „Schloss Henriette-Helmsdorf“ in Gerbstedt. Engagierte Bürger hatten Angst vor randalierenden Gruppen, vor Vandalismus und der Gefahr von Feuersbrünsten im Schloss Henriette. 30 Jahre hatte der über historische Bau leer gestanden und war zu einem berüchtigten Lost Place geworden. Die 35 Vereinsmitglieder um Grundschulleiterin Anika Rockmann entwickeln viel Kampfgeist, Initiative und Einfallsreichtum, um aus der verwahrlosten Schlossruine wieder ein kulturelles Zentrum für die Region zu schaffen.
„Das sind unsere ganz normalen Samstage“, lacht die Vereinschefin völlig verstaubt in die Kamera und zerrt altes Linoleum hinter sich her. Darunter wertvolles Parkett mit einem Nässe-Schaden. Größter Knackpunkt ihres Engagements ist allerdings: ein Besitzer, der im Westen lebt und sich bisher nicht um sein über 200 Jahre altes Schloss kümmert. Darf ein Verein eigenständig dann überhaupt etwas verändern? „Es wäre schön, wenn wir den mal kennenlernen.
Schließlich ist es ja sein Schloss“, zuckt Vorstandsmitglied Edgar Pilz die Schultern und wendet sich wieder der kaputten Heizung, dem Strommangel und der kaputten Wasserleitung zu: „So ein altes Schloss ist finanziell wie ein Fass ohne Boden.“ Fast ein Jahr lang begleiten Autorin Katja Herr und ein Kamerateam die Veränderungen am Schloss, erleben mit, wie der zuletzt als Pflegeheim genutzte Klassizismus-Bau entrümpelt wird, wie Spenden gesammelt werden oder wie ein historisches Stück nach dem anderen wieder ins Schloss zurückkehrt.
Schnell macht sich der Schloss-Verein einen Namen, gewinnt in der Region an Achtung. So kommen viele Freiwillige zu den Arbeitseinsätzen und es gibt auch private Finanzspritzen, zum Beispiel für die Restaurierung eines wertvollen Bleiglasfensters. „Das ist ein Meilenstein für uns. Das erste echte Stück ist zurück am Schloss“, sagt Anika Rockmann und verdrückt ein paar Freudentränen. Plötzlich taucht sogar ein Stück aus einer sehr wertvollen Tellersammlung wieder auf, die alte Kaminverkleidung wird anonym zurückgegeben und historische Gemälde finden sich unverhofft wieder an.
„Ich weiß noch genau, wo die Gemälde mal hingen, hundertprozentig!“ Die ehemalige Pflegeheimleiterin Dagmar Höpfner klatscht freudig in die Hände. Bis 1994 arbeitete sie im Schloss und kennt jeden Winkel. Mit Energie und Enthusiasmus verstehen sich die Mitglieder des Vereins „Schloss Henriette-Helmsdorf“ mittlerweile als die Erben des Schlosses und haben sogar einen Weg gefunden, den Eigentümer mit ins Boot zu holen. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 21.01.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Di. 14.01.2025 ARD Mediathek Zukunft ohne Kohle – Die Brikettfabrik Knappenrode
Folge 518 (45 Min.)Früher war die Brikettfabrik Knappenrode der Stolz der Region und Arbeitgeber für rund 1300 Menschen. Nach der Wende – als man die Braunkohle nicht mehr braucht – verfällt sie nach und nach. Heute ist das Fabrikgelände einer von vier Standorten der sächsischen Industriemuseen. Wer mit Steffen Kalbas durch die alten Maschinenhallen geht, hat das Gefühl, die Fabrik ist noch in Betrieb. Voller Leidenschaft berichtet er von seinem früheren Arbeitsplatz. Als Ingenieur sorgte er hier bis 1993 für einen reibungslosen Ablauf, kennt hier jede Maschine mit ihren großen und kleinen Macken, die riesigen Generatoren die nicht nur die Energiefabrik, sondern auch die Anwohner in Knappenrode mit Strom versorgten.
