Neues Hans-Sigl-Quiz: Ist „Der unfassbar schlauste Mensch der Welt“ unfassbar gut? – Review

Late-Night-Quiz mit dem „Bergdoktor“ bedient sich bei „Familien-Duell“ und „Ruck Zuck“

Glenn Riedmeier
Rezension von Glenn Riedmeier – 01.08.2022, 15:39 Uhr

Moderator Hans Sigl (M.) mit Suzanna Randall und David Garrett – Bild: RTL/Screenshot
Moderator Hans Sigl (M.) mit Suzanna Randall und David Garrett

RTL startet eine neue Quizshow. Das wäre normalerweise nichts Besonderes, doch in diesem Fall stechen gleich mehrere kuriose Details hervor: Die Sendung läuft ab dem heutigen 1. August nicht zur Primetime, sondern erst um 23:20 Uhr – dafür gleich viermal die Woche, von Montag bis Donnerstag. Der Moderator ist kein Geringerer als Schauspieler und ZDF–„Bergdoktor“ Hans Sigl. Und nicht zuletzt wäre da noch der mysteriöse Showtitel „Der unfassbar schlauste Mensch der Welt“. Was genau also bietet der Neustart – und lohnt sich das Einschalten?

Hans Sigl begrüßt die Zuschauer zum wahrscheinlich längsten Quiz auf diesem Planeten. In einem für RTL-Verhältnisse auffällig klein und dunkel gehaltenen Studio mit Weltraum-Flair nehmen pro Folge drei prominente Spieler mit dem bescheidenen Ziel Platz, „Der unfassbar schlauste Mensch der Welt“ zu werden. Zum Auftakt sind dies Astronautin Suzanna Randall, Geiger David Garrett und Schauspielerin Katharina Wackernagel, die wie im Hühnerstall auf drei Sesseln direkt nebeneinander sitzen.

(v. l.) Suzanna Randall, David Garrett und Katharina Wackernagel RTL/​Screenshot

Ihr müsst heute Abend hier alle Register ziehen, um bis ans Ziel zu kommen. Bei uns geht’s um emotionale Intelligenz, Kombinieren, Um-die-Ecke-denken – das sind hier die Schlüssel zum Erfolg, erläutert Hans Sigl. Ohne vorab wirklich zu erklären, was die Zuschauer in den kommenden knapp 55 Minuten erwartet, geht es rasch los mit der ersten Runde. Zuvor wird allerdings noch das unfassbar tolle Duo Jana Azizi und Pierre M. Krause begrüßt, das an einem separaten Tischchen sitzt, als Sidekicks bzw. journalistische Faktenchecker. Was genau ihre Aufgabe ist, erschließt sich zu Beginn noch nicht – und bleibt auch den Rest des Abends eine der unbeantworteten Fragen.

Kernmerkmal der Show ist, dass nicht um Geld und auch nicht um Punkte gespielt wird, sondern um Zeit. In insgesamt fünf Vorrunden können die drei Kontrahenten wertvolle Sekunden erspielen. Als „Startkapital“ haben alle Mitspieler 60 Sekunden. Dieses Zeitkonto erhöht sich bei richtigen Antworten kontinuierlich – und wer am Ende der Sendung die meisten Sekunden erspielt hat, kommt als Tagessieger „Der unfassbar schlauste Mensch des Tages“ in die nächste Show.

Der große Pluspunkt des neuen Formats: Es handelt sich nicht um die x-te Variante eines Multiple-Choice-Fragespiels, stattdessen sind die Kandidaten stets auf sich und ihr eigenes Wissen gestellt und können nicht aus vorgegebenen Antworten wählen. Im ersten Spiel namens „3–6–9“ werden offene Fragen gestellt. Wer eine Frage richtig beantwortet, bleibt an der Reihe und darf weitere Fragen beantworten. Der Clou: Nur die jeweils dritte Frage (3–6–9) wird belohnt – mit 10 Sekunden aufs Zeitkonto.

