Resurrection – Review

TV-Kritik zur Rückkehr der lebenden Toten – von Marcus Kirzynowski

Marcus Kirzynowski
Rezension von Marcus Kirzynowski – 31.03.2014, 10:21 Uhr

Was passiert, wenn Tote plötzlich wieder ins Leben und zu ihren Angehörigen zurückkehren?

Ausgerechnet das zeitlose Thema Auferstehung ist aktuell einer der heißesten Trends im internationalen Fernsehgeschäft. Mindestens drei Serien, in denen die Toten ins Leben zurückkehren, sind zurzeit alleine in den USA in Arbeit oder schon gestartet. Eine davon ist das amerikanische Remake der französischen Serie „The Returned“, mit der Canal+ 2012 für Aufsehen sorgte. Das im März auf ABC angelaufene Drama „Resurrection“ ist das aber nicht, obwohl es wiederum auf dem Roman „The Returned“ von Jason Mott basiert und auch die erste Folge den gleichen Titel trägt. Ansonsten habe ihre Serie aber nichts mit der französischen zu tun, versichern die Macher, sie hätten sich diese nicht einmal angeschaut. Dabei ist die Grundidee die gleiche und auch sonst sind die Parallelen auffällig, aber vielleicht liegen diese bei solch einem universellen Thema auch einfach auf der Hand.

„Resurrection“ beginnt mit einer beeindruckenden Szene: Ein achtjähriger weißer Junge erwacht in einem Reisfeld und hat keine Ahnung, wie er dorthin gekommen ist. Als die Kameraeinstellung sich erweitert, sehen wir ein Bergpanorama und fremdländisch anmutende Vegetation – Amerika scheint dies nicht zu sein. In einem Dorf trifft der kleine Jacob auf Menschen; es sind Chinesen, keiner spricht Englisch. Einige Tage später bricht J. Martin Bellamy (Omar Epps), ein Agent der US-Zoll- und Immigrationsbehörde auf, um den Jungen nach Arcadia, einer Kleinstadt in Missouri, zu bringen. Da Jacob nicht spricht, ist der Name des Sportteams auf seinem T-Shirt der einzige Hinweis darauf, dass Arcadia seine Heimatstadt sein könnte. Dort angekommen, erkennt Jacob sofort sein Elternhaus. Konfrontiert mit der Frage, ob er einen etwa achtjährigen Sohn habe, fragt der Hausbesitzer, Henry Langston (Kurtwood Smith), ob Bellamy sich einen schlechten Scherz erlaube. Sein Sohn sei vor 32 Jahren ertrunken. Trotzdem erkennt Jacob den Rentner sofort als seinen Vater und auch Henrys Ehefrau Lucille (Frances Fisher) traut ihren Augen nicht.

Der Junge sieht aber nicht nur exakt so aus wie der verstorbene Jacob, wie alte Fotos beweisen, sondern erinnert sich auch genau an alles, was vor drei Jahrzehnten geschah – an die Zeit danach hat er hingegen keinerlei Erinnerung. Während Lucille schnell bereit ist, bedingungslos zu akzeptieren, dass ihr geliebter Junge ihr zurückgegeben wurde, ist Henry deutlich distanzierter. Und auch auf andere Einwohner der Kleinstadt hat die unerklärliche Rückkehr emotionale Auswirkungen. Unterdessen versucht Bellamy herauszufinden, was wirklich passiert ist. Und es dauert nicht lange, bis der zweite Tote wieder höchst lebendig vor der Tür steht.

Francis Fisher und Kurtwood Smith als Eltern von Jacob.