Aus der Braunkohle umliegender Tagebaue wurden hier täglich bis zu 2450 Tonnen Briketts gepresst. Bis 1993 arbeiteten hier 1800 Frauen und Männer im Dreischichtsystem. Die Maschinen durften nicht stillstehen, zu groß war der Energiehunger. Am 16. März 1978 kommt es zu einer Kohlenstaubexplosion, bei der vier Menschen sterben. Der Kohlenstaub in den glühend heißen Trocknern führte in vielen Brikettfabriken zu Explosionen.
Am Barbaratag wird in einer kleinen Kapelle auf dem Fabrikgelände der Toten gedacht, die der Kohlebergbau in der Lausitz forderte. Heute ist die Fabrik ein Museum mit zwölf Angestellten. Das Team von Museumschefin Maria Schöne steht immer wieder vor einer entscheidenden Frage. Wie lockt man Menschen in eine stillgelegte – und 10 km von Hoyerswerda entfernt – auch ziemlich abgelegene Fabrik? Sie scheinen ganz gute Antworten zu finden. Jährlich kommen 30 000 Besucher. Neben wechselnden Sonderausstellungen führt eine imposante Dauerausstellung die Besucher durch riesige Maschinenhallen.
In Videos berichten Zeitzeugen über den Alltag in der Fabrik. Außerdem lernt man das Kohlerevier der Lausitz kennen. Viele Besucher werden von Susann Kalbas durch die Fabrik geführt. Sie ist die Tochter von Steffen Kalbas und gleich nebenan in Knappenrode aufgewachsen. Der Ort wurde auf Initiative des ersten Werkschefs Albert Werminghoff eigens für die Fabrikmitarbeiter gebaut. Susann Kalbas war vier Jahre alt, als die Fabrik dichtgemacht wurde. In der Jugend zog es sie zunächst nach Berlin.
Nie im Leben hätte sie damals gedacht, dass sie 2018 wieder zurückkehrt und dort, wo ihr Vater einst arbeitete, Besucher durch die Energiefabrik führt. Damit ist die Arbeit im Museum aber nicht erledigt. Der ehrwürdige Industrietempel taugt auch als Eventlocation. Während vor zwei Jahren das MDR-Rundfunkorchester hier gastierte, kommen jeden Sommer tausende Technofans zum „Stroga Festival“ nach Knappenrode. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass diese alte Brikettfabrik den Menschen auch ohne Kohle eine Zukunft bietet. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 18.03.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Do. 13.03.2025 ARD Mediathek Gotha – wunderbar verwandelt
Folge 519 (44 Min.)Gotha galt einst als die eleganteste unter den Thüringer Residenzen. In der Stadt zieht das Schloss Friedenstein viel Aufmerksamkeit auf sich. Dabei ist Gotha viel mehr als das Schloss. Da sind das alte Hospital, Klöster, Kirchen und all die liebevoll restaurierten Plätze und Gassen mit beeindruckenden Gebäuden vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Da sind die älteste Versicherung der Welt, kartografischen Schätze, die einzigartige Forschungsbibliothek, das Herzogliche Museum, die Wasserkunst, der Illuminaten-Garten mit dem Minerva-Tempel im Schlosspark und vieles mehr. Deshalb ist es so ungerecht, dass Gotha immer von den anderen Schönheiten Thüringens überstrahlt wird.
