„Herr der Ringe“: Amazon-Serie kehrt Neuseeland eiskalt den Rücken

Umzug nach UK trotz 100-Millionen-Dollar-Steuergeschenk

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 13.08.2021, 11:21 Uhr

Das erste und bisher einzige Teaser-Bild zu „Der Herr der Ringe“ – Bild: Amazon Studios
Das erste und bisher einzige Teaser-Bild zu „Der Herr der Ringe“

Gerade hat Prime Video bekannt gegeben, dass die Dreharbeiten zur ersten Staffel seiner „Der Herr der Ringe“-Serie in Neuseeland abgeschlossen sind, da hat der Dienst eine (politische) Bombe platzen lassen: Die Serienproduktion verlässt die Pazifik-Inseln.

Die Corona-Krise und „Der Herr der Ringe“

Hintergrund ist wohl vor allem die Corona-Krise, die strengen Einreiseregeln in Neuseeland und die Tatsache, dass die Hälfte der Darsteller aus Europa anreisen: Zusammen ergibt das komplizierte Planungen und sich summierende Aufenthalte in Quarantäne. Auf der anderen Seite der Medaille steht natürlich, dass Neuseeland COVID-19 ganz fest im Griff hat (aktuelle 7-Tage-Inzidenz 0,7), während in Großbritannien die Corona-Pandemie dank der Delta-Variante trotz hohem Impf-Erfolges (90 Prozent der Einwohner sind erstgeimpft) mit Inzidenzen über 250 weiterhin massiv präsent ist (die Zahlen sinken aktuell nach einem Höchststand um fast 500 wieder).

In Neuseeland müssen Einreisende aktuell automatisch 14 Tage in Quarantäne – Erleichterungen für Geimpfte sind für Anfang 2022 angedacht. Bei der Produktion von „Der Herr der Ringe“ hat sich das summiert und macht bei der Serie mit mehr als 40 angekündigten Darstellern in wichtigen Rollen die Planungen kompliziert. Auch Personal von Amazon Studios, das sonst bei so teuren Dreharbeiten zur Überprüfung immer wieder mal angereist wäre, wurde durch diese äußeren Umstände beschränkt.

Gründe für den Umzug nach Großbritannien

Prime Video wird die Nachbearbeitung der ersten Staffel noch bis Juni 2022 in Neuseeland am Laufen halten, während die eigentlichen Dreharbeiten zur fest bestellten zweiten Staffel ab Januar im Vereinigten Königreich anlaufen sollen – ein Drehort wurde noch nicht bestätigt. Im Umfeld des Erwerbs der Rechte an den Vorlagen von J.R.R. Tolkien durch Amazon Studios war berichtet worden, dass mindestens fünf Staffeln geplant seien.

Prime Video hatte die britischen Inseln zuletzt verstärkt zur Serienproduktion genutzt und dreht dort etwa „Good Omens“, „Anansi Boys“ oder „The Power“. Daneben kann man durch Dreharbeiten in Europa – wie seinerzeit „Game of Thrones“ – auch weitere Länder und deren unterschiedlichen Landschaften nutzen. Seitdem der neuseeländische Regisseur Peter Jackson vor 20 Jahren die Pazifik-Inseln als Kulisse für seine „Der Herr der Ringe-Trilogie ausgewählt hatte, ist deren landschaftliche Schönheit mit dem Stoff verbunden.

Rückschlag für Neuseelands Politik

Für die neuseeländische Regierung ist der Umzug ein doppelter Schlag ins Gesicht. Einerseits eben, weil der gute Schutz der eigenen Bevölkerung vor Corona nun durch ein für seinen mangelnden Arbeitnehmerschutz in der Kritik stehendes Unternehmen wirtschaftlich zum Nachteil wird. Und dann durch die Tatsache, dass man ein riesiges Steuergeschenk gemacht hatte, in der Erwartung, in Partnerschaft mit Amazon langfristig Arbeitsplätze in der Unterhaltungsindustrie schaffen zu können. Wie gesagt, viele rechnen damit, dass die Serie über fünf Staffeln geht.

20 Prozent der Ausgaben für die Dreharbeiten in Neuseeland (ohne Darsteller- und Manager-Gehälter) war bei der Ansiedlung von der „Herr der Ringe“-Serie vertraglich zugesichert worden. Amazon hatte zuletzt Ausgaben von 465 Millionen US-Dollar angemeldet, in denen auch Investitionen in Grundlagenarbeit steckt, die in der Produktion kommender Staffeln weiterverwertet wird – 20 Prozent davon sind 93 Millionen US-Dollar.

In Neuseeland war gerade noch ein zusätzlicher Steueranreiz von zusätzlichen 5 Prozent im Parlament verabschiedet worden – diese 23 Millionen US-Dollar lässt Amazon Studios nun verfallen, da durch den Umzug die Bedingungen dafür nicht mehr erfüllt werden. Bei der Debatte um das komplette Steuergeschenk war ein wichtiges Argument der Regierung, dass man mit Einnahmen durch die Produktion bei 2030 rechnete – daneben sollte der Aufbau der Infrastruktur mit Fachpersonal die Filmwirtschaft ankurbeln und auch der Tourismus nochmal einen Boost erhalten.

Die erstellten Kulissen werden für die zweite Staffel nach Europa verschifft, die neuseeländischen Crews hinter den Kameras werden weitgehend durch neu anzustellendes Personal aus Großbritannien ersetzt.

Die Dankesworte von Prime Video aus der jetzigen Ankündigung klingen hohl – sie stammen von Vernon Sanders, der bei Amazon Studios den Bereich TV als Co-Head mitleitet: Wir möchten uns bei den Bewohnern und der Regierung von Neuseeland für ihre Gastfreundschaft und ihre Hingabe bedanken, und ebenso dafür, dass sie uns einen so wundervollen Platz zur Verfügung gestellt haben, wo wir die epische Reise unserer ‚The Lord of the Rings‘-Serie beginnen konnten. Und weiter: Wir sind der New Zealand Film Commission, dem Ministry of Business, Innovation and Employment, Tourism New Zealand, Auckland Unlimited und weiteren für ihre Zusammenarbeit und Unterstützung dankbar, die sie der neuseeländischen Film-Produktion zukommen lassen, ebenso wie der örtlichen Wirtschaft.

Zur Serie

Zum Abschluss der Dreharbeiten an der ersten Staffel von „Der Herr der Ringe“ hatte Prime Video den 2. September 2022 als Starttermin der Serie verkündet. J.D. Payne und Patrick McKay verantworten die Adaption als Showrunner.

(Zur Zusammenfassung der weiteren bekannten Details zu Handlung und Cast).

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