Der Schwierigkeitsgrad der Fragen variiert und zwischendurch werden Schätzfragen eingestreut, die dann auch zum Anlass genommen werden, um kurz mit den Kandidaten zu plaudern. Bei der Frage Wie viel Prozent der Frauen achten darauf, dass ihr zukünftiger Partner ein Sternzeichen hat, das gut zu ihrem eigenen passt? fragt etwa Sidekick Jana Azizi bei Astrophysikerin Suzanna Randall nach, ob sie an Sternzeichen glaubt.

Prominente geben per Einspielfilm Aufgaben vor RTL/​Screenshot

Im weiteren Spielverlauf geht es dann mehr um das Assoziationsvermögen. In einer Runde stellen Prominente per Einspielfilm eine Frage, zu der dann vier passende Begriffe gesucht werden, die von der Redaktion als Lösungen ausgewählt wurden. Gameshow-Fans werden sich hier an den Klassiker „Familien-Duell“ und gesuchte Top-Antworten erinnert fühlen, denn die Prämisse ist fast identisch. Wigald Boning fragt etwa: Mit welchen körperlichen Symptomen hat man aufgrund von Lampenfieber zu rechnen, wenn man vor einem großen Publikum spricht? – woraufhin der Kandidat alles aufzählt, was ihm dazu einfällt. Für jeden erratenen Begriff gibt es 20 Sekunden aufs Konto. Während der Überlegungszeit verringern sich die übrigen Sekunden auf dem Konto des Spielers. Der Kandidat kann jederzeit „Stopp“ sagen und an den nächsten Spieler abgeben, der dann womöglich die weiteren gesuchten Begriffe errät.

Auch die weiteren Runden „Galerie“ und „Weißt du noch …?“ fordern den Kandidaten einiges an Kombinationsvermögen ab – und den Zuschauern, die immerhin um Mitternacht mitraten sollen. Im „Wortsalat“ geht es etwa darum, aus zwölf Wörtern/​Beschreibungen jeweils vier herauszusuchen, die durch einen Überbegriff zusammengehalten werden.

„Wortsalat“ RTL/​Screenshort

Das Format bietet einige Kniffe, die es aus dem Quiz-Einerlei im Fernsehen hervorstechen lassen. So können die Kandidaten in manchen Spielen noch weitere Sekunden sammeln, wenn sie die fehlenden Antworten nennen können, die ihr Vorgänger nicht wusste.

Durchaus originell und unterhaltsam ist auch das Finale, das überraschenderweise nicht von dem Kandidaten mit der höchsten Sekundenzahl bestritten wird – denn der Tagessieger ist schon nach den Vorrunden sicher in der nächsten Sendung, während seine zwei Mitstreiter nun darum kämpfen, wer ebenfalls noch das Ticket in die nächste Show erhält. Hans Sigl stellt Fragen, zu denen es jeweils fünf Begriffe zu nennen gilt. Beispiel: Was kannst du über den Notre Dame sagen? Der Kandidat rattert dann alles herunter, was ihm einfällt, während kontinuierlich die Zeit abläuft.

RTL/​Screenshot

Dies wiederum erinnert an das Finale des Klassikers „Ruck Zuck“. Der Clou hier ist allerdings: Mit jedem erratenen Begriff werden nun nicht mehr Sekunden fürs eigene Konto gewonnen, sondern vom Konto des Gegners abgezogen. Der, dessen Sekundenkonto zuerst auf 0 ist, hat die Show verloren. Pro Folge kommen also zwei Spieler in die jeweils nächste Ausgabe und treffen auf einen neuen Herausforderer, bis nach der zwölften Folge, dem Staffelfinale, feststeht, wer endgültig zum „unfassbar schlausten Mensch der Welt“ gekürt wird.

Hans Sigl, den es offenbar vom Schauspiel immer mehr in die Unterhaltung zieht (er moderiert im MDR neuerdings mit Barbara Schöneberger auch die „Starnächte“), agiert als Quizmaster anfangs noch etwas ungelenk, doch im Verlauf des Abends wird er lockerer. Ziemlich überflüssig sind in der Show letztlich aber Pierre M. Krause und Jana Azizi, die nicht als Schiedsrichter fungieren und auch sonst keine richtige Aufgabe haben, außer zwischendurch Fragen an die Kandidaten zu stellen – oder im Falle von Krause hin und wieder kleine Gags und Spitzen einzustreuen. Doch dazu wäre Hans Sigl auch selbst in der Lage gewesen.