Nach Weimar und Eisenach zieht es die Touristen, nach Jena die Industriegründungen und Studenten, nach Erfurt die Behörden und Investoren. Gotha verlor nach der Wende viele Arbeitsplätze und Menschen und hatte etliche Problem-Zonen. Der Film erzählt davon, wie die Gothaer in den letzten drei Jahrzehnten ihre Schätze wieder zum Leuchten brachten, wie sie der Stadt neues Leben einhauchten. Wir treffen die Denkmalspflegerin Sigrid Lehninger, die Bauunternehmerin Christine Grund, den Historiker Dr. Alexander Krünes, den langjährigen Oberbürgermeister Knut Kreuch, den Schauspieler Peter Bause und den Modeunternehmer Gerrit Jeron. Sie alle haben geholfen, Gotha wunderbar zu verwandeln. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 29.04.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Di. 22.04.2025 ARD Mediathek Schacht 371 – Ein Wismut-Bergwerk erfindet sich neu
Folge 520 (45 Min.)Maschinenhaus in der Uranerz-Bergbauanlange Schachtkomplex 371Bild: MDR/Adina RieckmannDer Schacht 371 war der wichtigste Förderschacht des ehemaligen WismutBergbaubetriebes Aue. Mit einer Tiefe von rund 1.800 Metern gehörte diese Uranlagerstätte zu den tiefsten Bergwerken Europas. Über 3.000 Menschen arbeiteten hier im Dreischichtsystem. Sie förderten bis zur Stilllegung 1990 mehr als 73.000 Tonnen Uran. Elf Jahre später wurde der Schacht verschlossen. Bis heute aber sind hier Bergleute zugange. Andy Tauber, Bereichsleiter Sanierung, begründet dies so: „Wir haben ein Bergwerk, was nicht mehr der Erzgewinnung dient, doch wir müssen uns noch Jahrzehnte mit dem Uranbergbau hier in der Region beschäftigen.
Wir müssen das Radon, was sich überall im Gebirge bildet, von der Oberfläche und damit von Bad Schlema fernhalten.“ Elf Bergleute fahren heute hier noch regelmäßig ein, darunter Hannes Zupp und Denny Lenk. Sie sichern die alten Grubenbaue, Sohlen und Strecken. „Im Grunde mache ich nichts anderes als die Männer in meiner Familie früher. Für mich war es von Anfang an klar, dass ich Bergmann werde. Ich kann hier alles machen – vom Schweißen, Sprengen, bis hin zum Betonieren. Wer kann das von sich schon behaupten“, meint der 23-jährige Hannes Zupp. Auch der Großvater und der Vater von Denny Lenk waren Kumpel.
Der 33-Jährige findet, dass sich seine Arbeit im Vergleich zu früher nicht groß geändert hat: „Jetzt sanieren wir eben den Tagebau, verwahren und verfüllen alles.“ Das Ensemble rund um den Schachtkomplex 371 ist eine der wenigen UranerzBergbauanlagen der ehemaligen SDAG-Wismut, das als authentischer Schauplatz erhalten geblieben ist. Seit 2019 gehört es zum UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohorí. Das Maschinenhaus und das Schachthaus sollen zukünftig interessierten Besucherinnen und Besuchern zugänglich gemacht werden. Julia Dünkel von der Stiftung Wismut spricht von einem einmaligen Vorhaben: „Alle anderen Anlagen von ähnlich großen Schächten sind abgerissen.
