bisher 272 Folgen, Folge 201–225
201. Pornoland Deutschland – Von Süchtigen und Profiteuren
Folge 2012,6 Millionen Euro Umsatz wird weltweit pro Tag mit Internet-Pornografie gemacht. Deutschland liegt laut einer Studie von SimilarWeb mit 12,5 Prozent seines Datenverkehrs ganz weit vorn im Porno-Konsum – noch vor den USA mit 8,3 Prozent. Schätzungen zufolge sind etwa 500.000 Menschen in Deutschland pornosüchtig, das heißt, sie bekommen aufgrund ihrer sexuellen Störung ihr Leben nicht mehr in den Griff. Doch wie konnte es soweit kommen, und warum ist ausgerechnet Deutschland besonders betroffen? Filmautor Thomas Hauswald begleitet Betroffene bei ihrem Kampf gegen die Pornosucht und forscht nach ihren Ursachen: Liegt es daran, dass junge Menschen immer früher Kontakt zur Pornographie bekommen, zum großen Teil schon vor den ersten eigenen sexuellen Erfahrungen? Der Filmautor schaut auch hinter die Kulissen und taucht ein die Welt der Camgirls und des Porno-Business.
Wie funktioniert das Geschäftsmodell, das hinter dem Online-Geschäft mit der Lust steht? Aus der Sicht profilierter Forscher und Therapeuten zum Thema sind die Betroffenen Opfer knallharter Datenkraken, die von einer schweren Krankheit profitieren, indem sie das Verhalten ihrer Kunden gezielt ausforschen und die Sucht so mit passgenauen Angeboten immer weiter anfüttern.
Hinzukommt, dass einige Plattformen oftmals zu wenig gegen Missbrauch von Bildern unternehmen. Regelmäßig werden Videos ohne Einwilligung der Abgebildeten hochgeladen oder sie sind schon ohne ihr Einverständnis entstanden. Und so werden damit nicht nur Bild- und Persönlichkeitsrechte verletzt, sondern auch immer wieder Missbrauch indirekt unterstützt. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 18.01.2023 BR 202. Mit Nahwärme aus der Energiekrise?
Folge 202Durch den Ukraine-Krieg ist Gas knapp und Öl teuer. Landwirte aus Österreich und Bayern wollen mit kleinen Nahwärme-Anlagen eine günstige Alternative bieten. Die neuen Anlagen sollen mit Hackschnitzeln aus den Wäldern in der Region betrieben werden. Aber Finanzierungsfragen, unklare Fördermöglichkeiten und die Diskussion um Holz als erneuerbarer Energieträger machen den Landwirten Sorgen und den Bau solcher Nahwärme-Netze zu einer schwierigen Aufgabe. Landwirt Manfred Greiner bewirtschaftet in Walding bei Linz einen Hof, zu dem auch Wald gehört.
Wird dort ein Baum gefällt, geht das gute Stammholz ins Sägewerk, aus den Resten macht er Hackschnitzel. Sie kommen in eine kleine Nahwärme-Anlage, die bisher 76 Wohnungen beheizt. Bereits vor zwei Jahren beschlossen er und weitere 15 Landwirte, diese Anlage auf das Vierfache – 2 Megawatt Heizleistung – zu vergrößern. Ein Wagnis, doch die Gemeinde sagte zu, öffentliche Gebäude wie Kindergarten, Feuerwehr und Sportpark anzuschließen. Das Interesse von Privatleuten war eher verhalten, Gas 2020 noch günstig. Aber seit dem Ukrainekrieg können sich die Landwirte vor Anfragen kaum retten: Sie ändern die Baupläne, damit möglichst viele angeschlossen werden können.
Gleichzeitig müssen die Landwirte zusehen, dass zuverlässig genügend Hackschnitzel da sind. Die Frage wird laut: Wie viel Hackschnitzel gibt der Wald langfristig her? Auch in Bayern wächst das Interesse an der sicheren Wärme aus der Region. Landwirt Klaus Jekle versorgt bereits 120 Gebäude seines Dorfs mit der Abwärme seiner Biogasanlage, im Winter feuert er mit Hackschnitzeln zu. Jetzt hilft er mit, dass interessierte Bürger in seiner Region von neuen Nahwärmenetzen profitieren können.
Bei der Umsetzung kämpfen Landwirte und Waldbauern aber nicht nur mit Material-Problemen durch Lieferengpässe, sondern auch mit politischem Gegenwind: Die EU stellt aktuell infrage, dass Holz auch künftig als erneuerbarer Energieträger gelten darf. Europas Wälder müssten geschützt werden, Anreize zur Nutzung für Holz als Heizenergie verbieten sich da. Ist das auch sinnvoll für Nahwärme-Anlagen, die mit Hackschnitzeln aus Restholz betrieben werden? Und was bedeutet das für die Einhaltung der Klimaziele in Europa? (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 25.01.2023 BR 203. Felix Neureuther – Skifahren trotz Klimawandel? Der Slalom der Zukunft
Folge 203 (45 Min.)Felix Neureuther mit den Garmischer Bergen im Hintergrund. Der Ex-Ski-Profi, fragt: Wie lange können wir noch Ski fahren?Bild: doc.station GmbH, BRUnsicheres Wetter, mehr Kunstschnee, Gletscher auf dem Rückzug: Die Lage in den Alpen ist alarmierend, das weiß auch Ex-Skiprofi und ARD Experte Ski alpin Felix Neureuther. 2022 verzeichnete man vielerorts den wärmsten Sommer seit Messbeginn. Auch der Tourismus trägt dazu bei – vor allem der Verkehr. Rund 63 Prozent des CO2-Ausstoßes verursachen An- und Abreise mit dem Auto. Als Botschafter des Skisports und der Alpen möchte Felix Neureuther, dass die nachfolgenden Generationen den Wintersport weiterhin genießen können und seine Heimat lebenswert bleibt.
Gemeinsam mit Experten, Betroffenen und Pionieren will er herausfinden: Wie bedingen sich Wintersport und Klimawandel gegenseitig und wie können wir effektiv dagegen steuern? Kann der Spagat gelingen? In einer Nacht-und-Nebel-Aktion setzt eine Umweltaktivistengruppe in Garmisch-Partenkirchen ein Zeichen gegen den Energieverbrauch im Wintersport. Während in den umliegenden Gemeinden in Krisenzeiten schmerzhaft Strom gespart wird, laufen die Skilifte weiter.
Felix Neureuther trifft Verantwortliche und sucht Beispiele, wie Skigebiete ganz konkret nachhaltig wirtschaften können. In Salzburg legen die Gäste die sogenannte letzte Meile zum Resort künftig umweltschonend mit Elektrobussen zurück. Der Liftbetreiber setzt bei der Bewirtschaftung seiner Anlagen auf Nachhaltigkeit, mit Ökostrom, zentral gesteuerten Schneekanonen und modernen Pistenraupen. Auch die Gemeinde Kaprun verzeichnet mit ihren Anstrengungen, energieautark und schonend zu haushalten Erfolge.
