Auf den Tag, an dem die Kirche ihren angestammten Platz verlässt, hat Stefan Holmblad Johansson mehrere Jahre lang hingearbeitet. Er ist beim Minenunternehmen LKAB zuständig für den Kirchenumzug. Doch auch persönlich ist er eng mit der Kirche verbunden, wie viele Menschen in Kiruna. Die Schweden haben die Kirche vor ein paar Jahren zum schönsten Gebäude des Landes gewählt. Der Umzug der Kirche wurde medienwirksam als Volksfest inszeniert. Dabei ist der Umzug für die meisten Menschen kein Grund zur Freude. Lina Brännström ist in der Nähe des alten Stadtzentrums aufgewachsen.
Heute vermeidet sie, dorthin zu gehen. Die meisten verbliebenen Gebäude stehen leer, viele andere sind schon abgerissen. „Wir haben so viele Versprechungen bekommen, schöne Worte – doch am Ende ist alles nur Schutt“, ärgert sie
sich. Am meisten sorgt sie sich um den Musikverein „Tusen toner“, tausend Töne, eine Institution in Kiruna. Seit 30 Jahren ist er in einem denkmalgeschützten Gebäude zu Hause, das jedoch, anders als die Kirche, offenbar nicht umziehen wird. Einen Ersatz gibt es nicht.
Lina und ihre Freunde sehen für alternative Jugendkultur künftig in der Stadt keinen Platz mehr. Auch der Bergarbeiter Jari Söyrinki macht sich Sorgen. Lange seien Kiruna und das nahe gelegene Bergwerk in einem guten Sinne aufeinander angewiesen gewesen – doch der Umzug mache deutlich, dass die Stadt und ihre Menschen eigentlich nur noch gebraucht würden, um das Eisenerz aus der Erde zu holen – und die seltenen Erden, auf die man hier hofft. Kiruna drohe zu einer Kulisse zu werden, die für ihre Bewohner keine echte Heimat mehr sei. (Text: arte)