Diese Präsentation ist unsere letzte Chance, so etwas der Öffentlichkeit zu zeigen.“ Die Anlage von Schacht 371 ist ein technisches Denkmal. Sie erzählt die Geschichte des Uranbergbaus in der DDR, aber auch die des Kalten Krieges. Auch die jungen Bergmänner, wie Hannes Zupp, finden es wichtig, dass an den Uranbergbau auch weiterhin erinnert wird: „Das ist doch eine spannende Geschichte und betrifft tausende Menschen bei uns im Erzgebirge, aber auch die Urlauber, die jetzt unsere Region besuchen. Ich bin jedenfalls stolz, Bergmann zu sein und Teil des großen Projektes.“ (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 20.05.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Di. 13.05.2025 ARD Mediathek Hexen, Harz und Hightech – Das neue Bergtheater Thale
Folge 521 (45 Min.)Dreharbeiten im modernisierten Bergtheater ThaleBild: MDR/Lena KunitzDas Harzer Bergtheater Thale gehört zu den ältesten Naturbühnen in Deutschland. Und in den Augen vieler ist sie auch die schönste mit einem atemberaubenden Weitblick. Im Jahre 1903 gegründet durchläuft das Harzer Bergtheater manche Höhen und Tiefen: Massive Zerstörungen werden nach dem 2. Weltkrieg instandgesetzt, weitere Sanierungen folgen in den 60er und 90er Jahren. Die jüngsten Umbauarbeiten beginnen 2020. Im Mai 2025 ist feierliche Wiedereröffnung. Die Hoffnungen in Thale sind groß. Den Weg vom traditionellen Bergtheater bis hin zu einer modernen Hightech-Arena unter freiem Himmel zeigt „Der Osten – Entdecke wo du lebst“, eine Zeitreise auf dem Hexentanzplatz.
Als etwa die alten Beleuchtertürme abgerissen werden und das Bergtheater sein markantes Gesicht verliert, muss Ronny Große „ein, zwei Tränen verdrücken.“ Doch der Intendant der Freilichtbühne sieht in diesem einschneidenden Erlebnis nicht nur Ab-, sondern vielmehr „Aufbruch, um das Theater ins jetzige Jahrtausend zu bringen.“ Dabei setzen die Verantwortlichen alles daran, den ursprünglichen Charme der Naturbühne zu erhalten.
Und das eigene Musical „Walpurga“ soll als Leuchtturm weit über die Harzer Grenzen strahlen und das altehrwürdige Bergtheater zu neuen Glanzzeiten führen. Für Alida Kulemann etwa geht damit ein Traum in Erfüllung. „Ich bin einfach nur geflasht“, erzählt die junge Quedlinburgerin, als sie neben vielen anderen Darstellern das Casting Richtung „Walpurga“-Ensemble besteht. Mit im Ensemble sind aber auch Musicalstars wie Angelika Milster. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 17.06.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Di. 10.06.2025 ARD Mediathek Krabat – Auf den Spuren einer Legende
Folge 522 (45 Min.)Gruppenfoto Jugendliche in Schwarzkollm zum Maibaum-WerfenBild: MDR/René RömerSie ist die größte Sage der Sorben – die vom Zauberer Krabat. Als armer Wanderer sei der erst 14-jährige Krabat in die Fänge des Schwarzen Müllers geraten, der in Schwarzkollm eine Schwarze Mühle unterhalten haben soll. Vor allem zwei berühmte Spielfilme und Bücher – „Die schwarze Mühle“ von Jurij Brězan und „Krabat“ von Otfried Preußler – nährten und nähren in Ost wie West die Bekanntheit dieses gruseligen wie spannenden Märchens. Und so schlägt ein Schaumühlen-Komplex in der Oberlausitzer Region von Schwarzkollm jährlich 80.000 Menschen in seinen Bann.
Sie alle können im Sommertheater unter freiem Himmel erleben, wie Krabat gegen den Schwarzen Müller kämpft und schließlich siegt. Und die Besucherinnen und Besucher naschen dazu die wunderbar lockeren Buttermilch-Plinsen und das im Steinofen gebackene Krabat-Brot. Aber: Einen Krabat hat es wirklich gegeben! Er ist – oder war – eine reale Gestalt. Als Obrist diente er in einem kroatischen Reiter-Regiment, war ein Leibwächter für gleich vier sächsische Kurfürsten und hat in der Oberlausitz die Melioration eingeführt und die Sorben ein solidarisches Miteinander gelehrt.