Vor allem der überbordende Massentourismus und ungebremste Konsum setzen der Umwelt zu. Darunter auch der Millionenmarkt Skiausrüstung. Aber auch hier findet Felix Neureuther innovative Ansätze: Skibekleidung aus wiederverwerteten PET-Flaschen. Eine mögliche nachhaltige Zukunft gibt es schon jetzt. Auf dem Grünberg in der Gemeinde Obsteig wurde 2011 die größte Angst eines Wintersportgebiets zur Realität: Durch den Schneemangel musste der reguläre Skibetrieb eingestellt werden.
Das Liftwärterhäuschen wurde inzwischen zur Umkleidekabine umfunktioniert und die Lifte komplett abgebaut. Für den Meteorologen und Bestseller-Autor Sven Plöger geht es rauf auf den Grünberg, der seinem Namen inzwischen alle Ehre macht. Dort trifft er Hermann Föger, den ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde. Er berichtet vom Niedergang des Skigebietes und dessen Neuausrichtung. Seither profiliert sich der Grünberg als Erholungsort in einer intakten Natur. Touren mit Langlaufski, Schlitten und Schneeschuhen sind im Winter weiterhin möglich – wenn Schnee liegt.
Auch Reinhold Messners Sohn Simon spürt die Auswirkungen des Klimawandels: Viele Kletterrouten in den Alpen sind durch fehlenden Permafrost zu gefährlich geworden. Felix Neureuther spricht mit ihm über das Erbe ihrer berühmten Väter. Welche Verantwortung kommt auf ihre Generation zu? Welchen Weg sollte sie beschreiten? „Wir müssen unsere Kinder erziehen, ihnen das Bewusstsein für die Umwelt mitgeben. Es ist fast eine Pflicht, das zu tun“, findet Messner. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 08.02.2023 BR 204. Ukraine – Krieg im Leben
Folge 204In diesem Winter ist es viel dunkel in der Ukraine. Oft sind es nur die Auto-Scheinwerfer, die die Straßen der Hauptstadt Kiew beleuchten. Doch es ist nicht nur dunkel, sondern auch kalt. Immer wieder gibt es Explosionen. Weil Russland seit Monaten Energie-Kraftwerke beschießt, müssen viele Menschen frieren, ohne Wasser und ohne Strom auskommen. Oleksandr ist Familienvater und in den Augen vieler Ukrainerinnen und Ukrainer ein Held. Als Elektriker sorgt er dafür, dass der Strom in der Hauptstadt Kiew gleichmäßig verteilt wird.
Morgens macht er seinen kleinen Töchtern Kakao und bringt sie in den Kindergarten. „Es gibt Tage ohne Luftalarm, an denen von außen alles ganz normal scheint“, sagt Oleksandr. „Im Innern sieht es anders aus. Seit dem 24. Februar ist in meinem Leben gar nichts mehr normal.“ Als die russischen Soldaten vor einem Jahr die gesamte Ukraine überfallen und den Versuch starten, Kiew einzunehmen, hat Oleksandr Angst. Nicht um sich, sondern um seine Kinder. Die Vorstellung, dass eine Rakete ihre Wohnung oder den Kindergarten treffen könnte, macht ihn hilflos.
Sollte es nötig sein, sagt er, werde er auch zur Waffe greifen, um das Leben seiner Töchter zu verteidigen. Mitten im zerstörten Charkiw, im Osten des Landes, entwirft Olha die Zukunft ihrer Heimatstadt. Ihr Architekturbüro ist das einzige in der Millionenstadt, das die Arbeit wieder aufgenommen hat. Ehrenamtlich hat Olha außerdem ein Pflegeheim für alte Menschen initiiert. Die Senioren wurden aus besetzten Gebieten evakuiert und haben teilweise schon den Zweiten Weltkrieg miterlebt.
Olha hat konkrete Pläne, das Gebäude auszubauen und das Altenheim auch nach Ende des Krieges weiter zu führen. Vlada hat ihre große Liebe durch den Krieg verloren. Ihr Partner wurde bei der umkämpften Stadt Bachmut getötet. Weil ihr die Worte fehlen, schreibt sie Musik gegen den Schmerz. Und Vlada kämpft. Gemeinsam mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern ist sie Teil der „kulturellen Front“.
Das Kollektiv will Hoffnung geben, kleine Momente schaffen, in denen der Krieg in Vergessenheit gerät. Bei ihrem Auftritt in der Nähe von Kiew ist der Saal voller Soldaten, die gerade im Fronturlaub waren. Kurz zuvor haben sie bei Bachmut gekämpft. „Die Musik ist eine gute Ablenkung“, sagt Anton. Er hat seine Familie im Westen der Ukraine ein paar Tage früher als geplant verlassen. „Ich habe gemerkt, dass der Abschied noch schwerer fallen wird, wenn ich länger bleibe.“ Es sind Geschichten aus dem Leben der Menschen, Geschichten aus dem Krieg, die ARD-Korrespondent Vassili Golod erzählt.
Er begibt sich auf eine Reise durch die Ukraine, die ihn auch in seine Geburtsstadt Charkiw führt, mit der ukrainischen Eisenbahn. Die ist für viele in der Ukraine zum Sinnbild geworden: Trotz der Angriffe fährt sie – und ist pünktlich. Sie hilft den Menschen zu fliehen oder ihre Liebsten wieder zu sehen. Die Bahn funktioniert, sie verbindet und sie ist immer da. Wie die Hoffnung der Menschen, auf einen Sieg und damit auf ein Leben in Freiheit. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 22.02.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 21.02.2023 ARD Mediathek 205. Die Rückkehr der Sextouristen – Deutsche Männer im Rotlicht von Pattaya
Folge 205Go-go-Bars, halbseidene Massagesalons und jede Menge Open-Air-Bierbuden mit leicht bekleideten jungen Frauen. Und dazu amüsierwillige Sextouristen aller Altersklassen. Die thailändische Küstenmetropole Pattaya kehrt zurück zu dem, was hier als „Normalität“ gilt. Ein deutscher Tourist fasst es vor der Kamera so zusammen: „Warum wir alle hier sind? Hier kriegst du für weniger Geld mehr Sex!“ Das mag ein jüngerer Deutscher so nicht bestätigen: „Ich suche hier nicht Sex, sondern Liebe“, erzählt Stefan und beklagt sich darüber, dass seine zahlreichen Eroberungen am Ende doch immer nur auf sein Geld aus seien.
Zwei Jahre lang haben die „Rotlichturlauber“ gewartet: Das riesige Vergnügungsviertel von Pattaya lag wegen Corona komplett brach. Für die etwa 60.000 Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter der Stadt eine bedrohliche Situation. Weil der thailändische Staat zwar mit dem Sexbusiness Milliarden Steuereinnahmen generiert, Prostitution aber offiziell verboten ist, waren die Beschäftigten des Gewerbes von sämtlichen staatlichen Hilfsprogrammen ausgeschlossen.
