Immer mehr Kriegsgeflüchtete kommen nach Deutschland. Wie kann unsere Gesellschaft mit der Vielzahl traumatisierter Menschen umgehen, wenn zugleich ein Mangel an Therapieplätzen besteht? 89,3 Millionen Menschen waren Ende 2021 weltweit auf der Flucht. Seit dem Ukrainekrieg stieg die Zahl auf rund 100 Millionen Geflüchtete. Krieg, Gewalt, Armut und die Folgen des Klimawandels zwingen die Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Experten schätzen, dass ein Drittel der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge massiv traumatisiert ist. Die Nationalakademie Leopoldina spricht von einer „globalen Krise der mentalen Gesundheit“. Eine wichtige Frage ist, wie Traumatisierung erkannt wird. Klassische Trauma-Symptome sind das Wiedererleben, das Vermeiden von Erinnerungsreizen, Veränderungen der Kognition und Stimmung. Dazu gehören Anzeichen wie Interessensverlust, Aggression, Gedächtnisprobleme oder ein
sozialer und beruflicher Funktionsverlust. Besteht der Verdacht auf eine traumatische Störung, entsteht die Frage nach dem Versorgungsangebot für Traumatherapie. Wie viele Therapieplätze gibt es derzeit, und wie viele müssten mindestens geschaffen werden? In Deutschland besteht seit Langem ein massives Versorgungsproblem an spezifischer Traumatherapie. Dabei zeigen Untersuchungen, dass eine zu spät einsetzende Therapie wertvolle Zeit vergeudet, die für den Erfolg und für spätere Integration – gerade bei Kindern – entscheidend ist. Denn die psychische Gesundheit kann nicht warten, der Schaden ist immens. Die meisten älteren Menschen, die heute immer noch von kriegstraumatischen Symptomen betroffen sind, waren während der Kriegstage und der Nachkriegszeit Kinder. Über Diagnose, Auswirkungen und Therapie von traumatischen Erfahrungen spricht Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)