TV-Premiere im Mai: ‚Speer und Er‘ im Ersten

Heinrich Breloer über Hitlers Lieblingsarchitekten

Jutta Zniva – 06.04.2005

Zuletzt gelang dem mehrfachen Grimme-Preisträger Heinrich Breloer mit dem TV-Dreiteiler „Die Manns – ein Jahrhundertroman“ (ARD/​arte) ein aufsehenerregendes doku-dramatisches Meisterwerk, das bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises zum Ereignis des Jahres 2001 gekürt wurde. Am 9., 11. und 12. Mai 05 zeigt die ARD nun das große dreiteilige Filmprojekt über Albert Speer – Hitlers Lieblingsarchitekten, Rüstungsminister, Kriegsverbrecher, Spandau-Gefangenen und Bestsellerautor.

„Speer und Er“, sagt Breloer im WDR-Interview, sei seine künstlerische Auseinandersetzung mit der düsteren, mörderischen Vergangenheit der NS-Zeit und jenem Mann, dem es lange Zeit trefflich gelang, sich selbst als „guten Nazi“ und Intellektuellen darzustellen: „Man muss sich vor Augen halten, dass es hier um eine der wichtigsten Figuren des ‚Dritten Reiches‘ geht, zeitweilig einen der mächtigsten Männer in Europa. Speer, der Rüstungsminister, dem Millionen Menschen dienen mussten. Wie war es möglich, dass dieser Mensch bei all dem, was unsere Forschung leistet, einer kritischen Betrachtung weitestgehend entgangen ist und den Mythos vom verführten Bürger und Künstler ausbreiten konnte? Diese Legende: Zufällig war ich da, als man einen Architekten suchte, zufällig bin ich Hitler begegnet, der mich sehr geschätzt und gefördert hat. Zufällig war ich da, als man einen Rüstungsminister suchte. Immer war ich zufällig da, eigentlich bin ich von der Vorsehung in diese Geschichte gezwungen worden … und sozusagen unschuldig.“

Co-Autor Horst Königstein erinnert sich im Interview an die persönliche Begegnung mit Speer im Jahr 1981, die für ihn und Breloer erschreckend gewesen sei: „Beunruhigend war, dass er dabei ständig über sich selbst in der dritten Person sprach. Er sprach über den Speer von 1936 als einen Mann, der er zwar auch gewesen war, aber der eine eigene, andere Existenzform gehabt haben musste. Speer konnte sich wirklich – genauso behutsam, wie er sprach – sozusagen selbst auf die Couch legen. Er verschwand und besichtigte sich aus der Ferne. Das muss dieser Mann sehr trainiert haben.“

Die Kosten des sensationellen Projektes mit 160 Schauspielern (in den Hauptrollen Sebastian Koch als Albert Speer und Tobias Moretti als Hitler), 2100 Komparseneinsätzen und aufwändigen Nachbauten historischer Schauplätze belaufen sich auf 12 Mio €.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ich bin auf den Mehrteiler schon gespannt, seitdem es vor längerer Zeit angekündigt wurde. Die letzten Produktionen von Breloer/Koenigstein (Die Manns, Todesspiel) waren ja schon herausragend. Hoffe nur, dass Sebastian Koch nicht überstrapaziert wird. Ich mag ihn zwar sehr, er scheint mir auch gut geeignet; aber Wedels TV-Filme mit "Stammbesetzung" gingen auch irgendwann den Bach hinunter...

    Eine "Vorpremiere" bei ARTE - wie bei "Die Manns" - gibt es diesmal nicht, oder?
    • am via tvforen.de

      Ich werde es mir auch auf jeden Fall anschauen und freue mich schon.

      Besonders gespannt bin ich auf den Teil, der im Spandauer Gefängnis spielt. Speers
      Spandauer Tagebuch (1946-1966) habe ich 2 x gelesen, trotz aller Verachtung gegenüber dem Nazi Speer ein sehr beeindruckendes Buch. Vor allem wie Speer seine Mithäftlinge schildert, z. B. wie Heß, Dönitz usw. das Gefängnis putzen und wie sie sich dabei anstellen, was sie für Fimmel haben, speziell was Heß mit seinen ewigen Krankheits-Simulationen angeht, wie Speer die 20 Jahre bewältigt hat, in dem er imaginäre Reisen unternommen hat, hat mich fast schon fasziniert. Mal sehen, was von dieser Atmosphäre im Film rüberkommt.
    • am via tvforen.de

      ja, der titel könnte besser klingen *grins*
      bin auch schon sehr gespannt auf diesen 3teiler.
      die ersten kritiken die ich im internet gefunden habe waren gar nicht so schlecht.

      homepage zum film: http://www.speer-und-er.de
    • am via tvforen.de

      luckylooser schrieb:
      >
      > die ersten kritiken die ich im internet gefunden habe waren
      > gar nicht so schlecht.
      >
      ja, aber wo hat der Typ von der WELT die letzten 10 Jahre eigentlich gelebt?

