The Crown – Review

Netflix-Mammutproduktion besticht mit Detailreichtum und überragenden Darstellern – von Jana Bärenwaldt

Rezension von Jana Bärenwaldt – 06.11.2016, 15:20 Uhr

Elizabeth (Claire Foy) und Philip (Matt Smith)

Wenn die Geschichte vom britischen Königshaus, oder genauer gesagt das Leben von Elizabeth ll., als Serie verfilmt wird dann erscheint es sinnvoll, dass auch eine britische Produktion hinter dem Projekt steht. Im Fall von „The Crown“ ist dies nun geschehen, die Idee stammt von Peter Morgan, der beispielsweise auch für den Historienfilm „The Queen“ aus dem Jahre 2008 verantwortlich zeichnet. Anders aber als der Film, beschäftigt sich die Netflix Original Produktion vornehmlich mit den jungen Jahren von Elizabeth und den Widrigkeiten, mit denen sie als junge Frau und Thronerbin zu kämpfen hat.

Die Handlungsabfolge zu Beginn ersten Folge der Staffel ist flott. Kurz wird uns der stotternde König George der Vl. (Jared Harris, „Mad Men“) vorgestellt, der an einer schweren Lungenerkrankung leidet.

Nichtsdestotrotz geht er weiterhin seinen Pflichten als König nach, und verleiht dem Verlobten seiner ältesten Tochter Elizabeth (Claire Foy, „Crossbones“), Philip (Matt Smith, „Doctor Who“), einen Titel. Während Elizabeth dem Treiben gebannt zusieht, zeigt sich Philip von den neuen Würden recht unbeeindruckt. Er raucht eine Zigarette, obwohl es Elizabeth missfällt, und auch sonst macht sein Auftreten schnell deutlich, dass er in der Beziehung der dominante Part ist. Bereits hier wird das Konfliktpotenzial des Paares deutlich, da sich der Zuschauer instinktiv fragt, wie er seiner Zukünftigen als Königin begegnen wird. Noch wirkt Elizabeth schüchtern und passiv, was auch in der nachfolgenden Szene deutlich wird, in der bereits die Hochzeitsglocken läuten. Unsicher blickt die Königstochter Philip aus ihren großen Augen an, als sie ihm Liebe und Gehorsam verspricht.

An dieser Stelle folgt leider ein Zeitsprung um 12 Monate, wobei dem Zuschauer die frühen Tage der Ehe mit keinem weiteren Wort erläutert werden, sowie ein weiterer dreijähriger Zeitraffer in wenigen Bildern. So werden dem Zuschauer die Eheleute Elizabeth und Philip präsentiert, die mittlerweile 2 kleine Kinder (Charles und Anne) haben. Da es in der ersten Staffel von „The Crown“ vornehmlich um Elizabeths Thronbesteigung gehen soll, ist dieser Zeitsprung zwar einerseits sinnvoll, sorgt jedoch für unnötige Verwirrung. Zudem ist es schade, dass vier Ehejahre in wenigen Sekunden abgehandelt wurden, und dem Zuschauer so die Chance genommen wird, eine sofortige Bindung zu den Figuren aufzubauen.

Schwer wiegt der Kopf, der die Krone trägt: Elizabeth (Claire Foy)
König George befindet sich einem zunehmend kritischen Zustand und muss sich schließlich einer Operation unterziehe, bei dem ihm der linke Lungenflügel entnommen wird. Aber auch Premierminister Winston Churchill (John Lithgow, „Dexter“) hat mit altersbedingten Gesundheitsproblemen zu kämpfen.

Es wird ein Bruch zwischen den Generationen deutlich. Auf der einen Seite stehen der geschwächte König und der Premierminister, die von ihren lange Amtszeiten und den Kriegsjahren mürbe gemacht wurden. Auf der anderen Seite stehen Elizabeth und Philip, die zwar jung aber gänzlich unerfahren in Regierungsgeschäften sind. Philip, der eigentlich bei der Navy in Malta eine hohe Postion bekleidet, stürzt sich voller Eifer in die Renovierung ihres Hauses, was Elizabeth mit gemischten Gefühlen beobachtet. Er erscheint als ein Mann, der immer die Kontrolle haben muss, und der mit seiner derzeitigen Lebenssituation unausgefüllt ist. Zudem bahnt sich ein weiterer Konflikt im Königshaus an. Elizabeths jüngere Schwester Margaret (Vanessa Kirby, „Charles Dickens’ Große Erwartungen“„) hat eine Affäre mit Peter Townsend (Ben Miles, „Coupling“), einem engen Vertrauten des Königs. Elizabeth mit ihren hohen moralischen Ansprüchen ist die Affäre gar nicht recht und ermahnt die jüngere Margaret zur Vorsicht.

Ist die erste Folge in ihrem Erzähltempo nach dem frühen Zeitraffer im zweiten Teil dann wieder sehr behutsam, so spitzen sich die Ereignisse in der zweiten Folge dramatisch zu und nehmen den Zuschauer emotional noch stärker mit. Elizabeth und Philip haben sich auf die Reise durch den Commonwealth gemacht, während König George in London verbleibt und sich mit dem Gedanken eines baldigen Dahinscheidens anfreunden muss.

Elizabeth nimmt ihre neuen Pflichten als Repräsentantin sehr ernst, während Philip sich wenig begeistert zeigt und bei einem Treffen mit einigen Stammeshäuptlingen in Afrika eher unangenehm auffällt. Im finalen Handlungsbogen der Folge erfährt Elizabeth kurz vor ihrer Rückkehr nach England vom Ableben ihres Vaters, was zugleich bedeutet, dass sie mit gerade einmal 25 Jahren die Last der Krone wird tragen müssen. Auch für Philip bedeutet die Nachricht eine große Umstellung. Auf einmal muss er, der stolze Mann ein paar Schritte hinter seiner Frau hergehen – denn das Privileg direkt neben ihr, der Königin, zu gehen gebührt ihm nun nicht mehr. Was für ein großer Druck auf Elizabeth lastet, macht vor allem ein Brief ihrer Großmutter deutlich, in dem sie schreibt, dass sie nicht nur ihren Vater, sondern auch ihr altes Ich beerdigen müsse. Die Krone würde nun immer an erster Stelle für sie stehen und jegliche persönliche Belange würden damit zweitrangig werden.

Mit „The Crown“ hat Netflix seine bisher teuerste Eigenproduktion realisiert – und die Investitionen haben sich gelohnt. Die historische Dramaserie besticht vor allem durch ausnahmslos brillante Schauspieler, dabei sind vor allem die Darsteller von Elizabeth, Philip und Churchill hervorzuheben. Durch das großzügig angelegte Konfliktpotenzial der Figuren kann man zudem nur optimistisch auf die nächsten Folgen blicken. Allerdings sollte angemerkt werden, dass die Serie keineswegs leicht-unterhaltende Kost ist. Die Stärken von „The Crown“ liegen vor allem in den feinen Details, wie den aussagekräftigen Mimiken und Dialogen, in denen die Möglichkeit genutzt wird, so viel auszusagen, auch wenn überhaupt nicht gesprochen wird. Darum ist es unmöglich die Dramaserie nebenbei im Hintergrund laufen zu lassen, wenn man nicht das Wesentliche verpassen will. Fans von britischen TV-Produktionen werden hier auf jeden Fall voll und ganz auf ihre Kosten kommen, denn hier wurde eine Serie produziert, die mit Fug und Recht den Titel „Quality-TV“ für sich beanspruchen kann.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie.

Meine Wertung: 4,5/​5

Jana Bärenwaldt
© Alle Bilder: Netflix

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