Zum Beispiel die Sexarbeiterin Aom. Sie wurde von einem deutschen Kunden schwanger, der ihr zunächst Treue schwor und sie dann mit dem Baby sitzen ließ. Jetzt versucht Aom über einen Anwalt, zumindest Unterhaltszahlungen durchzusetzen und arbeitet weiter im Sexgewerbe. „Mit deutschen Kunden habe ich abgeschlossen. Wenn die kommen, sag ich: auf Wiedersehen“, sagt sie. Die „45 Min“-Dokumentation taucht ein in die Rotlichtszene von Pattaya und erlebt viel Doppelmoral.
Deutsche Sextouristen, die sich einreden, mit ihren Dates das Überleben verarmter Thaifamilien zu sichern. Und ein Restaurantbesitzer aus Norddeutschland, der erzählt, die Mädchen würden nur wegen des warmen Wetters hier mit so kurzen Röcken am Straßenrand stehen. Auch deutsche Reiseveranstalter verdienen am Geschäft mit Sex, auch wenn sie nicht gerne darüber sprechen. Alle haben Pattaya im Programm. Immerhin halten sich die deutschen Reiseunternehmen zugute, dass sie eine Selbstverpflichtung unterschrieben haben, gegen Kinderprostitution vorzugehen.
Aber wer kontrolliert das? Der Coronalockdown hat auch das Problem des Missbrauchs massiv verschärft. Im Rotlichtviertel von Pattaya, in dem es nach offizieller Lesart keine Prostitution Minderjähriger mehr gibt, stößt das Filmteam auf die Spuren Pädokrimineller. Und auf einen Deutschen, der kurz nach seiner Festnahme das Land dennoch verlassen kann. Wie kann das sein und wie gut klappt die internationale Zusammenarbeit bei diesem wichtigen Thema? (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 01.03.2023 BR 206. Hungern für Gold – Essstörungen im Spitzensport
Folge 206Immer wieder leiden Spitzenathletinnen und -athleten an Essstörungen. Spezifische Aspekte des Sports, wie extreme Zielstrebigkeit, Perfektionismus oder sozialer Druck bedingen die Erkrankung ebenso wie der andauernde Druck auf Athletinnen und Athleten, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern, einer ästhetischen Norm zu entsprechen oder eine Gewichtsklasse zu erreichen. Mit der Dokumentation „Hungern für Gold“ möchten Kim Bui und Miriam Neureuther die Probleme benennen, die Öffentlichkeit sensibilisieren und jungen Menschen, Athletinnen und Athleten helfen, Wege aus der Essstörung zu finden.
Kim Bui, ehemalige Turnerin, Bronzemedaillengewinnerin bei den European Championships 2022 und gerade erst vom Spitzensport zurückgetreten, öffnet sich dabei erstmals vor der Kamera und berichtet von ihrer eigenen früheren Bulimie-Erkrankung. Auf ihrer Recherchereise treffen Kim Bui und Miriam Neureuther weitere Sportler und Sportlerinnen, die selbst betroffen waren: die deutsche Skisprung-Legende Sven Hannawald und die norwegische Skisprung-Olympiasiegerin Maren Lundby. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 08.03.2023 BR 207. Der alltägliche Mordversuch – Gewalt gegen Frauen
Folge 207Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin umzubringen. Österreich ist eines der wenigen EU-Länder, in denen mehr Frauen als Männer getötet werden. In Niederbayern muss ein Frauenhaus auf Spendensuche gehen, um weitere Plätze anbieten zu können. Welche Verantwortung haben Politik und Justiz? Wie können Frauen besser geschützt werden? Und was machen Länder wie Spanien, wo die Zahlen niedriger sind, besser? Gewalt oder Mord in Partnerschaften werden nach wie vor häufig als tragische Einzelfälle betitelt.
Dabei stirbt in Deutschland fast jeden dritten Tag eine Frau durch die Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners. Die Zahl der Frauenmorde steigt nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Ländern. Ein Filmteam begleitet eine Frauenhaus-Betreiberin, eine Überlebende, eine Anwältin und eine Gleichstellungsbeauftragte in drei europäischen Ländern. Hildegard Stolper kann manchmal nicht schlafen, sagt sie – nicht nur wegen der Verletzungen, mit der Kinder und Frauen in ihr Frauenhaus in Passau kommen. Sondern auch, weil sie überlegt, wie sie Spenden für einen Ausbau organisieren könnte.
In den meisten Fällen brauchen die Betroffenen Schutz vor ihrem Partner oder Ex-Partner. Es sind Geschichten wie die von Martina: Erst lobt ihr Ex-Freund sie in den Himmel, dann wird er mitten im Corona-Lockdown zunehmend aggressiv. Er greift sie an, als sie krank auf der Couch liegt. Sie sagt: „Hätte meine Nachbarin nicht die Polizei gerufen, wäre ich womöglich nicht mehr am Leben.“ In Österreich kämpft die Anwältin Sonja Aziz für die Rechte ihrer Mandantinnen vor Gericht.
Oft gibt es schon vor einer Tat Warnzeichen, die Behörden seien aber nicht ausreichend vernetzt. Ein anderes Bild zeigt Spanien. In der Region Extremadura gibt Esther Silva Präventionskurse zu Gewalt in Partnerschaften – die Kurse sind sogar in Lehrplänen verankert. Hier haben die hohen Femizid-Zahlen schon vor Jahren eine breite Debatte ausgelöst und dafür gesorgt, dass der Staat viel für die Aufklärung tut. Das Ergebnis: Die Zahl der Femizide ist drastisch gesunken. Was können andere Länder aus diesen Beispielen lernen? (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 15.03.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Fr. 10.03.2023 BR Mediathek 208. Die Große Dürre – Was tun, damit Deutschland nicht austrocknet?
Folge 208Mehr als 1100 Bäche und Teiche sind bundesweit versiegt – es wird sogar befürchtet, dass selbst der Rhein ein Rinnsal werden könnte. Pflanzen- und Tierarten, die sich nicht schnell genug anpassen, werden vermutlich aussterben. Mancherorts verschwinden schon jetzt Frösche und Kröten, weil die Tümpel zu Pfützen wurden. Auch Deutschlands wichtigster Baum – die Eiche – wird wohl den Trockenstress nicht aushalten. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 22.03.2023 BR 209. Der Forensiker und die namenlosen Toten – Ermittlungen an der EUAußengrenze
Folge 209Am Fluss Evros zwischen Griechenland und der Türkei riskieren tausende Migranten ihr Leben, um in die EU zu gelangen. Viele sterben und werden nicht gefunden. Falls doch, ist ihr Name meist unbekannt. Der Rechtsmediziner Pavlos Pavlidis versucht, toten Migranten an der EU-Außengrenze ihren Namen zurückzugeben – auch damit Angehörige Gewissheit über deren Schicksal erlangen. Der Fluss Evros markiert nicht nur die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei. Ein seit dem Jahr 2020 stetig erweiterter Grenzzaun entlang des Evros ist das Sinnbild für die Festung Europa: ein High-Tech-Grenzwall gegen die Flüchtlingsströme in die EU. Doch trotz dieses fünf Meter hohen und 38 Kilometer langen Bauwerks aus Stahlstreben riskieren Tausende Menschen ihr Leben, um hier über den Fluss in die EU zu gelangen.
