TV-Kritik: „Promi Big Brother“ 2016: Wie man ein Format an die Wand fährt

Sexismus, mangelnde Kreativität und schlechte Umsetzung

Glenn Riedmeier
Rezension von Glenn Riedmeier – 14.09.2016, 17:45 Uhr

Bewohner Frank musste in der Kanalisation einen Tag als Ratte verbringen – Bild: Sat.1
Bewohner Frank musste in der Kanalisation einen Tag als Ratte verbringen

Die vierte „Promi Big Brother“-Staffel nähert sich dem Finale am kommenden Freitag. Und als Glanzleistung wird diese mitnichten in die TV-Geschichte eingehen. Nach einem noch recht ordentlichen Start fiel die Reichweite konstant unter zwei Millionen Zuschauer. Am Montag belief sich der Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe auf maue 11,3 Prozent – der bisherige Tiefpunkt.

Sat.1 und Endemol werden sich momentan vermutlich am Kopf kratzen und nicht so recht verstehen, warum es in diesem Jahr nicht so gut läuft wie in den vergangenen zwei Jahren, als man mit Leichtigkeit noch durchschnittlich 2,92 Millionen bzw. 2,37 Millionen Zuschauer erreichte. Die Antwort ist naheliegend und dennoch etwas komplexer: Die Schuld trifft dabei gar nicht so sehr die Auswahl der Bewohner, Sat.1 verließ sich konzeptuell schlichtweg zu sehr auf die Zutaten der zurückliegenden Staffeln. Man drehte nur an ganz kleinen Stellschrauben, so dass „Promi Big Brother“ 2016 letztendlich eine Wiederholung der Vorjahre ist.

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Da spielt es auch keine Rolle, dass aus dem Keller diesmal eine eklige Kanalisation wurde. Das althergebrachte Prinzip „Arm gegen Reich“ wurde einmal mehr wiedergekäut und führt gerade unter langjährigen „Big Brother“-Fans zu Ermüdungserscheinungen. In der täglichen Liveshow erfahren die Zuschauer trotz großzügiger Länge von rund 90 Minuten erschreckend wenig vom Tagesgeschehen. Zu viel Zeit geht drauf für den unausgegorenen Mix aus Hoch- und Runterwahl, Nominierung und Rauswahl, Duschszenen, verzichtbare Kurzauftritte von Désirée Nick und Aaron Troschke sowie Billigmatches im Studio. Hier wäre eine ganz simple Tageszusammenfassung ohne aufgebauschte Show, wie man sie aus den normalen „Big Brother“-Staffeln kennt, um einiges aufschlussreicher und sehenswerter. Einem Trauerspiel gleicht auch die Leistung von Jochen Schropp, der lediglich seine Moderationstexte vom Teleprompter abliest und ausgeschiedene Bewohner innerhalb von zwei Minuten abfertigt. Ein ausführliches Interview, um offene Fragen zu deren Aufenthalt im Haus zu klären, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, doch das ist anscheinend nicht im Sinn der Macher.

Das fehlende Gespür für ein sehenswertes „Big Brother“ betrifft allerdings nicht nur die Liveshow, sondern auch die Umsetzung allgemein. Mittlerweile ist es so weit gekommen, dass sich einige prominente Bewohner nichts sehnlicher wünschen, als endlich aus dem Haus gewählt zu werden, weil sie sich dermaßen langweilen. Spätestens das sollte ein ernstzunehmendes Alarmsignal für die Verantwortlichen sein. Man darf die Bewohner nicht einfach sich selbst überlassen, sondern muss gekonnt Impulse setzen – sei es in Form von Wochenaufgaben, psychologischen Spielchen, Wissensmatches oder auch geheimen Challenges. Dinge, die es in der Vergangenheit bereits in solider Ausführung gegeben hat und die im Ausland nach wie vor an der Tagesordnung von „Big Brother“ sind. Erst durch ausgeklügelten Input öffnen sich die Bewohner und geben bislang verborgene Charaktereigenschaften von sich preis. Parallel ergeben sich interessantere Gespräche und neue Gruppenkonstellationen. Es ist schlichtweg bedauernswert, dass sich Sat.1 diverse prominente Bewohner einiges hat kosten lassen – der kontroverse Ben Tewaag erhielt für seine Teilnahme eine sechsstellige Gage – und dafür offenbar am falschen Ende, nämlich an der Umsetzung der Staffel, gespart hat. So wurde einiges Potential, das viele Bewohner mitbrachten, verschenkt, weil die nötigen Trigger gefehlt haben.

Stattdessen wird gerade in der Zusammenarbeit mit der BILD-Zeitung deutlich, worauf die Verantwortlichen viel mehr den Fokus gelegt haben: Liebeleien, nackte Brüste und Popo-Klatscher. Derart schmuddelig hat sich schon lange keine Staffel mehr angefühlt. Sat.1 war sich nicht zu schade, bei der transsexuellen Ex-Bewohnerin Edona James als fragwürdige Musikuntermalung Titel wie „Manboy“ und „Whatta Man“ einzuspielen. Auf der Promi-BB-Website wurde gar ein eigener „Duschclips“-Bereich eingeführt. Die Berichterstattung in der BILD tut ihr Übrigens und ist an abartigem Sexismus kaum zu überbieten. „Auch ihren aufgespritzten Hintern zeigt Jessy gern [ …] Sonst hätte sich das „Bachelor“-Babe ja ganz umsonst das Fett vom Bauch in den Hintern spritzen lassen“ ist dort etwa zu lesen – bebildert mit dazugehörigen Screenshots. Doch dieser Voyeurismus verhalf Sat.1 nicht zu besseren Quoten, sondern bewirkte letztendlich das Gegenteil.

