Interview mit Oliver Kalkofe zum „Gernsehclub“

von Gian-Philip Andreas

Gian-Philip Andreas
Gian-Philip Andreas – 09.06.2010

Es gibt also zwei Zielsetzungen: Einerseits das Fernsehen selbst zum gemeinschaftlichen Event zu machen, andererseits betont gutes Fernsehen zu zeigen, für das bei den Sendern sonst kein oder zu wenig Platz ist?

OK: Auf jeden Fall. Gute Sachen sind sowieso das Wichtigste daran. Oli Welke ist heute wieder einmal da, Bastian Pastewka war schon mal da, wir haben immer irgendwelche Gäste, Synchronsprecher, jemanden, der da schon mal mitgespielt hat oder eben Leute, die richtige Fans sind, so wie ich bei „Mit Schirm, Charme und Melone“. Weil ich mich da richtig auskenne. Es muss immer was sein, bei dem wir sagen: Das wollen wir mal wieder sehen oder Leuten zeigen. Wir zeigen hier nicht irgendeinen Scheiß, der sowieso läuft und uns auch sonst nervt, sondern nur das, was uns auch selber Spaß macht.

Es gibt angeblich auch Wunschfilme. Kann da jedes Clubmitglied Wünsche äußern oder nur die prominenten Gäste?

OK: Sowohl als auch. Meistens versuchen wir aber, irgendeinen Paten zu kriegen. Ich sag dann zum Beispiel: Ok, pass auf, in den nächsten drei Monaten habe ich noch drei Mittwochabende frei, buchen wir die mal, und dann gucken wir, was wir da machen. Das ist die eine Herangehensweise. Die andere ist: Es gibt was Aktuelles. Wie heute „Little Britain USA“. Die DVD ist endlich raus, deshalb machen wir einen „Little Britain“-Abend und präsentieren die DVD – und eben auch noch mehr. Oder „OSS 117“ …

 … diese jüngst als Parodie wiederaufgelegte französische Bond-Variante, die es schon in den Sechzigern gab?

OK: Genau, die zeigen wir beim nächsten Mal. Den Film habe ich synchronisiert. Der kommt nie ins Kino, deshalb machen wir eben hier so eine kleine Premierenfeier für uns selber. Da gibt’s ja schon einen Teil, da habe ich auch die Synchro gemacht. Und gerade habe ich den zweiten Teil fertiggestellt. Den gucken wir uns dann an.

OSS 117 – Er selbst ist sich genug!Koch Media GmbH
Der Gernsehclub ist also auch ein bisschen Promo?

OK: Eine Mischung. Man muss wissen: Das ist hier keine Geld-Verdien-Veranstaltung, sondern eine Spaßveranstaltung, und wir sind darauf angewiesen, dass die Firmen das erlauben und vielleicht ein paar Dinger sponsern, damit wir hier auch was verschenken können. Deswegen nehmen wir hauptsächlich Sachen, bei denen es entweder gerade einen Anlass gibt – dann ist das einfacher, weil es auch was Aktuelles dazu zu berichten oder zu tun gibt – oder eben Geschichten, bei denen wir wissen, dass wir auch unterstützt werden. Wir haben bisher noch nicht wirklich Abende mit Sachen gemacht, die wir selber aufgenommen haben. Obwohl … Einmal hat Frank Zander Sachen aus seinem alten Archiv mitgebracht. Das war ein superlustiger Abend. Wir habe eine alte Folge „Plattenküche“geguckt, „Vorsicht, Musik“ und alte „Hitparaden“-Auftritte, und er hat dann live dazu Hinter-den-Kulissen-Geschichten erzählt. Das war schweinelustig.

Scheint bei Euch ja ziemlich viel möglich zu sein.

OK: Grundsätzlich wollen wir hier bloß gemeinsam fernsehen, aber wir haben ganz viele Ideen: Es soll mal einen Cartoon-Abend geben, wo es Tex Avery und andere kleine Filme gibt. Oder kleine Highlights aus Geschichten, die man aufgenommen hat. Bastian zum Beispiel, der viele Sachen sammelt, würde gern mal so einen Abend machen. Meistens bleibt die Frage: Was kriegt man, was macht man, was können wir vorbereiten, was klappt irgendwie? Aber wir probieren immer wieder was Neues aus.