Wie viele Menschen dabei sterben, ist unbekannt. Allein im Jahr 2022 waren es mehr als 60 Tote, die allein auf der griechischen Seite des Flusses gefunden wurden – ein negativer Rekord. Pavlos Pavlidis ist Professor für Rechtsmedizin an der Universität in Alexandroupoli und Chronist der tödlichen Grenze. Wird ein Leichnam im Fluss oder in den dahinterliegenden Wäldern gefunden, kommt er zu Pavlidis auf den Obduktionstisch. Er versucht nicht nur Todeszeitpunkt und Todesursache herauszufinden, sondern auch, wer dieser Mensch gewesen ist.
Denn meistens haben die Toten der Grenze keine Papiere bei sich, und sind schon nach mehreren Tagen im Wasser stark entstellt. Aber jeder dieser Menschen hat Eltern, Freunde, die auf ihn warten, und für die die Ungewissheit über den Verbleib ihres Angehörigen unerträglich ist. Viele in der Region wissen um die namenlosen Toten, und schwanken zwischen Mitgefühl und Abneigung gegenüber Migranten. Pavlidis versucht unterdessen am äußersten Rand der EU den Toten der Grenze ihre Identität zurückzugeben. Scheitert er, kommt der örtliche Bestatter, und begräbt die unbekannten Toten auf dem Friedhof für Namenlose. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 29.03.2023 BR 210. Wieviel China braucht die Wirtschaft?
Folge 210Spätestens seit den drakonischen Lockdowns Chinas in der Pandemie ist klar: Die Abhängigkeit von der Weltmacht ist gefährlich für Europas Wirtschaft. Und längst geht es nicht mehr nur um Handel und Produktion. China will eine andere Weltordnung, Autokratie gegen Demokratie. Auch viele Familienunternehmen fragen sich deshalb: Wie viel Loslösen ist möglich? Und wirklich notwendig? Deutschland ist stolz auf seine Hidden Champions – mittelständische Unternehmen, die in ihrem Geschäftsfeld Weltmarktführer sind. Oft sind sie im ländlichen Raum angesiedelt und stützen die Wirtschaft einer ganzen Region. So wie der Druck- und Messtechnikspezialist WIKA aus Klingenberg.
Doch das Unternehmen ist wie viele andere vom wichtigsten Wachstumsmarkt China abhängig. Von einem Land also, das von Europa und den USA zunehmend als Rivale wahrgenommen wird. Was einst ein Garant für Wohlstand und Gewinne war, wird nun zur Hypothek: Die meisten Unternehmer passen ihre China-Strategie an. Doch die Abhängigkeit ist schwer zu reduzieren. In Zeiten, in denen der Mittelstand ohnehin mit Inflation, hohen Energiepreisen und dem Fachkräftemangel kämpft. Ganz besonders exponiert ist Webasto. Der Autozulieferer hat über Jahrzehnte einen guten Teil seines Wachstums in China erzielt. Seine Präsenz in China will er nicht reduzieren und nutzt die Gewinne von dort, um hier eine eigene Autobatterieproduktion aufzubauen.
Eine Branche, die bislang von China dominiert wird, und ohne die die Mobilitätswende hin zum Elektroauto nicht gelingen wird. Allerdings ist Webasto auch hier auf Zulieferungen aus und Absatz in China angewiesen. Einen Schritt weiter geht das französische Startup Tiamat: Hier setzt man auf eine neue Batterietechnik, die ohne klassische Zellen oder Seltene Erden aus China auskommt. Doch bis das ausgereift ist, wird es dauern. Bis dahin gilt: Das Geschäft mit China muss weitergehen, wenn Europa nicht will, dass sein Wohlstand spürbar sinkt. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 05.04.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 04.04.2023 ARD Mediathek Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 01.03.2023211. Deutschland schaltet ab: Der Atomausstieg und die Folgen
Folge 211Deutschland – vom Vorreiter zum Verlierer? Atomkraft war über Jahrzehnte eines der großen gesellschaftlichen Streitthemen, bevor zuerst die rot-grüne Bundesregierung und dann eine christlich-liberale Koalition unter Angela Merkel den Ausstieg beschlossen. Die Filmautoren haben dies für den Industriestandort Deutschland untersucht, für die Entwicklung des Strompreises und die Stabilität unserer Stromnetze. Mit der Abschaltung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland geht in Deutschland Mitte April 2023 die friedliche Nutzung der Kernenergie zu Ende. In Zukunft sollen die Erneuerbaren Energien die Hauptlast der Stromerzeugung in Deutschland tragen, ergänzt um zusätzliche Gaskraftwerke mit der Perspektive einer Umstellung auf Wasserstoff.
Thomas Berbner, Johannes Jolmes, Katharina von Tschurtschenthaler, Christian Stichler und Philip Kuntschner haben die Folgen der deutschen Energiepolitik für den Industriestandort Deutschland untersucht, für die Entwicklung des Strompreises und die Stabilität unserer Stromnetze. In der Dokumentation wird auch die Situation im Ausland veranschaulicht, wo viele Länder an Atomenergie festhalten und an neuen Reaktortypen forschen. Ist die deutsche Energiepolitik noch zeitgemäß? Wird sie den aktuellen Entwicklungen noch gerecht? (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 19.04.2023 BR 212. Schweigen und Vertuschen: Die Todsünden der katholischen Kirche – Folge 1
Folge 212Priester als Täter, Kinder als Opfer: Lange tabu war, jetzt sichtbar: Sexueller Missbrauch im Umfeld der Katholischen Kirche. Und der Staat? Er schaut oft weg. „Das ist nicht nur ein Kirchenversagen, das ist ein Staatsversagen“, sagt Sozialpsychologe Heiner Keupp dazu. Diese Dokumentation untersucht die „Beißhemmung“ weltlicher Justiz und das kirchliche Vertuschungssystem in Europa. Eines der porträtierten Opfer ist François Devaux, selbst Missbrauchsopfer und Gründer einer Betroffeneninitiative in Lyon. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 26.04.2023 BR 213. Schweigen und Vertuschen: Die Todsünden der katholischen Kirche – Teil 2
Folge 213Was jahrhundertelang ein Tabu war, ist inzwischen durch die weltweite Aufdeckung sexuellen Missbrauchs im Umfeld der katholischen Kirche sichtbar geworden. Immer neue Fälle, horrende Zahlen, schleppende Aufklärung und noch zögerlichere Entschädigungszahlungen haben die Institution Kirche in eine tiefe Krise gestürzt. Europas Gläubige kehren ihr zu Hunderttausenden den Rücken. Im zweiten Teil der Dokumentation geht es unter anderem um die „Karriere“ eines katholischen Priesters, der in bayerischen Gemeinden eingesetzt wurde, obwohl er strafrechtlich wegen Missbrauch verurteilt wurde. Auch der verstorbene Papst war mit dem Fall betraut. Opfer, die auf die Umtriebe des Priesters aufmerksam machten, fühlen sich nicht ernst genommen. Die Dokumentation blickt aber auch auf eine wenig bekannte Schmutzkampagne der Nazis gegen die Kirche in den 1930er-Jahren, die katholischen Priestern systematischen Missbrauch und dessen Vertuschung anlastete. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 03.05.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 25.04.2023 ARD Mediathek 214. Israel – Kreativ trotz allem
Folge 214Israel: Ein Land, das vor Kreativität nur so sprüht – ob in Musik, Hightech, in der Küche, in Kunst und Akrobatik oder in der Filmbranche. Richard C. Schneider unternimmt eine abwechslungsreiche und unterhaltsame Reise durch das faszinierende Land Israel. Außenpolitisch und auch innenpolitisch befindet sich Israel in einer existenziellen Dauerkrise. Hinter all den negativen Schlagzeilen steckt aber auch ein Land, das vor Kreativität nur so sprüht, und in dem sich die Menschen tagtäglich neu erfinden. In „Israel – Kreativ trotz allem“ trifft Richard C. Schneider genau diese Menschen im kreativen und modernen Israel.
