„SOKO Wien“-Neuzugang Martin Gruber: „Wie ein Fußballspiel, in das man in der 95. Minute eingewechselt wird“

Interview über „Bergretter“-Ausstieg, „Bim Bam Bino“ und erste Rolle in Gottschalk-Film

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 19.10.2023, 10:00 Uhr

Martin Gruber als Andreas Marthaler in „Die Bergretter“ ZDF/​Thomas R. Schumann

fernsehserien.de: Ich finde es immer interessant zu erfahren, wie es dazu gekommen ist, dass jemand einen bestimmten beruflichen Weg eingeschlagen hat. Wann gab es bei Ihnen den Punkt in Ihrem Leben, an dem Sie gedacht haben: „Schauspielerei könnte mein Weg sein“ – war das schon ein Kindheitstraum?

Martin Gruber: Es war weit vom Kindheitstraum. Ich wollte eigentlich immer Landschaftsgärtner oder Fluglotse werden. Ich habe eine Zeit lang im Hotelfach gearbeitet, weil es da zumindest ein wenig auch ums Reisen geht. Wirklich ganz zufälligerweise habe ich dann einen amerikanischen Schauspieler kennengelernt, den ich in Los Angeles besucht habe. Zur damaligen Zeit hat Thomas Gottschalk einen Film namens „Ring of the Musketeers“ gedreht, mit Cheech Marin, Alison Doody und David Hasselhoff. Für einen Rückblick in diesem Film haben die einen jungen Thomas Gottschalk gesucht – und da sich unsere Nasen in gewisser Weise ähneln, hat man gesagt: „Okay, der hat zwar noch nie was gemacht, aber den nehmen wir.“ Und dann habe ich tatsächlich dort zwei Tage gedreht, ohne jemals Schultheater oder etwas anderes gespielt zu haben. Das war direkt eine Actionszene und ich musste meinen Film-Vater aus einem kurz vor der Explosion stehenden Auto retten. Ich habe ihn da rausgezogen und kurz darauf ist das Auto hinter uns in den Hollywood Hills explodiert. Da habe ich mir gedacht: „Mensch, das ist ja klasse, das macht Spaß!“ Daraufhin habe ich mich weiter informiert und bin mit Anfang 20 nach New York auf die Schauspielschule gegangen.

Das ist wirklich spannend und ein sehr ungewöhnlicher Einsteig in die Schauspielwelt. Zu einer Sendung, zu der Sie vermutlich nicht allzu oft befragt werden, hätte ich auch eine Nachfrage: 1997 haben Sie in der legendären Kindersendung „Bim Bam Bino“ mitgewirkt. Wie ist es denn dazu gekommen?

Martin Gruber: Das finde ich ja klasse, dass Sie das kennen! Das war wirklich supercool! Da war ich gerade ein Jahr aus der Schauspielschule in den USA zurück und habe Theater in Regensburg gespielt. Dann bin ich zum Casting für „Bim Bam Bino“ gegangen. Das war ja zunächst eine Moderationsgeschichte, aber die Verantwortlichen wollten es ummünzen: Neben Bino und Lucy sollte es zwei fiktive menschliche Charaktere geben. Sie haben mir die Idee geschickt und ich fand das so witzig, nett und lustig, auch weil ich schon immer von diesen Handpuppen begeistert war. Ich bin dann ausgewählt worden und habe den Max gespielt. Das war eine grandiose Geschichte für Kabel 1 damals.

Ich erinnere mich auch mit warmherzigen Nostalgiegefühlen an diese Sendung zurück. Was ich sehr lobenswert finde: Sie sind sozial sehr engagiert und haben 2014 Ihre eigene Martin-Gruber-Stiftung gegründet. Welche Menschen liegen Ihnen da besonders am Herzen?