In Groß Särchen, unweit von Schwarzkollm, wird noch heute auf diesen Krabat verwiesen, der dort ein Vorwerk, ein landwirtschaftliches Gut für Schaf- und Pferdezucht und für den Fischfang als Altersruhesitz unterhielt. Und der wegen seiner Verdienste, um seiner guten Taten willen und ob seiner Gottesfürchtigkeit in der katholischen Kirche zu Wittichenau vor dem Altar beigesetzt worden sein soll.
Das hohe Alter von 80 Jahren und seine stattliche Erscheinung – laut Musterungsunterlagen maß Krabat mindestens 1,80 Meter – dürften zur Vorstellung, da sei ein besonders kenntnisreicher, in allerlei Magie erfahrener Meister und Zauberer verstorben, genährt haben. Und so begibt sich das Team der Sendereihe „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ unter dem Titel „Krabat – Auf den Spuren einer Legende“ auf die spannende Suche nach dem wahren Kern der Krabat-Sage. Und trifft mitten ins Herz, in den Glauben und die Identität des sorbischen Volkes.
Die vielen Bestandteile der Krabat-Überlieferung, ihre schaurig-fantastischen wie ihre tatsächlich zu beweisenden Aspekte werden auf einer spannenden Reise Seite 5/6 erkundet. So gibt es Begegnungen mit Krabat-Kennern und Krabat-Anhängern in Schwarzkollm, aber ebenso im Sorbischen Museum von Bautzen, in Wittichenau, Neschwitz und Groß Särchen. Auch die Schriftsteller Otfried Preußler und Jurij Brězan erheben auf teils noch nie veröffentlichtem Filmmaterial ihre Stimme, um den Mythos „Krabat“ zu erhellen. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 22.07.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Di. 15.07.2025 ARD Mediathek Techno im Harz – Elektro, Bässe und Ekstase
Folge 523 (45 Min.)Schon in den 90ern ein Lost Place – ein alter Saatgutspeicher in Schlanstedt im Huy. Vor mehr als 20 Jahren war die Ruine zwischenzeitlich Ort für viele Technoparties.Bild: MDR/Tom GräbeTechno – für viele steht die elektronische Musik vor allem für Berliner Clubs und große Festivals. Doch auch abseits der Metropolen hat Techno Spuren hinterlassen. Die MDR-Dokumentation „Techno im Harz – Elektro, Bässe und Ekstase“ beleuchtet, wie junge Menschen in Sachsen-Anhalt seit der Wende neue Räume erobern und auf dem Land Subkultur schaffen. Der Film führt an Schauplätze wie ein altes Industriegebäude in Schlanstedt im Huy oder den Blauen See im Oberharz. Der idyllische See war in den 90er-Jahren Schauplatz unangemeldeter Raves, die viele Menschen anzogen.
„So ein bisschen war es aber auch so, diese ganzen Geschichten mit den Partys, hier war so eine Verlängerung dieses DDR-Kinderferienlagergefühls, nur ohne Aufsicht“, erinnert sich Falk-Harro von Biela, einer der Begründer des Techno-Kollektivs Tribe of Madness. „Wir haben halt das Glück gehabt, der Entstehung einer großen Musikrichtung beiwohnen zu können – und hatten das Glück, dass dies ausgerechnet hier stattfand, weil die gesellschaftlichen Bedingungen so günstig waren wie nirgendwo anders“, sagt von Biela.
Zwar hätte der Einfluss auch aus Amerika kommen können, doch dort seien die Menschen „gesellschaftlich nicht so frei“ gewesen. „Hier war im Prinzip zehn Jahre lang Anarchie. Der Osten war weg und der Westen noch nicht da – du konntest eigentlich alles machen.“ Elektronische Tanzmusik traf den Zeitgeist der Nachwendejahre – auch fernab der großen Städte. In der Provinz bot die neue Musik jungen Menschen Raum für Freiheit, Gemeinschaft und Experimente. Verlassene Fabrikhallen, stillgelegte Tagebaue oder ehemalige Saatgutlager wurden zu Orten, an denen ein völlig neues Lebensgefühl entstand.
