Erleichterung: Netflix verliert „nur“ eine Million Kunden

Streaming-Gigant konnte befürchtete Katastrophe abwenden

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 20.07.2022, 10:33 Uhr

„Stranger Things 4“ – Bild: Netflix
„Stranger Things 4“

Mit Spannung war die Verkündung der Geschäftsergebnisse von Netflix für das zweite Quartal 2022 erwartet worden. Dank des nicht eingetretenen Katastrophenszenarios eines Kundenverlusts von knapp zwei Millionen entging der Streaming-Gigant einem weiteren Kurseinbruch. Insgesamt verlor Netflix allerdings 970.000 zahlende Abonnenten. Die will Netflix im kommenden Quartal wieder zurückgewinnen.

Versöhnliche Quartalszahlen

Netflix hat das zweite Quartal mit 220,67 Millionen Kunden abgeschlossen. Vor drei Monaten, bei der Verkündung der Geschäftsergebnisse für das erste Jahresquartal, hatte Netflix die Börsianer mit dem ersten (Netto-)Kunden-Verlust in über einer Dekade geschockt (auch, weil das Geschäft in Russland eingestellt wurde; fernsehserien.de berichtete) und einen weiteren, deutlichen Einbruch von zwei Millionen verlorenen Abos prognostiziert. Auch Analysten hatten bis kurz vor Netflix’ Ankündigung mit Verlusten in dieser Höhe gerechnet. Dass es nun nicht dazu kam, sorgte für positive Stimmung am Aktienmarkt, von der auch andere Unterhaltungsfirmen profitierten.

Trotz Abonnentenverlust sieht Netflix seine Lage für die kommenden Monate positiv. Denn das zweite Quartal ist bei Netflix traditionell das schwächste, da auf der Nordhalbkugel Sommer ist (und der Großteil der Weltbevölkerung auf der Nordhalbkugel lebt). Daneben hatte Netflix das sprunghafte Kundenwachstum am Anfang der Pandemie dafür verantwortlich gemacht, dass es nun zur „Bereinigung“ käme. Und schließlich sitzt nach den Belastungen der Kaufkraft für die potentiellen Kunden durch Corona, den Ukraine-Krieg und eine deutliche Inflation deren Geld weniger locker. Netflix verkauft die Kundenverluste als kurzfristige Ereignisse, nicht als Trendwende.

Auch mit weniger Kunden sehen die Geschäftszahlen zudem positiv aus: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum habe man 9 Prozent mehr Einnahmen erzielt (Netflix verweist darauf, dass wegen des starken US-Dollars und damit schlechter Umtauschkurse „rechnerisch“ sogar 13 Prozent mehr herausgesprungen waren).

Weitere Einnahmequellen am Horizont

Für die kommenden Monate sieht Netflix sich gut aufgestellt: Im dritten Quartal erwartet man ein Netto-Kundenwachstum von einer Million Abonnenten – immerhin habe man mit der vierten Staffel von „Stranger Things“ auch gezeigt, welchen Einfluss Netflix auf die Popkultur ausübe. Durch Entlassungen und andere Umstrukturierungen (die zunächst 150 Millionen US-Dollar als „Investition“ etwa in Abfindungen gekostet haben) sieht man finanzielle Belastungen über Bord geworfen. Das in Vorbereitung befindliche, durch Werbung verbilligte Angebot soll weitere Kunden anlocken

Und dann sind da noch die mehr als 100 Millionen Haushalte, die Netflix in einem Bruch der Nutzungsbedingungen schauten, die Netflix durch das neue add a home-Programm ebenfalls zum Gutteil zu Geld machen will. Nach einem Test in drei südamerikanischen Ländern (Chile, Costa Rica und Peru) will man im August fünf weitere Länder aufnehmen (Argentinien, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala und Honduras). Die Netflix-Nutzungsbedingungen erlauben das Aufsplitten eines Abonnements nur unter Bewohnern des selben Haushalts, viele Nutzer teilten ihr Passwort aber auch mit Bewohnern weiterer Haushalte. Hier will Netflix erreichen, dass eine kostenpflichtige Zusatzoption abgeschlossen wird, die aber günstiger ist als die billigste Abo-Option.

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