„The Man Who Fell to Earth“ von Showtime und Alex Kurtzman: Nichts Neues? – Review

Moderne Adaption des Romans von Walter Travis mit Chiwetel Ejiofor und Naomie Harris

Rezension von Fabian Kurtz – 08.05.2022, 16:02 Uhr

Seit dem 24. April auf Showtime: „The Man Who Fell to Earth“ – Bild: Showtime
Seit dem 24. April auf Showtime: „The Man Who Fell to Earth“

45 Jahre nach dem Kultklassiker mit David Bowie bringt Showtime die Parabel vom Mann, der vom Himmel fiel, erneut auf die Bildschirme. War es bei Nicolas Roegs „Der Mann, der vom Himmel fiel“ noch ein Abgesang auf die Menschheit und ihrer Dekadenz, schafft Showrunner und Regisseur Alex Kurtzman in „The Man Who Fell to Earth“ eine nicht gerade unbekanntes Interpretation des präsenten Klimawandels.

Der Mann, der vom Himmel fällt ist auch hier wieder ein namenloser, reptiloider Außerirdischer, diesmal gespielt von Chiwetel Ejiofor („12 Years a Slave“). Auf seinem Heimatplaneten herrscht eine starke Dürre, der bereits viele Lebewesen zum Opfer gefallen sind.

Von der Erde verspricht er sich Wasser; genug, um seinen Planeten damit versorgen zu können. Dies hatte bereits 45 Jahre zuvor der Außerirdische Thomas Newton (Bill Nighy) versucht, der jedoch gänzlich den Lastern der Menschheit verfallen ist.

Die Geschichte des namenlosen Außerirdischen wird in Rückblenden erzählt. So sehen wir ihn zu Beginn der Serie vor einer großen Menge referieren. Seine Profession gleicht der eines Steve Jobs oder Elon Musk: Ein wirtschaftlicher Visionär, der mit Charisma und Rhetorik das neue Zeitalter einläutet. Was genau uns der Außerirdische, der im Verlauf der Serie Farady getauft wurde, vorstellen möchte, bleibt zunächst unklar.

Hochmut kommt nach dem Fall: Faraday (Chiwetel Ejiofor) gibt sich als Visionär. Showtime

Die Rückblende zeigt den Fall Faradays auf die Erde. Wie ein Meteorit schlägt er mit seiner Raumkapsel in der Wüste New Mexicos ein, entsteigt dem feurigen Krater und lässt dabei seine Gestalten menschlicher werden. Markant sind hierbei, wie schon im Film von 1976, die vertikalen Pupillen in den gelben Augen, die auch Faraday zu verstecken weiß. Nach seinem Sturz stolpert er auf der Suche nach Wasser durch die Wüste.

Das zufällige Auftauchen der Polizei, als sich der nackte Außerirdische Wasser von einer Tankstelle einverleibt und das seltsame, schon fast kindliche Verhalten Faradays geben eine eher nüchterne, ironische Exposition des ersten Kontakts: Ein dunkelhäutiger Mann wird von zwei weißen Polizisten sogleich mit Schusswaffen bedroht und aufs Revier mitgenommen.

Dort finden wir ihn in dem Reigen einer Karikatur provinzamerikanischer Gesetzeshüter. Das schillernde Bild eines Sheriffs wich schon lange dem des übergewichtigen Zynikers. Ein schöner Start, um die menschliche Zivilisation kennen zu lernen.

Faraday versucht sich zu verständigen. Aimee Spinks/​SHOWTIME

In dieser Exposition ist der Außerirdische nicht nur durch seine Herkunft ein Fremdkörper, sondern auch durch das exaltierte Schauspiel Ejiofors, der den Faraday als autistischen Sonderling mimt, der die frivole Sprache mancher Polizisten imitiert, dabei jedoch vollständig sinnverzerrt.

Dem entgegen stehen jedoch pathetische Dialoge, die Faraday doch wie eine höhere Intelligenz wirken lassen. Leider schafft Ejiofor dabei keinen Mittelweg zu finden, sondern spielt den Faraday eher für jede Szene neu. Charaktere sind zweitrangig.