Hier formte sich eine Szene, die bis heute prägt, wie Menschen im Harz feiern, denken und Räume gestalten. Auch Dimitri Hegemann, Gründer des legendären Berliner Tresor-Clubs, kommt in der Doku zu Wort. Für ihn ist Techno nicht nur Musik, sondern eine Bewegung mit Kraft, gerade in ländlichen Regionen. „In jeder Gemeinde leben junge Menschen, die etwas auf die Beine stellen wollen. Man muss ihnen zuhören und sie unterstützen“, sagt Hegemann – und zeigt, wie elektronische Musik Kulturprojekte abseits der Großstädte beflügeln kann.
Die heutige Generation knüpft an die Tradition der Selbstorganisation an – etwa im Feinkost Club Ballenstedt. Kai Mente, einer der Betreiber, sagt: „Wenn Musik an ist und die Leute tanzen, dann bekommt man das zurück, was man rüberbringen will.“ Die Reportage „Techno im Harz – Elektro, Bässe und Ekstase“ zeigt, wie Musik als Ausdruck von Freiheit, Zusammenhalt und Selbstermächtigung auch in der ostdeutschen Provinz Generationen geprägt hat – und noch immer prägt. Eine andere Annäherung an den idyllischen Harz, der sonst vor allem touristisch genutzt wird. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 05.08.2025 MDR Deutsche Streaming-Premiere Di. 29.07.2025 ARD Mediathek Schloss Weesenstein – Perle aus Sachsens Krone
Folge 524 (45 Min.)Katrin Claußner (li.) zu Besuch bei Frau Mumme, einer Mieterin im SchlossBild: MDR/Katrin ClaußnerÜber 3000 Schlösser, Burgen und Herrenhäuser gibt es in Sachsen und doch wird eines davon immer wieder die „Perle aus Sachsens Krone“ genannt: Weesenstein. Ein Schloss, das den Keller im 5. und die Pferdeställe im 4. Stockwerk beherbergt. Ein Schloss, das jahrhundertelang Wohnstätte von Rittern, Fürsten und Königen war und das von oben nach unten gebaut wurde. Nirgendwo gibt es so viele original erhaltene Möbel und Einrichtungsgegenstände wie hier: von der wertvollen goldenen Ledertapete bis zum Nachttopf. Heute kann man hier Hochzeit feiern und die Brautpaare lassen sich vor der traumhaften Kulisse des Schlosses fotografieren.
Kaum jemand weiß noch, dass hier während des 2. Weltkrieges Gemälde von Rembrandt, Tizian und Caspar David Friedrich aus der Dresdner Gemäldegalerie versteckt waren. Weesenstein erlangte spätestens im Jahr 2002 bundesweit traurige Berühmtheit, als der kleine Ort rund ums Schloss von der Jahrhundertflut nahezu zerstört wurde, als hier Menschen starben – und auch der barocke Schlosspark nur noch eine Schlammwüste war, die der sonst idyllische Fluss Müglitz hinterlassen hat. Der Film beschäftigt sich mit der bewegten Geschichte von Schloss Weesenstein und erzählt Geschichten der Menschen, die heute hier arbeiten und leben.