Was an „Resurrection“ zunächst überrascht, ist die Langsamkeit und Ernsthaftigkeit, mit der Serienschöpfer Aaron Zelman seine Geschichte entfaltet. Das hat man so in aktuellen Produktionen der großen US-Networks schon lange nicht mehr gesehen, in denen schon seit Jahren alles auf vordergründige Effekte und oft künstliche Dramatik gebürstet wird, um auch ja keine Zuschauer zum Abschalten zu bewegen. Das gedrosselte Tempo erinnert hier schon fast an die gefeierten „Qualitätsserien“, mit denen Kabelsender wie HBO oder AMC von sich reden machen. Actionszenen sucht man hingegen in der Auftaktfolge vergeblich, erst in der zweiten gibt es eine ganz kurze. Deutlich mehr als für die übernatürlichen Elemente ihrer Erzählung – die Fragen des Wie, Woher und Warum – interessieren sich die Autoren für die emotionalen Konsequenzen – das „Was wäre, wenn“. Wie reagieren die Angehörigen, wenn ihre vor Jahren gestorbenen Kinder, Elternteile oder Freunde plötzlich wieder vor ihnen stehen? Und was löst es in den Rückkehrern selbst aus, wenn sie erfahren, dass sie tot waren? Auch das ist eine starke Ähnlichkeit zu „The Returned“.

Im Gegensatz zu dessen kleinem Victor sind Jacobs Eltern noch am Leben. Zum Glück, nicht nur für den Jungen, sondern auch für uns Zuschauer. Sie sind nämlich mit hervorragenden Schauspielern besetzt, deren Gesichter man aus zahlreichen, meist kleineren TV- und Filmrollen kennt, ohne sie immer konkret zuordnen zu können. So war Kurtwood Smith etwa der strenge Vater des jungen Robert Sean Leonard im „Club der toten Dichter“, aber auch einer der Väter in „Die wilden Siebziger“. Francis Fisher war in Filmen wie „Erbarmungslos“ oder „Titanic“ zu sehen. Es ist großartig, beide endlich einmal in Serienhauptrollen zu erleben. Mit ihrem leisen, zurückgenommenen Spiel werten sie die Serie deutlich auf, die auch sonst überzeugend besetzt ist (etwa mit Kinderdarsteller Landon Gimenez). Der als Identifikationsfigur dienende Omar Epps („Emergency Room“, „Dr. House“) bleibt bisher noch am blassesten. Als Eye-Candy ist Devin Kelley als junge Ärztin Gail (und Jacobs Tante) dabei, die aber nicht so übertrieben attraktiv wirkt wie die Schauspielerinnen in vielen anderen neueren Network-Serien.

Was „Resurrection“ im Vergleich zu „The Returned“ fehlt, ist die unwirklich-entrückte Atmosphäre der abgeschiedenen Alpengemeinde. Arcadia wirkt deutlich normaler, geerdeter, eben wie eine typische US-Kleinstadt im Mittleren Westen. Die faszinierenden Bilder und mystische Grundstimmung der Franzosen erreichen die Amerikaner deshalb nicht. Etwas unglaubwürdig wirkt zudem, dass die Angehörigen gar nicht erst versuchen, die Auferstandenen zu verstecken, sondern sie gleich mit zum Fußball oder in die Kirchengemeinde nehmen. Solche Prämissen glätten die Serie unnötig ab. Sonst machen die Produzenten um die Showrunner Michele Fazekas und Tara Butters aber vieles richtig. Sie verlieren sich bislang weder in religiösem Kitsch noch in oberflächlichen Konflikten, sondern beleuchten einfühlsam und nachvollziehbar die widerstreitenden Gefühle ihrer Protagonisten. Stellvertretend für die Zuschauer müssen sich diese die Frage stellen, ob sie die Trauer um ihre verstorbenen Liebsten verraten, wenn sie die Rückkehrer akzeptieren. Über die Masse der aktuellen Networkdramen ragt die Serie damit in Anspruch und Umsetzung meilenweit hinaus.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Episoden von „Resurrection“.

Meine Wertung: 4/​5

Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: ABC

Über den Autor

Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit „Ein Colt für alle Fälle“, „Dallas“ und „L.A. Law“ auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für fernsehserien.de und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Emergency Room, The West Wing

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