Er wirft einen Blick hinter die Kulissen einer der erfolgreichsten israelischen TV-Serien und zeigt, warum israelische Produktionen in den letzten Jahren Menschen rund um den Globus begeistert haben. Der Meisterkoch Eyal Shani weiht ihn ein in das Geheimnis der perfekten Tomate und seiner puristischen Fusions-Food-Küche. Die junge Studentin Shira wiederum zaubert an einer viel befahrenen Straßenkreuzung wartenden Menschen mit ihrer Akrobatik ein Lächeln ins Gesicht und zeigt, wie man sich mit etwas Kreativität in einer der teuersten Städte der Welt etwas dazuverdient.
Im nordisraelischen Nahariya erleben Ärzte und Schwestern des dortigen Krankenhauses, dass Juden und Araber bei aller Gewalt auch ganz normal miteinander leben und arbeiten können. Und die Sängerin Neta Elkayam erweckt mit viel Emotion und Gänsehaut pur die fast schon vergessene Musik marokkanischer Juden wieder zum Leben. Eine abwechslungsreiche und unterhaltsame Reise durch das faszinierende Land Israel. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 10.05.2023 BR 215. Radikal an der Basis – Das Nürnberger KOMM
Folge 215Das Nürnberger Kommunikationszentrum, kurz „KOMM“ genannt, war ein bundesweiter Pionier. Ab 1974 versuchten im ehemaligen Künstlerhaus tausende Junge, Alte, Freaks und Hippies im Geiste der 68-Generation das Ideal einer „Kultur für alle“ umzusetzen. Ein Jugend- und Kulturzentrum, basisdemokratisch selbstverwaltet unter städtischer Trägerschaft – das war in der Größe damals bundesweit einzigartig. Im KOMM trafen sich die Mitglieder der APO genauso wie Kino- und Videoenthusiasten, Senioren, die sich gegenseitig Gedichte vorlasen und Hobbyhandwerker, die Werkstätten für jedermann einrichteten.
Jung, alt, wild, engagiert, neugierig – das KOMM bot den Platz dafür, stets argwöhnisch beäugt von konservativer Politik und endgültig mit der Massenverhaftung 1981 über Wochen landesweit in den Schlagzeilen. 23 Jahre lang war das KOMM ein Ort zum Experimentieren, Abhängen und Spaß haben. Eine Schule für Demokratie; Dialog statt Ausgrenzung als Ideal. Die Besucher und Aktivisten waren mutig, trotzig, visionär und manche vor allem radikal.
Das KOMM war für die Verantwortlichen in der Stadt ein waghalsiger Modellversuch und am Ende der eigenen Pluralität nicht mehr gewachsen. Gescheitert war das viel beachtete Projekt deswegen nicht. Die sozial-, jugend- und kulturpolitischen Erfahrungen von damals finden sich heute bundesweit in unzähligen Einrichtungen – in der kunst-/kulturpädagogischen Arbeit der „Hochkultur“ genauso wie im Selbstverständnis von offenen Stadtteilzentren und Kulturangeboten für alle gesellschaftlichen Gruppen. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 17.05.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 16.05.2023 ARD Mediathek 216. Können wir Krieg? – Bundeswehr in der Zeitenwende
Folge 216Wie weit sind die deutschen Streitkräfte nach gut einem Jahr Zeitenwende gekommen? Wie kriegstauglich ist die Bundeswehr heute? Der Filmautor Florian Huber beleuchtet diese Frage aus drei Perspektiven: der Ausrüstung, der Verbündeten und der deutschen Politiker und Politikerinnen. 182.000 Männer und Frauen dienen in der Bundeswehr. Sie gelten als sehr gut ausgebildet und hoch motiviert. Doch auch die beste Armee ist nur so gut wie ihre Ausrüstung. Die Bundeswehr steckt in einer beispiellosen Materialmisere: von allem zu wenig, zu alt, zu spät, so beklagen es die Wehrbeauftragten seit Jahrzehnten.
Wie drastisch das den Soldatenalltag bestimmt, zeigt sich bei der Instandsetzungskompanie der Clausewitz-Kaserne in der Nähe von Magdeburg. Dort werden jährlich hunderte Bundeswehrfahrzeuge gewartet und repariert. Doch vor Ort lagern fast gar keine Ersatzteile. Jedes Schräubchen muss bestellt und individuell von der Industrie gefertigt werden. Gerade bei komplexen Waffensystemen dauert es Wochen und Monate, bis die Ersatzteile vorliegen.
Die Geräte können in der Zwischenzeit nicht eingesetzt werden. Die Notlösung: borgen, leihen, verschieben. In der „Battlegroup“ an der NATO-Ostflanke in Litauen ist das der Normalzustand. In diesem Verband mit 1.700 Männern und Frauen aus sechs Nationen hat Deutschland das Kommando. Um die Truppe auszustatten, muss die Bundeswehr Material aus verschiedenen deutschen Standorten zusammenkratzen. Die Bündnispartner loben die Zusammenarbeit in der „Battlegroup“ – doch die Rüstungsdefizite und mangelnde Einsatzfähigkeit kritisieren sie scharf.
Allen voran die USA werfen den Deutschen vor, ihre Versprechen an die NATO nicht zu erfüllen. Und speziell die Verbündeten aus den baltischen Ländern haben große Zweifel, ob die Deutschen im Ernstfall für sie in den Krieg ziehen würden. Schuld daran seien jedoch nicht die Soldaten, sondern die Politiker in Berlin – „die Anzugträger, nicht die Uniformträger“, wie es US-General Ben Hodges formuliert. Seit der Wiedervereinigung herrschte in der deutschen Politik ein trügerisches Gefühl ewigen Friedens.