Das MDR-Team trifft Fluthelfer von 2002, die sich an die Katastrophe und die mühsamen Aufräumarbeiten erinnern, erlebt aber auch den Alltag einer 90-jährigen Dame, die seit Jahrzehnten im Schloss wohnt und ist dabei, wenn die Gärtner 4000 Sommerblumen in die Beete des Schlossparks pflanzen. Die Kamera schaut auch hinter sonst fest verschlossene Türen und nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer mit durch die Geheimgänge der Burg bis hinauf in den Turm, wo die alte Uhr immer mal wieder gestellt werden muss, weil sie manchmal vor- oder nachgeht. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 12.08.2025 MDR Das Geheimnis vom Walpersberg
Folge 525 (45 Min.)REIMAHG / Bunker – Gesprengter Hochbunker am Walpersberg: Tausende Zwangsarbeiter mussten hier von 1944–1945 unter unmenschlichen Bedingungen eine Rüstungsfabrik bauen.Bild: MDR/Andreas MetzmacherDer Walpersberg bei Kahla birgt ein dunkles Geheimnis: eine geheime Nazi-Flugzeugfabrik, in der Zwangsarbeiter unter grausamen Bedingungen die Messerschmitt 262 bauen mussten. 80 Jahre später reisen Schüler aus Kahla nach Italien, um Familien der Zwangsarbeiter zu treffen und von der bewegenden Geschichte zu hören. Der Walpersberg bei Kahla birgt ein dunkles Geheimnis: eine geheime Nazi-Flugzeugfabrik, in der Zwangsarbeiter unter grausamen Bedingungen die Messerschmitt 262 bauen mussten. 80 Jahre später reisen Schüler aus Kahla nach Italien, um Familien der Zwangsarbeiter zu treffen und von der bewegenden Geschichte zu hören.
Die Messerschmitt 262 sollte eine Wunderwaffe der Nazis sein, mit ihr, so hofften sie, könnten sie den 2. Weltkrieg noch für sich entscheiden. In kürzester Zeit sollte im Walpersberg ein nationalsozialistischer Musterbetrieb entstehen. Eine geheime Rüstungsfabrik unter Tage. Dafür mussten Zwangsarbeiter unter katastrophalen Bedingungen in der REIMAHG arbeiten, über 1.000 starben. Darunter Ermete Zuccolini und Francesco Toschi aus Castelnovo ne’ Monti in Italien. 80 Jahre später reisen Schüler der Kahlaer Regelschule in die italienische Stadt, um sich dort mit jungen Leuten zu treffen und mit den Familien der ehemaligen Zwangsarbeiter, den Zuccolinis und Toschis in Castelnovo ne’ Monti.
80 Jahre später gibt es eine Städtepartnerschaft zwischen Kahla und der kleinen italienischen Stadt, aus der etliche Menschen zur Zwangsarbeit an den Walpersberg verschleppt wurden. 80 Jahre später lässt Patrick Brion das Schicksal der Zwangsarbeiter nicht los. Mit seiner Frau Steffi reist er durch die halbe Welt, um Überlebende zu treffen und zu interviewen, sichert und digitalisiert Akten, gründet einen Verein gegen das Vergessen.
80 Jahre später sorgt ein zweiter Verein dafür, dass, tatsächlich im wörtlichen Sinne, nicht Gras über die Überreste der Geschichte wächst, hält mit Führungen über das ehemalige REIMAHG-Gelände das Gedenken an die Opfer wach. Der Film erzählt von den Menschen heute. Von der Fotografin Claudia Preuß, die sich mit Herz und Liebe um die Städtepartnerschaft kümmert. Von Claudio und Carmen Zuccolini, die in Kahla nach dem Grab ihres Vaters suchten und so die Idee zur Städtepartnerschaft gaben.
