ZDF.reportage Folge 158: Viel PS und keine Rücksicht – Kampf gegen Autoposer
Folge 158
Viel PS und keine Rücksicht – Kampf gegen Autoposer
Folge 158
Röhrende Motoren, qualmende Reifen, staunende und Zuschauer – für „Autoposer“ ein Heidenspaß. Anwohner beliebter Treffpunkte sind genervt und verängstigt. Das Prahlen mit aufgemotzten Autos – eine Mode, gerade in Corona-Zeiten. Jungmänner im Balzmodus suchen sich ihre Art, aufzufallen – mit Lack und Lärm. Die Polizei kontrolliert verschärft und kann doch nicht überall sein. Eine beliebte Kölner Einkaufsstraße am Samstagmittag: Bereits zum dritten Mal innerhalb von 20 Minuten fahren ein schwerer Mercedes und ein sportlicher Audi röhrend durch die enge Einbahnstraße. Vor dem Café an der Ecke lässt einer der Fahrer den Motor noch mal extra aufheulen. Michael P., Ladeninhaber von nebenan, ist genervt. „Der Lärm ist unerträglich. Und nach mehreren Runden benutzen die Poser oftmals meinen Kundenparkplatz als Abstellplatz für ihre getunten Karren.“ Wenn der Ladenbesitzer einschlägige Autobesitzer darauf anspricht, bekommt er öfters Prügel angedroht. Verkehrspsychologe Christian Müller kennt die Klientel und ihr Aggressionspotenzial: „Meiner Erfahrung nach sind Autoposer fast ausschließlich junge Männer im Alter zwischen 20 und 30, oft aus sozial schwachen Schichten. Über die Autos und ihr prahlerisches Verhalten möchten sie Anerkennung erhalten.“ Mit Aufklärungskampagnen erreiche man in der Regel nichts. „Poser
ändern ihr Verhalten erst, wenn man dieses scharf ahndet“, so Müller. Kontrollieren und ahnden – die Polizei Hamburg verfolgt den Ansatz schon seit Jahren. Kommissar Olaf B. und sein Kollege Daniel H. sind regelmäßig in Zivil unterwegs und überprüfen Fahrzeuge, die zu laut sind oder durch aggressive Fahrweise auffallen. Nicht selten legen sie die Fahrzeuge direkt vor Ort still. Die Mängel sind immer wieder ähnlich. Nicht eingetragene An- oder Umbauten; falsche Felgen und Bereifung und vor allem: viel zu laut. Seit Bestehen der „Kontrollgruppe Poser“ haben die Beamten schon über 1000 Autos in Hamburg vorübergehend aus dem Verkehr gezogen. Mateusz liebt seine Autos, schläft sogar neben ihnen. Der 31-Jährige aus Überlingen bei Konstanz/Singen beschreibt sich selbst nicht als Poser, sondern als Tuner, also als jemand, der Fahrzeuge modifiziert. Sein umgebautes Auto zeigt er gern, manchmal ist er wohl auch etwas lauter unterwegs. „Das ist ein Gefühl von Leben. Da fühlst du dich gut“, gibt er zu. Ihn ärgert, dass die Stadt Singen massiv gegen seine Szene vorgeht. Mateusz’ Idee: Ein legaler Treffpunkt für Poser und Tuner würde die Anwohner schonen. Zusammen mit Bürgermeister Häußler sucht er nach Lösungen. Doch wie kann das funktionieren? Ist „Auffallen“ nicht Teil des Vergnügens? Die „ZDF.reportage“ unterwegs zu Autofans, genervten Anwohnern und Kontrollbeamten. (Text: ZDF)