#BlackLivesMatter: Netflix, BBC entfernen „Little Britain“, HBO Max „Vom Winde verweht“

Wegen mangelnder Sensibilität umstrittene Programme auf der Strafbank

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 10.06.2020, 13:33 Uhr

Charaktere aus „Little Britain“ – Bild: BBC One
Charaktere aus „Little Britain“

In den Vereinigten Staaten ist nach dem Tod von George Floyd die Sensibilisierung für den weit verbreiteten Mangel an Respekt gegenüber der Kultur schwarzer Amerikaner gestärkt. Das hat nun dazu geführt, dass zwei schon länger umstrittene Formate zunächst aus verschiedenen Streamingangeboten verschwunden sind. Einerseits die britische Comedy „Little Britain“, in der mehrfach weiße Schauspieler mittels schwarzer Schminke („Blackface“) in die Rollen schwarzer Figuren geschlüpft waren. Andererseits der Film „Vom Winde verweht“ (OT: „Gone with the Wind“) aus dem Jahr 1939, der unkritisch mit der Sklaverei der amerikanischen Südstaaten vor dem Bürgerkrieg umgeht und dabei auch rassistische Klischees bedient – er war mit dem Start von HBO Max vor zwei Wochen zu dem Streaming-Dienst gekommen, der eine spätere Bereitstellung inklusive kritischem Kommentar anvisiert.

Vom Winde verweht

Der Klassiker „Vom Winde verweht“ entstand in den Vereinigten Staaten 1939 und spielt im amerikanischen Bürgerkrieg, der mit der Niederlage der Südstaaten und dem offiziellen Ende der Sklaverei endete. Im Zentrum steht Scarlett O’Hara (Vivien Leigh), deren Familie unter Einsatz von Sklavenarbeit die Baumwoll-Plantage Tara betreibt. Seinerzeit war „Vom Winde verweht“ der einnahmenstärkste Film an den amerikanischen Kinokassen bis dahin – nach reinen Dollar-Einnahmen verteidigte der Film diesen Rang für sagenhafte 25 Jahre (bis „Meine Lieder – meine Träume“; OT: „The Sound of Music“). Inflationsbereinigt hat „Vom Winde verweht“ den Rang sogar immer noch inne.

Am Montag hatte der Oscar-prämierte Regisseur John Ridley („12 Years a Slave“) die Entfernung des Films aus dem Streamingangebot gefordert: In dem Film kommt die Repräsentation Schwarzer nicht einfach nur ‚zu kurz‘. Er verherrlicht den Süden in der Zeit vor dem Bürgerkrieg. Statt die Gräuel der Sklaverei zu zeigen, würden unerträgliche Klischees über People of Color präsentiert.

HBO Max kommentierte nun: ‚Vom Winde verweht‘ ist ein Produkt seiner Zeit und zeigt einige der ethnischen und rassistischen Vorurteile, die leider in der amerikanischen Gesellschaft verbreitet waren. Diese rassistischen Darstellungen waren damals falsch und sind es heute immer noch, und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es unverantwortlich ist, diesen Film ohne Erläuterung und ohne Anklage dieser Darstellungen zu zeigen. HBO Max plant, vor der Rückkehr des Films eine historische Einordnung zu geben, allerdings den Film als historisches Dokument nicht zu beschneiden – zur Schaffung einer gerechteren, faireren und inklusiveren Zukunft müsse man die eigene Geschichte verstehen.

Little Britain

Mit der zwischen 2003 und 2006 bei BBC One ausgestrahlten (und davor im Radio veröffentlichten) Sketch-Comedy „Little Britain“ wurden deren Schöpfer Matt Lucas und David Walliams populär. Schon häufiger wurde an der Sendung die politisch nicht korrekte Darstellung von Bevölkerungsgruppen kritisiert: neben dem von Walliams mit Blackface gespielten Charakter der Desiree DeVere auch der Umgang mit Behinderungen und Transgender-Figuren. Ko-Schöpfer Lucas hatte 2017 in einem Interview Bedauern über diverse kreative Entscheidungen geäußert und kommentiert, dass er heute die Serie nicht mehr machen würde: Wir haben damals eine grausamere Art von Comedy gemacht als ich es heute tun würde, summierte er.

Laut THR wurde bei Netflix „Little Britain“ und auch das Spin-Off „Little Britain in the USA“ aus dem Angebot genommen. Gleiches gilt für den US-Streamingdienst BritBox, der weitgehend britische Programme in die USA bringt, sowie auch für BBCs eigenes Streamingangebot iPlayer. THR zitiert ein BBC-Statement: Beim BBC iPlayer wird eine große Menge an Programmen aus der BBC-Geschichte bereitgestellt, die wir regelmäßig neu bewerten. Seit ‚Little Britain‘ erstmalig gezeigt wurde, haben sich die Zeiten geändert, daher ist es aktuell nicht im Angebot enthalten.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Vielen Dank für die seriöse Nachricht. Netflix macht das, was schon viel amerikanische Konzerne aus Angst vor lauten Minderheitsaktivisten gemacht haben: Buckeln. Die anderen Kommentatoren haben es deutlich geschrieben. Es ließe sich noch viel mehr an Filmen verbieten. Irgendwer fühlt sich immer auf den Schlips getreten. ARD und ZDF z. B. könnten Unmengen Sendeplatz frei machen, wenn sie all die Serien entfernten, die meinen persönlichen Geschmack nicht treffen oder ihn gar beleidigen. Aber warum soll ich anderen Zuschauern vorschreiben, was ihnen gefällt?
    • am