Man darf gespannt sein, ob Sat.1 und Endemol aus diesen Fehlern lernen werden und sich eventuell mal an der Umsetzung von „Celebrity Big Brother“ in Großbritannien orientieren, wo andere Akzente gesetzt werden. Einen ausführlichen Vergleich hat wunschliste.de bereits vor einiger Zeit gezogen. Denn – und auch das zeigt leider die Vergangenheit – die Verantwortlichen werden stets erst dann aktiv und ziehen ein Umdenken in Betracht, wenn die Lage ernst wird – also die Quoten ins Bodenlose fallen. So weit ist es zwar noch nicht gekommen, doch Erfolg sieht anders aus.

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist seit Anfang 2013 als Journalist bei fernsehserien.de tätig und dort vorrangig für den nationalen Bereich zuständig. Er schreibt News rund um das aktuelle Fernsehgeschehen und verfasst Kritiken, vor allem zu relevanten Starts aus der TV-Unterhaltung. Darüber hinaus führt er Interviews mit bekannten TV-Persönlichkeiten. Unter anderem sprach er bereits mit Bastian Pastewka, Jürgen Domian, Stephanie Stumph, Fritz Egner, Jochen Bendel, Beatrice Egli, Collien Ulmen-Fernandes, Carolin Kebekus und Torsten Sträter. Des Weiteren verfasst er zu besonderen Anlässen wie Jubiläen von TV-Sendern oder -Formaten ausführliche Rückblicke und Specials – aus einem nostalgischen und zugleich kritisch-informierten Blickwinkel. Schon seit frühester Kindheit war der 1985 geborene Münchner vom Fernsehen fasziniert. Am Wochenende stand er freiwillig früh auf, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Seine Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben. Darüber hinaus begeistert er sich für Gameshows wie „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“ und ist mit hoher Expertise gleichzeitig Fan und kritischer Beobachter der deutschen Schlagerwelt. Auch für Realityformate wie „Big Brother“ und „Die Verräter“ hat er eine Ader – auf rein krawalliges Trash-TV kann er dagegen verzichten. Im Comedy-Bereich begeistert er sich vor allem für Sitcoms, Stand-up-Comedy und Late-Night und hält diesbezüglich auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den USA offen.

Lieblingsserien: Meister Eder und sein Pumuckl, Eine schrecklich nette Familie, Twin Peaks, 24

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1966) am

    das das überhaupt noch so viele schauen. bb WAR mal anschaubar... vor 10-15 jahren ganz am anfang (Zlatko)
    • am

      ich fand Promi BB nicht schlecht aber die elend langen Werbepausen nerven gewaltig und deshalb wird jede Sendung um ne halbe Stunde überzogen. Da es mein Recorder auch nicht automatisch verlängert, habe ich die Zeiten bis 0.00 Uhr manuell eingegeben. Dann lief es perfekt. Die Ochsenknecht, saß nur die Zeit ab, Gesicht wie eingemeißelt, ebenso Cathy. Das die viel nachzudenken hat, ist verständlich bei dem Mann. Der Basler sah sich von Anfang an als Sieger. Hab ich gelacht, als der raus flog. Unsympathischer Mensch, eben alter Fußballer. Ich finde Ben hat´s verdient, er brauchte unbedingt mal was Positives in seinem Leben. Mir war er durchweg sympathisch. Isa war genau so unmöglich wie ihre Serienrolle. Da hat sie wohl sich selbst gespielt. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr. Langweilig fand ich es nicht. Ich mag ewige Zickereien und Streitereien eh nicht.
      • (geb. 1955) am

        Was will man von einem Sender erwarten, der nicht mal die kleinsten technischen Dinge zustande bringt!?
        Jede Sendung wird heil los überzogen, aber Sat1 bringt es nicht fertig, die entsprechenden Meta Daten an zu passen, so das mein Rekorder entsprechend darauf reagieren könnte und die Aufnahme verlängert. Bei anderen Sendern ist das kein Problem.
        • am

          Das ist nicht Promi-Big-Brother sondern Proleten-Big-Brother !!!!
          Hauptsächlich durch Ochsenknecht ( ein falsches Luder) sowie Basler und Teewag
          • (geb. 1975) am

            ich gucks nicht mehr , finde das nur noch daneben
            • am

              also, so schlecht finden wir die Staffel gar nicht. Die Spiele sind jetzt leider nicht wirklich so spektakulär, aber gerade der Mix aus Hoch- und Runterwahl, Nominierung und Rauswahl stimmt meiner Meinung nach. Auch toll, dass der Live Stream für die zwei Wochen nur 0,99 Euro kostet :-)
              Auf Désirée Nick und Aaron Troschke kann ich allerdings auch absolut verzichten.
              • am

                Schade, dass Isa raus ist, ich fand sie gut. Hab jetzt gar nicht mehr so wirklich eienen Favoriten. Allgemein finde ich diesmal die Staffel langweilig. Und warum wird immer die Sendezeit von 22.15h bis 23.15h angegeben, wenn es doch jedesmal bis 23.50h geht, dann sollte man es bei den Sendezeiten auch so angeben.
                • am

                  Guckt das eigentlich noch jemand ?

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