Man muss nicht Jesus sein, um auf dem Wasser zu wandeln. Ein solche Wundertat, so Frédéric Schiffter, können vor allem die Wellenreiter für sich beanspruchen, die nach dem Vorbild des „hervorragenden Mannes“ der alten Griechen zu höchster Selbstbeherrschung gelangen, indem sie die Allmacht der Gesetze des Ozeans akzeptieren. Der Surfer ist alles andere als tollkühn und überheblich, sondern ein umsichtiger Mensch, der mit den Wellen tanzt und jeden Augenblick aus weisem Pragmatismus heraus handelt. Es zeichnet den mutigen Surfer aus, dass er die Angst empfindet, sie
bekämpft und durch Selbstbeherrschung überwindet. Derart gezähmt macht die Angst scharfsinnig und listig beziehungsweise technisch klug. Hier geht es nicht mehr wie bei Descartes darum, sich des Verstandes zu bedienen, um „Meister und Besitzer der Natur“ zu werden, sondern wie bei Heraklit, aus dem Instinkt heraus zu begreifen, dass in dieser Welt, in der nichts beständig ist, die beste Devise lautet, sich der Welle anzuschmiegen. Die philosophischen Aspekte des Surfens diskutiert Raphaël Enthoven heute mit seinem Gast Frédéric Schiffter. (Text: arte)