Die meisten Politikerinnen und Politiker gehen in diesen Jahren auf Distanz zur Bundeswehr. Sie schließen Kasernen, verschrotten Kriegsgerät, verkleinern die Armee. Deutschland macht es sich als „Friedensmacht“ bequem. Mit dem schrecklichen Erwachen nach Ausbruch des Ukrainekriegs müssen dieselben Politiker nun dafür sorgen, dass die Bundeswehr wieder ihre Hauptaufgabe erfüllen kann: dem Schutz von Land und Bündnis, über die Zeitenwende hinaus. Für diesen Film sind alle wichtigen Protagonistinnen und Protagonisten der militärischen Zeitenwende vor die Kamera getreten: der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius und seine Vorgänger Christine Lambrecht und Thomas de Maizičre; die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann; der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn; der Kommandeur der Battlegroup in Litauen Marco Maulbecker; Lettlands Verteidigungsminister Artis Pabriks und der frühere Chef der US Army in Europa Ben Hodges sowie natürlich eine Reihe aktiver und ehemaliger Bundeswehrsoldaten. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 24.05.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 23.05.2023 ARD Mediathek 217. Bauwende statt Bausünde – nachhaltig bauen
Folge 217Gerade die Pandemie hat die Krise des Bauens noch verschärft: Materialknappheit, Lieferengpässe, gestiegene Preise. Doch die Krise kann auch Chance sein: Bauen im Einklang mit der Natur – dank nachwachsender Materialien aus der Region. „DokThema“-Autorin Almut Gronauer begleitet Menschen, die das Abenteuer wagen. Carolin Volk und ihr Mann Holger beschließen Ende 2021, von Nürnberg ins Burgenland auszuwandern, um dort ihren Traum eines ökologischen Hauses zu verwirklichen – ganz aus Stroh, Holz und Lehm.
Materialien, die vor Ort verfügbar sind und noch dazu kompostierbar. Womit sie allerdings nicht gerechnet haben: Nicht alle Arbeiten kann man als Laie selbst verrichten und auch im Burgenland herrscht Handwerkermangel. Und so verzögert sich der Bau um mehr als ein Jahr, bei steigenden Kosten … Einen anderen Weg wählt Andrej Fideršek im slowenischen Žalec. Fläche versiegeln, Ressourcen nehmen – und wieder wegwerfen? Für ihn keine Lösung. Er will sein altes Stadthaus umbauen – ganz ohne Abfall und nur mit dem schon verbautem Material, im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Mit seinem Entwurf dafür hat er sogar den European Bauhaus-Preis gewonnen. Doch auch er, ein leidenschaftlicher Idealist, muss bei der Umsetzung seines Traums Abstriche machen. Das Haus als Materiallager begreifen und nutzen, darin liegt die Zukunft, so die Devise vieler Bauexpertinnen und -experten, die sich für nachhaltiges Bauen einsetzen. Das Bauen im Bestand hat für sie dabei oberste Priorität, weil es am meisten Co2 einspart und am meisten Ressourcen schont – mehr als jeder noch so ökologische Neubau.
Gefordert wird eine geänderte Umbau-Ordnung, die die Standards für sanierte Häuser den Realitäten anpasst. Denn solange Abreißen und neu Bauen einfacher und billiger ist, lassen sich nur wenige Bauherrinnen und Bauherren für einen Umbau begeistern. Hunderte vornehmlich deutsche Architektinnen, Architekten, Professorinnen und Professoren setzen sich nun öffentlich für ein Abrissmoratorium ein und fordern vom Gesetzgeber eine Abrissgenehmigungspflicht. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 31.05.2023 BR 218. Unser krankes Gesundheitssystem – die Milliardenlücke
Folge 218Zwischen 16 und 18 Milliarden Euro – so hoch ist Schätzungen zufolge der Schaden, den Gauner pro Jahr im Gesundheitssystem anrichten. Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland stoßen immer wieder auf haarsträubende Fälle: Ärzte, die bei Toten Behandlungen abrechnen oder Berufskriminelle, die gezielt Lücken im System ausnutzen. Experten kritisieren die fehlende Aufmerksamkeit in Politik und Gesellschaft für ein Problem, das gewaltige Ausmaße angenommen hat. (Text: tagesschau24)Deutsche TV-Premiere Mi. 07.06.2023 BR 219. Das chinesische Phantom – Die Jagd auf den gefährlichsten Waffenhändler der Welt
Folge 219Eine Welt, die in zwei Blöcke zerfällt. Ein Aggressor Russland, der seinen Waffenbedarf für den Ukraine-Krieg mit Importen aus Teheran und Peking decken will. Ein Iran, der dem Bau einer Atombombe näher ist als je zuvor. Und eine aufstrebende Supermacht China, die sich immer weniger um internationale Regeln schert. Vieles von dem, was sich derzeit auf der Weltbühne abspielt, hat mit einem Phantom zu tun, das seit zwei Jahrzehnten im Verborgenen agiert: dem Waffenhändler Karl Lee. Die Dokumentation begibt sich nun auf Karl Lees Spur und rekonstruiert die seit zwei Jahrzehnten andauernde Jagd auf den chinesischen Geschäftsmann.
Geheimdienste wie BND, CIA, MI6 oder Mossad wollen ihm seit langem das Handwerk legen. Er wurde in New York in Abwesenheit angeklagt und sogar US-Präsidenten haben persönlich in Peking interveniert, um den chinesischen Geschäftsmann zu stoppen. Doch Karl Lee steht bis heute mit einem Kopfgeld von fünf Millionen Dollar auf der Wanted-Liste des FBI – eine Rekordsumme für einen Waffenhändler. Die Dokumentation „Das chinesische Phantom – Die Jagd nach dem gefährlichsten Waffenhändler der Welt“ erzählt die Geschichte Karl Lees, der zur Schlüsselfigur im Ringen der Supermächte USA und China geworden ist.
Fünf Jahre lang sind Regisseur Philipp Grüll und die mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Reporter Frederik Obermaier und Bastian Obermayer den Waffenlieferungen und Geldströmen des Phantoms Karl Lee gefolgt – über vier Kontinente hinweg, von Washington und New York nach Tel Aviv, von Frankfurt nach Teheran, Peking und zu Karl Lees Fabrik im Nordosten Chinas. Die drei Investigativ-Journalisten haben unzählige Dokumente ausgewertet und mit hochrangigen Insidern aus Ermittlungsbehörden, Geheimdiensten und Regierungskreisen gesprochen.
