Derzeit gibt es in Österreich so viele Enteignungen, wie schon seit den 1930er Jahren nicht mehr. Auf Basis von oft historischen Gesetzen (Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz), die nicht nur unmittelbar Betroffene kritisch hinterfragen, werden im öffentlichen Interesse unzählige Großprojekte umgesetzt. Das Recht des Einzelnen ist oft weniger wert, als das Interesse der Allgemeinheit. Der Bau der 380 KV Leitung in Salzburg und der 110 KV Leitung in Oberösterreich sorgen für viel Emotionen. Hier werden hunderte Grundeigentümer enteignet, über ihre Wälder und Wiesen werden Zwangsservitute für die Freileitungen von Energiekonzernen eingeräumt. Die Bauern wehren sich, mit gerichtlichen Einsprüchen, Gutachten, Demonstrationen und sogar mit Hungerstreik. Sie finden, dass Freileitungen im 21. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß sind und fordern als ein gelinderes Mittel Erdkabel, die umweltverträglicher seien. Einen anderen Fall gibt es in Golling.
Dort haben die österreichischen Bundesbahnen die Enteignung der Liegenschaft von Adolf Gründl eingeleitet. Der Garten und das Haus des 85jährigen Pensionisten sollen einer Unterführung weichen. Der gefährliche, verkehrsbehindernde Bahnübergang soll somit beseitigt werden. Der 85jährige glaubt, dass es einen anderen Weg gäbe und wehrt sich verzweifelt dagegen, sein geliebtes Wohnhaus zu verlieren. In Reith bei Kitzbühel wurde ein Bauer enteignet, weil er sich gegen den Ausbau der einspurigen Kohlhofer-Brücke gewehrt hat, um eine, wie er sagt „Verkehrslawine durch den kleinen Ort zu verhindern“. An seiner Seite kämpfte verbissen ein grüner Gemeinderat, der sogar Spenden für den Gerichtsprozess gesammelt hat, und der nun tief enttäuscht aus der „Umweltpartei“ ausgetreten ist. Am Schauplatz Reporterin Gudrun Kampelmüller war in in ganz Österreich unterwegs und hat die oft verzweifelten Kämpfe um Wälder, Wiesen und Privathäuser beobachtet. (Text: ORF)