Können biologische Lebensformen und organische Lernprozesse auf künstliche Computersysteme übertragen werden? Gert Scobel fragt: Was sind die Mindestanforderungen für einen solchen Transfer? Der Traum von fühlenden und denkenden Maschinen hat Hochkonjunktur. Noch sind Roboter nur schlechte Kopien der Natur. Aber die digitalen Schnittstellen zwischen Umwelt, menschlichen Lebensformen und Technologie nehmen zu. Die Evolution der Lebewesen auf der Erde ist einige Milliarden Jahre alt. Die Geschichte der künstlichen Intelligenz gerade einmal 60 Jahre. Während die biologische Entwicklung sehr langsam verlief, findet der Ausbau von Big Data in einem rasanten Tempo statt. Wissenschaftler und IT-Experten gehen davon aus, dass sich jedes Jahr die Menge an Daten, die wir produzieren, verdoppelt – und sich damit die Chancen erhöhen, autonome informationsverarbeitende Systeme zu entwickeln.Arten mussten sich den jeweiligen Umweltbedingungen anpassen. Sie haben unzählige Selektionsprozesse durchlaufen, die über Modifikation, Mutation oder Tod entschieden. Auch der Zufall spielte in der Evolution eine wichtige Rolle. Im Gegensatz dazu wird in der KI-Forschung der Entwicklungsrahmen konstruiert, die Muster- und Sinneswahrnehmung
sowie deren Verarbeitung simuliert und auf höchster KI-Stufe vielleicht sogar maschinell erlernt. In der analogen Welt hat es sehr lange gedauert, bis sich bei Lebewesen ein Bewusstsein bilden konnte. In der digitalen Welt gehen heute mehrere Institute der Silicon-Valley-nahen KI-Forschung davon aus, dass es schon in näherer Zukunft gelingen wird, die Bedingungen für eine Art von „Minimal-Bewusstsein“ zu identifizieren. Wäre dies erst geschafft, so die Vorstellung einiger Visionäre, könnte anschließend daran gearbeitet werden, diese „einfachsten“ Bewusstseinsstrukturen nach dem Masterplan des Gehirns zu bauen und in künstlichen Systemen zu implementieren. Diese künstlichen Wesen hätten dann ein eigenes Bewusstsein und wären vielleicht sogar leidfähig. Kann eine solche Übertragung gelingen? Lässt sich überhaupt eine Minimalbedingung für ein Bewusstsein definieren?Bislang gibt es keine wissenschaftlich fundierte Erklärung, wie sich das Bewusstsein aus der Evolution entwickelte. Wie können minimale Bedingungen für biologische Systeme aussehen? Und was bedeutet es, zu fühlen, zu denken und sich dessen bewusst zu sein?Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)