Ihre Dokumentation gewährt einzigartige Einblicke in die Welt der Geheimdienste, der Diplomatie und der skrupellosen Geschäftsmänner, die Waffenembargos unterlaufen und mit ihren todbringenden Waren Millionen verdienen. Sie rekonstruiert die Jagd der westlichen Behörden auf den heute 50-jährigen Karl Lee und spannt den Bogen zu hochbrisanten aktuellen Entwicklungen der Weltpolitik. Eine Recherche über einen der gefährlichsten Kriminellen der Welt – und zugleich ein Lehrstück über den unaufhaltsamen Aufstieg Chinas und die Frage, was dieser für den Westen bedeutet. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 14.06.2023 BR 220. Das leichte Spiel der Clans – die Grenzen der Strafverfolgung
Folge 220Es geht um Clan-Männer wie ihn: in Deutschland aufgewachsen, zigfach vorbestraft, brutal, im Rotlichtmilieu zu Hause. Als er unter Mordverdacht gerät, setzt er sich in die Türkei ab. Dort baut er ein neues kriminelles Netzwerk auf. In der Heimat seiner Vorfahren fühlt er sich sicher. Es gelingt ihm und seinen Mittätern, mit einem Trick über das Telefon deutschen Opfern Millionen Euros aus der Tasche zu ziehen. Jahrelang geschieht nichts. Doch dann greifen die türkischen Behörden zu. Gemeinsam mit einem Experten für Clan-Kriminalität folgen die ARD-Reporter Oliver Mayer-Rüth und Olaf Sundermeyer der Spur dieses höchst gefährlichen Mannes. (Text: tagesschau24)Deutsche TV-Premiere Mi. 28.06.2023 BR 221. Ferienparadies Kroatien – Schattenseiten des Tourismus-Booms
Folge 221 (45 Min.)Schnell mit dem Auto zu erreichen und noch relativ günstig: Kroatien zählt zu den beliebtesten Urlaubs-Destinationen der Deutschen. Doch für die Einheimischen bringt der Boom nicht nur Vorteile: Die Natur wird verbaut, ein Eigenheim ist nahezu unerschwinglich. Droht dem Land der Ausverkauf? Ein TV-Team begleitet einen Immobilienmakler in Istrien, eine Naturschützerin, die gegen illegale Tourismusbauten vorgeht und eine Hotelbesitzerin, die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzt. Jeder dritte Immobilienkäufer an der Adria stammt aus dem Ausland.
Das Geschäft mit dem Tourismus brummt – so auch in Kroatien. Die Schattenseiten: Saisonkräfte in der Gastronomie und im Hotelgewerbe finden keinen Wohnraum und die Branche leidet unter Personalnot. Die Indizien, dass es so nicht mehr weitergehen kann, häufen sich: Letztes Jahr musste im Sommer der Wasserverbrauch eingeschränkt werden, die Strände drohen immer mehr zu vermüllen, die Parksituation ist chaotisch. Die Autorinnen Steffi Illinger und Susanne Fiedler schauen sich in Istrien um. Bereits an Pfingsten beginnt der Touristenansturm.
Sie begleiten den Immobilienmakler Patrick Kohl bei seinen Verkaufsgesprächen, wenn er Filetstücke an der Küste mit Pool und Sicht aufs Meer an den Mann bzw. die Frau bringen will. Wie tickt seine Kundschaft? Was steht für ihn auf dem Spiel? Und sieht er das Dilemma, in dem das Land steckt? Sie sind dabei, wenn die Naturschützerin Silvia Buttignoni von der Organisation Natura histrica Beweise für illegale Ansiedlungen sammelt. Beinahe tragisch: Oftmals sind ausgerechnet die Käufer der eher bescheidenen Bauten nicht darüber im Bilde, dass ihr mühsam erspartes Grundstück gar nicht hätte bebaut werden dürfen.
Dem Problem beikommen sollen Kontrollen von Inspektoren, die mit Plakaten in den illegalen Siedlungen aufklären. Doch die zuständige Behörde ist zu weit weg – und auch zahlenmäßig sind die Kontrolleure der Entwicklung kaum gewachsen. Eine Stimme, die schon seit längerem eine Kehrtwende einfordert, ist die Deutsch-Kroatin Marijana Lovrinic. Die Hotelbesitzerin sieht die Lösung unter anderem in mehr Steuerung durch ein Nachhaltigkeitssiegel – damit Kroatien nicht vollständig seine Identität verliert. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 19.07.2023 BR 222. Schafwolle – Rohstoff ohne Zukunft?
Folge 222 (45 Min.)Ein Merinolandschaf von Martin Brickel.Bild: Ralph Zipperlein / BRSie ist warm, wasserabweisend und biologisch abbaubar. Und doch ist Wolle in vielen Teilen Europas zum Abfallprodukt geworden. Meist deckt der Verkauf nicht einmal die Kosten für die Schur. In Schottland und Deutschland entstehen Ideen, wie man das ändern könnte. Doch viel Know-how und Infrastruktur sind verloren gegangen. Wie kann man dem Rohstoff wieder einen Wert geben? Schafhalter sind frustriert: Sie haben einen nachwachsenden, regionalen Rohstoff, der als Nebenprodukt bei Landschaftspflege und Fleischerzeugung regelmäßig anfällt – doch kaum einer will ihn haben.
Einst hat die Wolle ihrer Schafe ganze Regionen reich gemacht. Nun ist sie ein Draufzahlgeschäft und wird oft einfach entsorgt – auch weil in der Fast-Fashion-Modeindustrie die billigeren, erdölbasierten Synthetik-Fasern auf dem Vormarsch sind. Schäfer wie Martin Brickel aus Mittelfranken kämpfen auch damit, dass China kaum mehr europäische Wolle kauft. Zusätzlich machen es ihnen fehlende Wollverarbeitungsbetriebe, wenig einheitliche Wollqualitäten sowie die Konkurrenz aus Übersee schwer, neue Märkte zu erschließen.
In Großbritannien ist der Wollpreis ebenfalls im Keller. Der Rohstoff ist im Überfluss vorhanden, doch die Wolle der heimischen Schafe ist oft sehr grob und geht deshalb meist an die Teppichindustrie. Clare Campbell empört das. Sie hat vor sieben Jahren eine kleine Weberei in den schottischen Highlands aufgebaut und möchte für ihre Schottenkaro-Stoffe mehr regionale Wolle verarbeiten. Mit den Biochemikern der Uni Edinburgh hat sie nun ein Projekt angestoßen: Kann man kratzige Wolle mithilfe natürlicher Enzyme feiner machen? Forschende der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf haben das gleiche Ziel, wählen aber einen anderen Weg.
Sie untersuchen, wie wieder mehr auf Woll-Feinheit gezüchtet werden kann und setzen sich gemeinsam mit süddeutschen Schäferinnen und Schäfern dafür ein, dass Infrastruktur zurückgeholt wird. Langfristig soll so die Schafhaltung in Deutschland wieder rentabler werden. Wie sieht es mit politischer Unterstützung aus? Im Zuge des europäischen Green Deal werden eigentlich händeringend nachwachsende Rohstoffe gesucht. Gibt es also Hoffnung für die wertvolle Naturfaser? (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 26.07.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 25.07.2023 ARD Mediathek 223. Die Unbesiegbaren – Soldaten bei den Invictus Games
Folge 223 (45 Min.)Ab 9. September finden in Düsseldorf die Invictus Games statt: ein einzigartiges internationales Sportereignis für versehrte Soldaten und Soldatinnen. Bei den Invictus Games ab 9. September in Düsseldorf stellen sich schwer traumatisierte und versehrte Soldatinnen und Soldaten sportlichen Herausforderungen. Seit Monaten trainieren der querschnittsgelähmte Rumäne Valentin, die schwer traumatisierte Niederländerin Machteld und Tobias aus Deutschland, der an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, für ihren großen Tag. Was macht der Sport mit Menschen, denen ihr Job zeitweise alles genommen hat? Denn es ist ein harter Weg zu den Invictus Games.
