US-Schauspielergewerkschaft: Ein „Hobbit“ ersetzt „Die Nanny“

Neuwahlen nach Streik mit Auge auf Tarifverhandlungen 2026

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 15.09.2025, 15:06 Uhr

Schauspieler Sean Astin ist neuer SAG-AFTRA-Präsident – Bild: Courtesy of Sean Astin
Schauspieler Sean Astin ist neuer SAG-AFTRA-Präsident

In den Vereinigten Staaten haben die knapp 160.000 Mitglieder der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA ein neues Präsidium gewählt. Nachdem die bisherige Amtsinhaberin Fran Drescher (67; bekannt durch „Die Nanny“) nach zwei Amtszeiten nicht erneut angetreten war, wurde erwartungsgemäß Sean Astin (Sam Gamdschie in der „Der Herr der Ringe“-Trilogie) als ihr Nachfolger gewählt.

Der 54-Jährige wurde von einer neuen breiten Mehrheitspartei aufgestellt und tritt damit auch in die Fußstapfen seiner Mutter Patty Duke (✝ 2016), die der Vorgängergewerkschaft zwischen 1985 und 1988 vorstand. Mit diesem Wahlgang wurden in der Schauspielergewerkschaft alte Gräben zugeschüttet, wohl auch im Angesicht der nächsten Tarifvertragsverhandlungen.

Wahlergebnis

In der Personalwahl wurden von SAG-AFTRA der Landespräsident der Gewerkschaft sowie der/​die Schatzmeister:in gewählt. Angetreten waren als Team Sean Astin und Michelle Hurd („Star Trek: Picard“), die die Gruppierung The Coalition vertreten. Als einzige Gegenkandidaten waren der eher unbekannte Schauspieler und Produzent Chuck Slavin (Präsidentschaft) sowie Peter Antico (Schatzmeister) als unabhängige Kandidaten angetreten.

Astin konnte bei einer Wahlbeteiligung von gerade mal 17 Prozent der 117.000 wahlberechtigten Gewerkschaftsmitglieder 79,25 Prozent der Stimmen für sich verbuchen, Hurd brachte es auf 64,77 Prozent – für die Gegenkandidaten blieben also 20,75 Prozent beziehungsweise 35,23 Prozent.

Im Jahr 2026 stehen die nächsten Tarifverhandlungen der großen Kreativengewerkschaften (Schauspieler, Drehbuchautoren und Regisseure) mit dem Verband der Film- und Fernsehproduzenten (AMPTP) an. Bei den letzten Verhandlungen im Jahr 2023 war es zu einem mehrmonatigen Streik der Drehbuchautoren und Schauspieler gekommen. Hauptstreitpunkte waren der Einsatz von generativer KI (etwa bei der Drehbucherstellung bzw. Rechte von Schauspielern an ihrem eigenen Bildmaterial) sowie die Entlohnung in der Streaming-Zeit, die kürzere Serienstaffeln und längere Produktionspausen mit sich bringt sowie den Wegbruch der klassischen Tantiemen aus Fernsehwiederholungen.

Drescher und die Schatzmeisterin Joely Fisher, die 2021 gewählt worden waren, waren 2023 im Angesicht der anstehenden Verhandlungen bei einer Wahlbeteiligung von 26 Prozent ebenfalls von einer breiten Koalition im Amt bestätigt worden.

Analyse

Bei den Verhandlungen im Jahr 2023 war allen Gewerkschaftlern klar, dass sie noch nicht genau absehen könnten, wie sich einzelne Posten im Tarifvertrag entwickeln würden: Was würde aus dem Vertragstexten in der Realität, gerade im Bezug auf Begrenzung von KI, welche noch nicht antizipierten Probleme würden dann im Alltag auftreten? 2026 wird es für die Gewerkschaft also darum gehen, Problempunkte zu identifizieren und nachzubessern. Somit ist trotz des Streiks vor drei Jahren kein einfaches „Weiter so“ zu erwarten.

Daneben arbeitet die Gewerkschaft stets daran, die finanzielle Situation ihrer Mitgliedschaft zu verbessern – gerade in den letzten Jahren gab es in den USA erneut hohe Inflation mit Steigerung der Lebenshaltungskosten. Daneben werden die Dreharbeiten immer dezentraler: Während Produktionen Steuervergünstigungen in diversen Bundesstaaten oder gar dem Ausland nachjagen, werden die Schauspieler meist bei Reisekosten und ggf. doppeltem Hausstand mit Einmalzahlungen abgespeist. Zudem bündelt die Gewerkschaft den Zugang zu einer bezahlbaren Krankenversicherung sowie Alterssicherung.

Hervorzuheben ist das sich abzeichnende Ende von Grabenkämpfen in der Gewerkschaft, repräsentiert dadurch, dass mit The Coalition eine neue Parteiung gemeinsam eine übergreifende Liste aufgestellt hat.

Zurückgehend auf die Zeit vor dem Zusammenschluss der beiden Schauspielergewerkschaften SAG und AFTRA (der 2012 erfolgte) gab es die beiden Parteiungen Membership First und Unite for Strength innerhalb der SAG. Membership First setzte auf die Verhandlungsstärke der Film- und Primetime-Darsteller der SAG (Screen Actors Guild) und sah in einem Zusammengehen mit den „Bühnendarstellern“ und „Sprechern“ der AFTRA (American Federation of Television and Radio Artists) eine Schwächung der „eigenen“ Interessen. Daneben wollte man die Einflusssphäre der AFTRA eingrenzen, die früher in Sachen Schauspieler vor allem die Daytime-Soaps und einige Sitcoms betreut hatte, im Zuge des Aufkommens des Streamings aber ihre Finger auch hierhin ausstreckte; so kam es, dass fast die Hälfte aller Schauspieler in beiden Gewerkschaften Mitglied waren.

Noch 2021 waren die beiden Gruppierungen gegeneinander angetreten. Dabei hatte die direkte Personalwahl zu einem zweigeteilten Präsidium geführt: Fran Drescher wurde von „Unite for Strength“ aufgestellt, ihre Schatzmeisterin Joely Fisher war von „Membership First“ aufgestellt worden. Diese Aufteilung dürfte auch dabei geholfen haben, dass die 2021 gewählte Spitze 2023 ohne viel Aufhebens im Amt bestätigt wurde. Joely Fisher ist diesmal übrigens für das Präsidium der regionalen Vertretung Los Angeles angetreten und dort zur Präsidentin gewählt worden.

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