Auch die von Naomie Harris („James Bond 007: Skyfall“) gespielte Figur der Justin Falls, eine ehemalige Wissenschaftlerin, die nun mit Schweißarbeit im Industriegebiet das Geld für sich, ihre Tochter und ihren todkranken Vater verdienen muss, ist leider eine wenig überraschende Figur. Als sie von Faraday als Kontaktperson angegeben wird und diesen in der Polizeistation trifft, versagt sie ihm jede Hilfe.

Hat schon genug Probleme: Naomie Harris als Wissenschaftlerin Justin Falls Aimee Spinks/​SHOWTIME

Erst durch Zufall kreuzen sich die Wege der beiden erneut, wobei Falls Abneigung im Kontrast zu ihrer mitleidigen Neugier steht. Daraus ergibt sich ein hin und her, das nun wiederum die Charaktere festigen soll, die Handlung jedoch etwas verlangsamt. Dabei wirken beide Schauspieler wie gefangen im Drehbuch und können ihr Talent nicht wirklich ausschöpfen.

Interessant wird in den ersten beiden Folgen das Treffen von Faraday und Newton. Nachdem der erste in das Auge eines Tornados gelaufen ist, selbstverständlich ohne jeglichen Kratzer davon zu tragen, gelangt er durch ein metaphysisches Portal zu Thomas Newton. Dieser gibt sich als abgehalfterter Rockstar, erinnert in seiner Kleidung und Nighys Darstellung an David Bowies Porträt der Figur.

Faraday macht Newton Vorwürfe, sie hätten auf seinem Planeten lange auf ihn gewartet, wobei Newton, nachdem er die Opferzahlen hört, weinend zusammenbricht. In seiner Abstraktion fasst diese Begegnung im Grunde das Generationenproblem unserer Zeit zusammen.

Auf den Spuren von David Bowie: Bill Nighy als gestrandeter Außerirdischer Thomas Newton Aimee Spinks/​SHOWTIME

Vor 45 Jahren scheiterte jede Bemühung zum maßvolleren und diplomatischen Umgang mit Ressourcen an der Verlockung des Reichtums. Newton vergaß bei all seinem Luxus und Prestige auf der Erde ganz seine wohltätige Mission. Faradays Konfrontation bildet dadurch eine Allegorie auf die heutigen Klimaproteste und Bemühungen der Jugend: Was habt ihr nur all die Jahre getan? Leider viel zu wenig.

Die Hiobsbotschaft, die Faraday auf die Erde bringt ist jedoch eine viel erschreckendere. Er weiß um das Schicksal, welches auch der Erde in kurzer Zeit blühen wird, sollte sich die Menschheit nicht technologisch (und ideologisch) dagegen wappnen.

Der Ausblick für den Zuschauer, dass eine Lösung gefunden werden kann, lässt zwar hoffen, der Gedanke ernüchtert jedoch bei dem Fakt, dass wir für die Erkenntnis anscheinend außenstehende Hilfe benötigen. Die ersten zwei Episoden von „The Man Who Fell to Earth“ geben einen mahnenden Ausblick auf unsere Zukunft, die in ihrer Inszenierung und allegorischem Pathos jedoch nichts neues bereithält.

Kurtzman verlässt sich dabei zu sehr auf altbewährte Erzählmuster und behindert dadurch die Schauspielkunst seiner britischen Stars. Mit aufwändigen Spezialeffekten und schön gefilmten Aufnahmen schafft er es zwar, diese Schwächen ein wenig zu verschleiern, verpasst jedoch die Chance, der Serie die Relevanz zu verleihen, die sie verdient.

Diese Rezension basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie „The Man Who Fell to Earth“.

Meine Wertung: 3,5/​5

„The Man Who Fell to Earth“ erscheint seit dem 24. April wöchentlich auf dem US-Sender Showtime. Ein deutscher Starttermin ist noch nicht bekannt.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Das Thema hört nicht auf, wichtig zu sein. Weil wir nämlich immer noch mit Vollgas auf den Abgrund zurasen - und niemand wirklich etwas dagegen tut.
    • (geb. 1966) am

      Wäre diese Serie in den 70er Jahren entstanden wäre sie gut und wichtig gewesen. In der heutigen Zeit möchte ich diesen moralinsauren Zeigefinger nicht sehen. Zumal wir für den Klimaschutz alles mögliche tun, sogar deswegen unsere Natur zerstören.  Wenn es tatsächlich Außerirdische gibt die sich auf die Erde trauen, dann sollten sie die Politiker entführen damit wir wieder im Einklang leben können.

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