Wenn wir jemanden Gutmenschen nennen, ist das eindeutig negativ gemeint. Wohlmeinende Gefühle mit denen einer glaubt, Gutes zu bewirken, sind heute als naiv beziehungsweise sogar als gefährlich verschrien. Dafür steht im Deutschen das Etikett „Gutmenschentum“, das eine heuchlerische Haltung bezeichnet. Obwohl jemand, der es gut meint, eigentlich positive Gefühle wie Empathie, Mitgefühl und Mitleid ausstrahlt, ist jemand, der es gut meint, nicht unbedingt jemand, der es dann auch gut macht. Raphaël Enthoven untersucht heute mit seinem Gast Mériam Korichi, einer
Expertin für zeitgenössische Ethik, ob gutmeinenden Gefühlen immer auch moralische Qualitäten zugrunde liegen. Gibt es überhaupt moralische Gefühle oder nur eine moralische Deutung derselben? Um diese Frage zu beantworten, ziehen Enthoven und Korichi Schriften von Kant, Nietzsche, Hannah Arendt und Spinoza heran. Wenn man die Verurteilung des Gutmenschentums kritisch betrachtet und auf ihre Ursprünge zurückverfolgt, treten die wahren Befürchtungen der Verächter dieser Regung zutage, die wiederum eine zutiefst menschliche ist. (Text: arte)