      Zitat:

      Es spricht ... für die Kunst des Regisseurs, dass man selbst ohne Vorwissen über Speer und sein typisch deutsches Ringen mit der Vergangenheit ein eindrucksvolles Fernsehen erleben kann.
      ("Das Ende eines Mythos" von Sven Felix Kellerhoff; Die Welt 18. März 2005)

      Äh, dank Guido Knopp dürften Hitlers Helfer mittlerweile populärer sein als die Beatles (sorry, John...).
    • am via tvforen.de

      Private Dogwalker schrieb:

      > Äh, dank Guido Knopp dürften Hitlers Helfer mittlerweile
      > populärer sein als die Beatles (sorry, John...).

      :-))
  • am via tvforen.de

    Wie gefällt euch eigentlich der Titel? Schon klar, dass der auf die "gespaltene" Persönlichkeit Speers anspielt, aber für mich klingt die Formulierung seltsam abstoßend. Als wäre das eine Teenie-Klamotte, in der ein pubertierender Architekt in spe(er) plötzlich mit der Tatsache konfrontiert wird, dass sein Schniedel zu ihm spricht. Stimme des besten Stückes: Otto Waalkes.

    kann mich irgendwie nicht damit anfreunden...
    • am via tvforen.de

      Ja, der Titel hat was Klamottenhaftes, Marke "Lustspiel in 3 Akten. Es spielt die Bayerische Volksbühne".
      Ich dachte bislang übrigens immer mit "Er" sei Hitler gemeint...
    • am via tvforen.de

      Der Titel ist wahrscheinlich doppeldeutig angelegt. Hitler als "Er" und "Er - Speer", der von sich in der dritten Person gesprochen hat.

      Im Englischen heißt Breloers Filmprojekt übrigens "The Devil's Architect". In dieser Version ist definitiv keine Schniedel-Interpretation möglich! :-)
    • am via tvforen.de

      > Im Englischen heißt Breloers Filmprojekt übrigens "The
      > Devil's Architect". In dieser Version ist definitiv keine
      > Schniedel-Interpretation möglich! :-)

      Warum hat man dann nicht einfach 'Des Teufels Architekt' als deutschen Titel genommen? Klingt doch gut.

      Ich glaube ich werde die Logik bei der Auswahl von deutschen Titel nie verstehen.

      mfg
      Brooklyn
    • am via tvforen.de

      Da es sich um eine deutsche Produktion handelt, haben sich die Amerikaner diesmal nicht an den deutschen Originaltitel gehalten und nicht umgekehrt. Obwohl ich zugeben muß, daß mir der englische Titel auch besser gefällt
    • am via tvforen.de

      Ich würde mal sagen das der Titel "Des Teufels Architekt" einfach nicht aussagekräftig ist und schon garnicht zum Inhalt passt.

      Es geht ja um eine Auseinandersetzung mit der Person des Albert Speers. War er nun beeinflust von "Er" alias Hitler. War er nur unterwürfiger Speichellecker oder stimmt es das er, wie von ihm behauptet, Attentate auf Hitler vorbereitet hat.

      Und mit einer Vorverurteilung als "Teufels Architekt" braucht man keine 3 Teile und keinen Dokumentar/Spielfilm-Mix um den Zuschauer ein umfassendes Bild zu bieten.

      Breloers Filme kann man eigentlich eher mit Bilder beschreiben. Er trägt sehr viele einzelne Stimmen durch die Interviews und Beobachtungen zusammen und schneidet diese zu den nachgedrehten Spielszenen. Das kann man mehr als Coulage beschreiben. Am Ende bestärkt sich dann das Bild das Albert Speer nicht der unbeteiligte Nazi war als den er sich zuletzt so vehement darstellte.

      Ich hab mir während der Dreharbeiten von Speer und Er genügend Gedanken über den Titel machen können (ja ich war dabei) und finde das der Titel einwandfrei passt.
    • am via tvforen.de

      Mich würde es sehr interessieren, wenn du von den Dreharbeiten hier ein bisschen erzählen könntest. Ich wäre SEIT JAHREN einmal gern dabei, wenn Breloer filmt. So habe ich bis jetzt nur die phantastisch nachgebaute Thomas Mann-Villa sehen können. Das war schon sehr beeindruckend!
    • am via tvforen.de

      ja, erzähl doch mal. mich würde das auch sehr interessieren.
      stimmt es, daß breloer keine presse am set geduldet hat?
      man hat da ja einiges drüber gehört...

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