Pierre M. Krause und Jana Azizi RTL/​Markus Hertrich

„Der unfassbar schlauste Mensch der Welt“ kommt insgesamt angenehm unaufgeregt daher – sogar ohne künstlich Spannung zu erzeugen, was gerade für RTL ungewöhnlich ist. Das ursprünglich belgische Format ist im Heimatland schon seit 18 Jahren auf Sendung – und erinnert auch ein wenig an britische Quizshows, die mit ebenso reduzierten Showeffekten und wenig Studiopublikum dort zumeist am Vorabend laufen. Ob sich bei RTL zu später Stunde (und erst recht nach dreistündigen „Wer wird Millionär?“-Ausgaben im Vorprogramm) genügend Zuschauer finden werden, die noch bis 0:30 Uhr dranbleiben, wird sich zeigen. In jedem Fall ist es zu begrüßen, dass ein Sender mal wieder ein Format produziert, das explizit für einen Sendeplatz werktags nach 23 Uhr gedacht ist. Die Show ist ein locker-leichter Late-Night-Snack für alle schlaflosen Quizfans, die vor dem Zubettgehen noch ein letztes Mal die grauen Zellen aktivieren wollen.

Zwölf Ausgaben von „Der unfassbar schlauste Mensch der Welt“ laufen vom 1. bis 18. August montags bis donnerstags um 23:20 Uhr bei RTL.

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1961) am

    der titel verspricht viel, sendung hält aber nicht das erwartete ... kann ich gerne darauf verzichten !
    • am via tvforen.de

      Dass die drei Kandidaten schlau sind, haben sie schon dadurch bewiesen, dass sie alle Spiele sofort nach der Erklärung verstanden haben. Ganz im Gegensatz zu den Kandidaten bei "Schlag den Star!". Ich vermute sehr stark, dass ihnen die Spiele schon vor der Sendung ausführlich erklärt worden waren. Ich stand jedenfalls meistens auf dem Schlauch.

      Was hatten eigentlich Pierre M. Krause und die Dame an seiner Seite (den Namen habe ich vergessen – ach ja, Jana Azizi) für eine Funktion? Früher gab es Assistentinnen (selten auch Assistenten) und Jurymitglieder in Quiz- und Spielshows. Aber Leute, die einfach nur herumsitzen und dumme Bemerkungen machen, das ist neu. Wahrscheinlich hatten die beiden gerade einen Leerlauf in ihren Terminplänen.

      Den Tisch, an dem sie saßen, hätte man auch für zusätzliche Spiele nutzen können, in denen die Kandidaten ihre Schläue auch in praktischer Hinsicht hätten beweisen können.

      Abschließendes Urteil: Die Sendung war ganz nett, aber unbedingt sehen musste man sie nicht.
      • am via tvforen.de

        Wie ist es ausgegangen zwischen den beiden verbleibenden Kandidaten?
        • am via tvforen.de

          "Die Geige" kam weiter.
        • am via tvforen.de

          StP schrieb:
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          > "Die Geige" kam weiter.

          Danke :-)
      • am via tvforen.de

        Der gute Mann tut mir jetzt schon leid, egal wie die Sendung wird. Versendung quasi mitten in der Nacht und nach 3 Stunden Jauch. Glaube nicht, das das 'ne gute, ach so heiß geliebten Quote gibt.
        • am

          Welcher Überbegriff passt denn zu: Hans Sigl als Quizmaster, miese Sendezeit und öde klingendes Format? Na? Antwort: Der nächste sichere RTL-Flop!
          Und jeder, der diese Sendung nicht schaut, gewinnt automatisch 4200 Sekunden, die er nicht daran verschwendet hat.
          • am

            O man, RTL zeigt eine weitere Quizsendung und könnte bald den Spitznamen: Quizsender bekommen (Pro7 ist schon der Werbesender und RTL II der Trash-Sender). Hat eigentlich RTL noch nie was von Überdosierung gehört. Immer neue und neue Shows mit anderen Moderatoren. Langsam nervt es nur noch.

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