Am Schauplatz Folge 899: Nachgefragt: Die Zores der MarktstandlerInnen
Folge 899
Nachgefragt: Die Zores der MarktstandlerInnen
Folge 899
Das Leben ist hart. Die Marktstandlerinnen und Marktstandler sind härter. Seit drei Jahren besucht Nina Horowitz für „Am Schauplatz“ Originale, die auf Ständen in Österreich versuchen, ihre Waren unter’s Volk zu bringen. Dabei kann der Herr Penz vom Wiener Viktor-Adler-Markt schon mal die Geduld verlieren, wenn er an all die Menschen denkt, die sein Prachtgemüse nicht kaufen: „Wannst den Jungen den Dosenöffner wegnimmst, verhungern sie.“ Seit 2018 gilt in Wien die neue Marktordnung. Sie soll – etwa mit verpflichtenden Öffnungszeiten – dafür sorgen, dass wieder mehr los ist auf den Märkten. Vielen Standlerinnen ist das Reglement aber zu starr. Die neue Beirätin Melahat Bicer soll am Viktor-Adler-Markt vermitteln. Wenn die Leut’ sich nicht an die Regeln halten, kann sie aber resolut werden. Der Standler und Flohmarkt-Betreiber Pauli Schäfers vom Neusiedlersee hat seit Jahren ganz andere Zores. Er ist leider „der schlechteste Verkäufer der Welt.“ Dafür kauft er gerne ein. Auch Ramsch, den er überhaupt nicht braucht. Wenn sich bei einem Weißen Spritzer Zeit für eine Plauderei ergibt, wird schon bald über die ganz großen Themen
philosophiert: Da geht’s dann um den Klimawandel, die Liebe, Donald Trump und die innenpolitische Situation. Der Marktplatz war schon immer ein Ort, wo politisiert wurde. Zwischen Obst und Gemüse wird viel gestritten. Auch am Viktor-Adler-Markt. Eine gebürtige Favoritnerin sieht sich mittlerweile als Minderheit am Markt. Viel zu viele „Neu-Österreicher“ stehen für ihren Geschmack hinter den Standln. Ohne die Pakistaner, Inder und Türken, die hier arbeiten, würde es den Markt in Favoriten längst nicht mehr geben, findet wiederum der gebürtige Istanbuler Seref Akay: „Viele Österreicher tun sich die schwere Arbeit doch gar nicht mehr freiwillig an.“ Er verkauft am Markt Hosen um 10 Euro. Dass die Zunft Nachwuchsprobleme hat, sieht die Frau Haslinger aus Klagenfurt auch. Die Marktfahrerin, die mit ihrer Tracht aus Österreich auf den Märkten die Tradition hochhalten will, sieht die Bürokratie als Grundübel dafür. Wenn die Welt sich nicht ändert, muss man es eben selbst tun, lautet seit neuestem das Motto der Kärntnerin. Die Marktstandlerin strickt jetzt farbenfrohe Decken, um sich zu entspannen. Manchmal gelingt’s sogar und die innere Gelassenheit stellt sich ein. (Text: ORF)
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