Martin Gruber: Mir liegt jeder Mensch am Herzen, aber in dem Zusammenhang sind es natürlich Kinder, die in irgendeiner Form im Leben zu kurz gekommen sind. Mit dem sogenannten Werteraum sind wir an Schulen gegangen, um Kindern mit Migrationshintergrund zu erklären, was Deutschland an Werten hoffentlich noch immer ausmacht. Das ist ein ganz heikles Thema, das aber überhaupt nichts mit Nationalismus oder Stolz zu tun hat. Es geht darum, den Kindern Halt zu geben, damit sie später aus den Vollen schöpfen können. Im Idealfall können sich Kinder an ihren Eltern ein Beispiel nehmen, was Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Herzlichkeit und Liebe angeht. Das ist in meinen Augen ganz wichtig. Wir haben mit dem Werteraum versucht, genau jene Kinder anzusprechen, die zu Hause vernachlässigt werden, kein Mittagessen bekommen und niemanden haben, der ihnen das Positive vorlebt.

Das finde ich wirklich toll! Inzwischen standen Sie schon für viele unterschiedliche Sachen vor der Kamera. Ist Krimi die Richtung, in der Sie weitermachen möchten? Oder gibt es ein ganz anderes Genre, in dem Sie sich gerne mal ausprobieren würden?

Martin Gruber: Ich sage mal so: Beim Krimi stehe ich ja jetzt mit „SOKO Wien“ auf der „richtigen“ Seite, aber ich würde auch gerne mal wieder auf der „falschen“ Seite stehen [lacht]. Jedes Mal, wenn ich Filme mit Liam Neeson sehe, denke mir: „So ein Rachefilm, in dem man so richtig auf die Kacke hauen kann, das wäre mal was!“ Das würde ich gerne mal in der Form spielen. Die „SOKO“ nimmt bei mir aber momentan sechs bis acht Monate im Jahr in Anspruch und danach mache ich ein paar Weihnachtslesungen, weshalb das Jahr bei mir sehr ausgefüllt ist.

Dramatische Situation: Major Max Herzog (Martin Gruber, l.) wird angeschossen ZDF/​Petro Domenigg/​FILMSTILLS.AT KG.

Ich frage abschließend gerne, was Schauspieler selbst mit Vorliebe an Filmen oder Serien konsumieren. Gibt es etwas, das Ihnen in letzter Zeit besonders gut gefallen hat?

Martin Gruber: Es gibt natürlich die Dauerbrenner „Dr. House“, „Breaking Bad“ oder auch „Sons of Anarchy“, wo ich aber nach der dritten Staffel ausgestiegen bin, als es zu blutrünstig wurde. Gegen eine Serie, die sich meine Tochter angeguckt hat, habe ich mich ursprünglich gewehrt. Aber sie hat gesagt: „Papa, die musst du unbedingt anschauen!“ Dann habe ich diese Serie angeguckt und muss gestehen, die ist echt wunderbar gemacht: „Wednesday“, ein moderner Ableger der „Addams Family“. Ich fand das wirklich unterhaltsam und habe mich daran erfreut. Außerdem habe ich erst vor kurzem „Modern Family“ für mich entdeckt und bin darin versunken! Wohlgemerkt im englischen Original. Ich habe es einmal auf Deutsch versucht, aber das fand ich leider nicht so gut, weil die Synchronisation viel von den Figuren wegnimmt. Im Original finde ich diese Serie aber zum Niederknien!

Eine schöne Auswahl! Vielen Dank für das sympathische und interessante Gespräch und alles Gute für die Zukunft!

Die neuen Folgen von „SOKO Wien“ sind immer freitags um 18:00 Uhr im ZDF zu sehen und werden jeweils am Tag zuvor in der ZDFmediathek veröffentlicht. Martin Gruber gibt seinen Einstand in der Episode „Grenzen“, die am 20. Oktober linear ausgestrahlt wird und schon jetzt in der ZDFmediathek bereitliegt.

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Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1975) am

    ich fand Martin Gruber auch gut in der Serie Samt und Seide. Da war er ein Modefotograf und hat sich in Lena Czerni verliebt. lief von 2000 - 2005.
    • (geb. 1973) am

      Ich hab die Erste Folge gesehen, Max Herzog wird ein Würdiger Nachfolger von Carl Ribarski
      • (geb. 1954) am

        Dem stimme ich ohne Einschränkungen zu.
        Bis jetzt hat die Serie auch nach dem Weggang von wichtigen Personen immer gut anknüpfen können. Das erwarte ich jetzt auch.

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