Von den Schülern Aaron und Fabian, die wissen wollen, was vor 80 Jahren am Walpersberg war. Italiener und Deutsche feiern gemeinsam in Castelnovo ne’ Monti den Jahrestag der Befreiung, italienische und deutsche Jugendliche kochen zusammen und denken über Europa und die Zukunft der Welt nach. Wir erleben Führungen über das ehemalige REIMAHG-Gelände am Walpersberg und sehen die „Wunderwaffe“, die Messerschmitt 262, im Deutschen Museum in München. Was treibt all die Menschen an? Was sind ihre Wünsche und Hoffnungen? Wie kann man erinnern? (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 19.08.2025 MDR Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 10.06.2025Die Krämerbrücke – Das Herz von Erfurt
Folge 526 (45 Min.)Die Krämerbrücke mit BewohnernBild: MDR/Tatjana KadeggeSie ist berühmt und einzigartig nördlich der Alpen. Jeder, der Erfurt besucht, geht in der Altstadt von Erfurt einmal über die Krämerbrücke. Sie ist ein Touristenmagnet. Handwerker und individuelle kleine Läden prägen das romantische Flair. Hier arbeiten und leben 80 Menschen. Sie sind wie eine Familie. Der Film schaut auf die Geschichte dieses besonderen Ortes und erzählt von den Menschen, die hier wohnen oder arbeiten. Jeder von ihnen hat sich vorher beworben. Es ist ein Glücksfall, dass die Krämerbrücke fast vollständig in städtischem Besitz ist. Der Film bietet einen Blick hinter die Kulissen der alten Häuser, mit neuen Erkenntnissen über die bewegte Vergangenheit der 700-jährigen steinernen Brücke, die sich über den Fluss Gera im Herzen von Erfurt spannt. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 26.08.2025 MDR Der Spion vom Geiseltal
Folge 527 (45 Min.)Das Mineralölwerk Lützkendorf ist während des Zweiten Weltkriegs wichtigster Teil der deutschen Treibstoffversorgung. Hier wird aus Braunkohle synthetisches Benzin hergestellt. Kriegswichtig für die deutsche Wehrmacht. August Rosterg ist der Eigentümer. Und ausgerechnet dieser Mann, der mit der NS-Kriegswirtschaft Milliarden verdient, wird zum Verräter. Hat er damit den Zweiten Weltkrieg um etliche Monate verkürzt? August Rosterg ist Mitte des 20. Jahrhunderts einer der reichsten deutschen Industriellen – Besitzer der Wintershall AG, enger Unterstützer der Nazis – und später Informant des US-Geheimdienstes OSS.
Ausgerechnet dieser Mann, der mit der NS-Kriegswirtschaft Milliarden verdient, wird zum Verräter – aus eigennützigen Motiven: um sein Vermögen zu retten. Hat er möglicherweise mit seinem Verrat, den Zweiten Weltkrieg um etliche Monate verkürzt? Das ehemalige Mineralölwerk Lützkendorf am Geiseltalsee in Sachsen-Anhalt ist während des Zweiten Weltkriegs zentraler Teil der deutschen Treibstoffversorgung. In der von der Wintershall AG betriebenen Anlage wird aus Braunkohle synthetisches Benzin hergestellt.
Die Panzer und Flugzeuge in Hitlers Armee sind vom Nachschub aus Lützkendorf abhängig. Das machte das Werk zu einem vorrangigen Ziel alliierter Bombenangriffe. Dass das Werk 1944 letztlich zerstört wird, geht auf einen der spektakulärsten Spionagefälle des Krieges zurück. Im Zentrum des Films stehen zwei Menschen, die Jahrzehnte später die Puzzleteile dieser Geschichte zusammenfügen: der Lokalhistoriker Matthias Koch, dessen Leben eng mit dem Ort verwoben ist – und die schwedische Journalistin Maja Falkeborn Willner, Enkelin des legendären Ölspions Eric Erickson.
Ihre Recherchen führen von Archiven in Stockholm bis zu Bombenkratern in Sachsen-Anhalt. Mit exklusiven Archivmaterialien, neuen Funden aus amerikanischen Geheimdienstakten und sehr persönlichen Zeitzeugenberichten erzählt der Film eine vergessene Geschichte voller Brüche: von wirtschaftlicher Skrupellosigkeit, moralischer Ambivalenz – und davon, wie ein kleiner Ort zur Bühne weltpolitischer Entscheidungen wurde. Ein packendes Geschichtspuzzle zwischen Lokalhistorie und Weltgeschichte – spannend wie ein Spionagethriller, dokumentarisch präzise erzählt. (Text: MDR)Deutsche TV-Premiere Di. 09.09.2025 MDR
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