ZDFzoom Folge 122: Kollegen dritter Klasse – Der Trick mit dem Werkvertrag
Folge 122
Kollegen dritter Klasse – Der Trick mit dem Werkvertrag
Folge 122 (30 Min.)
Heidemarie M. war jahrelang in einer Klinik fest angestellt, bekam als Putzfrau Tariflohn. Dann wurde sie entlassen und über eine Tochterfirma mit Werkvertrag wieder eingestellt. Für weniger Geld macht sie nun dieselbe Arbeit. Nicht Leiharbeit ist das Konstrukt, sondern ein Werkvertrag: Der Mensch als Sache – das ist der Trick. Wer als Firma Lohn sparen will, der heuert für bestimmte Tätigkeiten Subunternehmer per Werkvertrag an. Wenn also Firma A die Kantine auslagert, dann kauft sie bei einem Subunternehmer ein „Werk“ ein – Beköstigung der Angestellten – und es ist egal, wie der Subunternehmer das genau anstellt. Ob mit einem, zehn oder hundert Arbeitern. In der Regel heißt das: Wo vorher zum Beispiel tarifgebundene Arbeitsplätze waren, existieren heute oftmals nur noch „Werke“, zu deren Durchführung in der Regel wesentlich schlechter bezahlte Arbeitnehmer eingesetzt werden. „ZDFzoom“ berichtet über das zunehmend größer werdende Phänomen in der Arbeitswelt. Laut IG Metall gibt es in der deutschen Automobilindustrie etwa 763 000 Stammbeschäftigte, dazu 100 000 Leiharbeiter – und etwa 250 000 Werkverträgler. Doch nicht nur in den Hallen der Industrie machen sich Werkverträge breit, auch direkt vor
unserer Haustür: Die immer etwas gehetzt wirkenden Regaleinräumer im Supermarkt – oft Werkverträgler. Die nette Putzfrau in der Klinik – Werkverträglerin. Doch manchmal gelingt es auch, aus der Billiglohn-Konstruktion zu entkommen. In einer schwäbischen Kleinstadt wehrten sich Putzkräfte einer Klinik verbissen gegen die andauernde Ausgliederung in eine Servicegesellschaft – sogar die zuständige Staatsanwaltschaft wurde aufmerksam und ermittelt nun gegen die Klinik. Mittlerweile ist auch der Politik die Brisanz des Themas klar geworden. In der Koalitionsvereinbarung der Großen Koalition heißt es sinngemäß: Die Werkverträge werden auf ihren ursprünglichen Sinn zurückgeführt, und Missbrauch wird erschwert. Dass das leicht gesagt aber vermutlich sehr schwer getan ist, zeigt der Autor des Films auch anhand undercover gedrehter Aufnahmen aus Baumärkten, Industriezulieferern und Kliniken. „ZDFzoom“ spricht mit Betroffenen, Arbeitgebern und Gewerkschaftern. Exklusiv packt ein Werkvertragsarbeiter-Vermittler aus. Er klapperte große Märkte im Bundesgebiet ab und versucht, Marktleitern „seine“ Werkverträgler aufzuschwatzen mit dem Argument, diese seien die wirklich „allerbilligsten Arbeitskräfte“. Mehr unter www.zoom.zdf.de (Text: ZDF)