Habt ihr denn die Fernbedienung in der Hand und könnt unterbrechen und kommentieren?

OK: Könnten wir theoretisch, aber nur, wenn es Sinn macht. Wenn man sieht, wie bei der Frank-Zander-Sache, es lohnt sich, dann können wir auch live kommentieren. Aber mir persönlich, wenn ich das mitmache, ist es schon wichtig, dass man in Ruhe fernsieht. Es nervt ja, wenn man was Gutes sehen will, das einen interessiert, und Leute quatschen rein – anders als bei „Mystery Science Theater 3000“, wo wir Kommentare zu einem murksigen Film abgegeben haben. Das ist wieder eine andere Sache, da liegt der Spaß dann gerade darin. Ansonsten wollen wir die Filme so zeigen, wie sie sind, und ich werde auch immer sauer, wenn der Abspann hinten abgeschnitten wird. Ich sag dann immer: Stehen lassen! Wenigstens. Dann reden wir drüber. Nicht abwürgen! Ich werde dann fuchsteufelswild. Für mich gehört der Abspann genau so zum Film wie der Vorspann und alles andere.


Am heutigen Abend bleibt der Vorspann der „Little Britain“-Folgen unabgewürgt. Kalkofe und Welke sitzen selbst mit im Rund an kleinen Couchtischchen und zeigen sichtliches Vergnügen am selbstsynchronisierten Unsinn. Besonders als in „Little Britain USA“ der Sketch mit den beiden Bodybuildern kommt, deren mikroskopisch kleine Penisse unlängst bei der Ausstrahlung auf „Comedy Central“ verschämt weggepixelt wurden: „Dabei haben wir uns solche Mühe gegeben, diese Penisse zu synchronisieren.“

Zwischen den Episoden werden DVD-Boxen verlost an Leute, die mit nerdigem Insiderwissen punkten können und Fragen beantworten wie jene nach dem Erzähler der Originalversion (Tom „Dr. Who“ Baker) oder nach dem Alter seines deutschen Pendants Friedrich Schoenfelder (93). Und die echten „Gernsehclub“-Veteranen demonstrieren ihr taktisches Geschick: Sie holen sich bereits ein paar Minuten vor der Pause (nach der zweiten Folge) ihren Nachschub an Hot Dogs und Gummibärchen. Um die Schlangen zu vermeiden. Irgendwann ist das Menü dann aber trotzdem leergeräumt. Viele gehen mal kurz raus, für eine Zigarette in lauer Kreuzberger Luft.



Der Gernsehclub ist meistens hier in Berlin, geht aber gelegentlich auch auf Tour. Ist das dann genau so wie hier, nur eben woanders?

OK: Von der Art her ist das das Gleiche. Wir haben mal auf dem Verkaufsgelände von Mini einen „Monty-Python“-Abend gemacht, weil es England-affin war und super passte. Dann gab’s in Frankfurt zum Beispiel mal einen „Die Simpsons“-Abend mit dem „Simpsons“-Zeichner Phil Ortiz. Aber eigentlich ist der Club in Berlin. Es bleibt ja vor allem immer die Frage, was man vom Aufwand her machen kann.

„Little Britain“ habt Ihr sozusagen nach Deutschland geholt. Das war vor Eurer Synchronisation hier ja gar nicht zu haben. „Mystery Science Theater 3000“ hast du auch schon genannt. Guckst du gezielt britische oder amerikanische Comedy? Wie bleibst du auf dem Laufenden?

OK: Ich gucke momentan ohne Ende Serien aus England und Amerika. Da gibt es ja so großartige Geschichten, nicht nur im Bereich Comedy. Aber ich komme überhaupt nicht hinterher: Meine Schränke sind voll mit eingeschweißten DVD-Boxen von Serien, von denen ich nur weiß: Oh, die sollen ganz toll sein und ich muss endlich hinterherkommen – weil ich nur wenig Zeit habe und immer nur abends spät gucken kann. „Little Britain“ machen zu können, war daher natürlich ein großer Spaß, weil ich schon vorher Fan war. Und ich habe auch nichts gegen Synchronisation, im Gegenteil. Tolle Synchronisationen sind super, wir sind ja alle damit aufgewachsen. Die alten Sachen von früher kann ich mitsprechen mit den deutschen Texten. Die möchte ich auch immer nur so hören. Das gehört dazu, das ist ein Stück Kindheit.

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