Alle drei sind verwundet worden, auch wenn man nicht allen ihre Verwundung ansieht. Alle drei kamen als anderer Mensch zurück aus dem Einsatz, der ihr Leben komplett verändert hat. Die Invictus Games sind für sie die Chance, sich nun selbst zu beweisen: Ich schaffe das. Nicht nur im Sport, sondern auch im Alltag. Diese drei Geschichten stehen für tausende Schicksale von Soldatinnen und Soldaten, die in Einsätzen weit weg von zu Hause ihr Leben und ihre Gesundheit für die Sicherheit ihres Landes riskiert haben, und die jetzt wieder ein Teil der Gesellschaft werden wollen. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 13.09.2023 BR 224. Jung und chancenlos? Ausbildung für alle!
Folge 224 (45 Min.)Deutschland braucht dringend Fachkräfte-Nachwuchs. Doch viele Lehrstellen bleiben unbesetzt. Gleichzeitig wächst die Zahl junger Menschen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Ohne Ausbildung werden viele aber kaum Chancen auf ein sicheres Einkommen haben – mit der Gefahr, später als Ungelernte in den Sozialsystemen zu landen. Yannick verlässt mit 16 Jahren mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss die Mittelschule, steht aber danach ohne Ausbildungsplatz da. Er besucht deshalb ein Berufsvorbereitungsjahr in Nürnberg.
Ein Auffangbecken für viele, denen es nach der Schule so ähnlich geht wie ihm. Sein Lehrer an der Berufsschule hilft ihm dabei, Kontakte zu Betrieben zu knüpfen und Bewerbungen zu schreiben. Doch bei seiner ersten Ausbildung zum Hotelfachmann erlebt er eine herbe Enttäuschung. Yannick muss unglaublich kämpfen, bis er schließlich einen Ausbildungsbetrieb findet, der zu ihm passt. Michelle verlässt die Schule mit der Mittleren Reife – und mit guten Noten. Einen Ausbildungsplatz zu finden, ist kein Problem. Viel schwieriger ist es für sie, die Ausbildung durchzuhalten.
Denn Michelle hat psychische Probleme und, wie sie leidvoll feststellen muss, auch noch die falsche Berufswahl getroffen. Zweimal bricht sie die Ausbildung ab. Mit Unterstützung der berufsbezogenen Jugendhilfe in München findet sie schließlich ihre Erfüllung im Handwerk. Die Bundesregierung will mit einer Ausbildungsgarantie ab 2024 junge Menschen beim Übergang in den Beruf unterstützen, dabei die Förderungen bündeln und stärker an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Kann das bei den Passungsproblemen helfen? (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 20.09.2023 BR Deutsche Streaming-Premiere Di. 19.09.2023 ARD Mediathek 225. Bayerns Nichtwähler – Vergessen, verbittert, abgeschrieben?
Folge 225 (45 Min.)Mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten gingen bei der letzten Landtagswahl in Bayern nicht wählen – darunter überproportional viele junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren. Das heißt: Bei der letzten Landtagswahl war eigentlich nicht die CSU die stärkste Kraft in Bayern, es war die fiktive Partei der Nichtwähler. Auch wenn die Beteiligung bei der Landtagswahl zuletzt zugenommen hatte, sehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Trend zum Nichtwählen und sagen bereits jetzt voraus: In Zukunft wird die Wahlbeteiligung sinken. Denn vielen Bürgerinnen und Bürgern – egal mit welchem Bildungsstand – fehlen das politische Wissen und der Bezug zur Politik.
Ein wichtiger Weg aus der Nichtwahlkrise: junge Erstwähler. Denn wer einmal wählen geht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder wählen gehen. Doch können Politikerinnen und Politiker junge Menschen überhaupt noch erreichen? Einer, der das versucht, ist der 77-jährige Landtagsabgeordnete und Vizepräsident des Bayerischen Landtags Wolfgang Heubisch (FDP). Mit 3,5 Millionen Likes ist er einer der erfolgreichsten deutschen Politiker auf TikTok.
Seine Kurzvideos werden tausendfach geklickt. Wie schafft der 77-Jährige das, was viele andere nicht schaffen? Doch die Social-Media-Plattform TikTok birgt auch Schattenseiten: Denn auf der bei jungen Menschen besonders beliebten Plattform sind kurze Botschaften besonders erfolgreich – und die haben vor allem die Populisten. Die CSU versucht auf TikTok mit einem zu punkten: Markus Söder. Bayerns Ministerpräsident ist das Gesicht der Partei auf den Social-Media-Kanälen. Das funktioniert – hilft aber den vielen Kandidatinnen und Kandidaten der Christsozialen im ganzen Freistaat nur bedingt.
Sie sind meist klassisch unterwegs, gehen von Haustür zu Haustür oder stehen an Wahlkampfständen auf Marktplätzen. Während auf TikTok innerhalb von Minuten zehntausende junge Menschen erreicht werden können, trifft CSU-Kandidat Thorsten Freudenberger im Landkreis Neu-Ulm an einem Nachmittag nur ein paar Dutzend. Besonders niedrig war die Beteiligung bei der letzten Landtagswahl in der Stadt Schweinfurt. Stefan Rottmann von der SPD will dort nun genug Stimmen für seinen Einzug ins Maximilianeum gewinnen. Anders als bei seiner Wahl zum Bürgermeister in der unterfränkischen Gemeinde Schonungen vor einigen Jahren muss er sich in Schweinfurt auf unbekanntes Terrain begeben.
Die SPD ist historisch schwach und über viele Jahre ging der Wahlkreis an einen CSU-Kandidaten. Seine Strategie: ein möglichst unpolitischer Wahlkampf. Auf Stadtfesten und Kirchweihen wolle er seine potenziellen Wähler treffen, sie dort aber auch nicht mit zu viel Politik langweilen, sagt Rottmann. Seine SPD-Parteizugehörigkeit will er dabei möglichst wenig erwähnen. Kann man damit Erst- und Nichtwähler an die Urnen bringen? Die Wahlbeteiligung an der Werner-Ziegler-Mittelschule im schwäbischen Senden wird deutlich höher ausfallen als im Oktober im gesamten Freistaat – denn die Wahl dort ist keine echte.
Kurz vor der Landtagswahl simuliert die Schule eine Juniorwahl, um Schülerinnen und Schüler ans Wählen heranzuführen. Einer der seltenen Kontakte der Schüler mit Politik. Denn: Nirgends wird so wenig Politik an Realschulen unterrichtet wie in Bayern. Auch Bayerns Gymnasien landen seit Jahren im Ländervergleich auf den hinteren Plätzen. Experten fordern schon lange mehr politische Bildung an Schulen. (Text: BR Fernsehen)Deutsche TV-Premiere Mi. 04.10.2023 BR
zurückweiter
Füge BR Story kostenlos zu deinen Serien hinzu und verpasse keine Neuigkeit mehr.
Alle Neuigkeiten zu BR Story und weiteren Serien deiner Liste findest du in deinem persönlichen Feed.