      Das ist an Lächerlichkeit langsam nicht zu überbieten. Aber ich habe hier noch einiges für die Liste:
      Django Unchained (ständiger Gebrauch des N Word)
      Die Kinder des Monsieur Mathieu (Der Hauptcharacter ist ein rassist/ Ständige Nutzung von Herabsetzenden Worten, wie dem N Word)
      Der Schuh des Manitu (Witze über Homosexuelle) (Auch wenn die Gay Community das selber lustig fand)
      Traumschiff Surprise (siehe: Der Schuh des Manitu)
      Die Passion Christi (antisemitisch)
      White Chicks (Whitefacing / Das sollten wir dann auch nicht unter den Tisch fallen lassen)
      Chuck and Larry (Herabwürdigung von Homosexuellen)
      Ein Herz und eine Seele (Der Hauptcharacter ist Schwulen, Frauen, Ausländer und Sozi feindlich)
      Mennace to Society (Es gibt in dem Film nur farbige Kriminelle)
      Fast alle Teenie Filme (Rasistisch, da Asiaten meist als Matte Asse und Streber dargestellt werden.)
      Alle Cris Tall Auftritte (Randgruppenwitze, über welche die Randgruppen selbst lachen)
      Die Investigativreportage von Günter Walraff als farbiger verkleidet (Blackfacing aller erster Güte)
      Der Oben erwähne Bud Spencer Film
      Das kann man jetzt endlos weiter führen.

      Little Britain lebt davon, dass man beim Lachen überlegt, ob man da überhaupt lachen darf. So wie es beim brittischen Humor ständig der Fall ist. Alle Hauptrollen in der Serie werden von zwei Darstellern bedient. Das ist bei Scetch Comedys auch so üblich. Wie sollen sie das denn sonst machen? Soll es in der Serie nur noch weiße geben? Der Hauptdarsteller Matt Lucas ist mit einem Mann verheiratet. Sind die Sketche als Duffy Thomas nun Schwulenfeindlich? Ich denke kaum. Es gibt einen Sketch mit Dr. Stephan Hawking. Der Sketch ist sehr an die Sketche mit Lou und Andy angelehnt. Wurde sich Dort über Dr. Stephan Hawking, Leute im Rollstuhl, oder Behinderte allgemein lustig gemacht? Nein! Am Ende ist es die Kirche die als behindert dargestellt wird.

      P.S
      Verboten gehört auch das Musikantenstadl. Irgendwas rasistisches muss da doch zu finden sein. Bitte. Irgendwas.
      • am

        Es wird von Tag zu Tag alberner.
        • am

          Der Mensch wird entmündigt. Warum? Weil der Mensch zu doof scheint.

          Den historischen Kontext eines "Vom Winde verweht" seid jeher nicht erkennen oder nur erkennen, wenn man dies vorher auch nur deutlich erwähnt, au weia, WIR sind dumm.

          Und "Vom Winde verweht" ist ja mal ein ganz anderes Kaliber als "Die Geburt einer Nation" oder "Jud Süß".
          • (geb. 1980) am

            Dann dürfte man auch einige Bud Spencer Filme nie mehr zeigen. In einem sagt Bud nämlich in einer Szene in der Nacht: "Alles finster wie'n N*g*rarsch"
            • (geb. 1979) am

              Diejenigen, die kein Verständnis dafür zeigen und das tatsächlich mit einer Bücherverbrennung gleichsetzen und als Argument "Kunst" nutzen:
              Welche Hautfarbe habt ihr und würdet ihr ebenfalls "Der ewige Jude" als Kunst bezeichnen? Und wer gibt euch das Recht zu bestimmen, was betroffene Menschen als rassistisch ansehen dürgen und was nicht? 
              • am

                Hi Hi Hi, dann muss man auch die Bibel verbieten, denn da wird Sklaverei auch nicht kritisch hinterfragt, sondern ist völlig normal.
                • am

                  Also wenn man die real existierende Menschenverachtung ( zu der auch Rassismus gehört, aber auch HartzIV, Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Terror gegen Whistleblower etc.), insbesondere seitens staatlicher Autoritäten, die sich sonst als die moralisch "Guten" präsentieren, ähnlich konsequent eliminieren würde, wie man das hier im medialen Bereich tut, dann würde ich das ja als ein kleineres Übel hinnehmen.
                  Aber solange das nicht der Fall ist, hat diese Giftschrank-Zensur den Geschmack einer eumphemistischen Tretmühle: es wird kosmetisch was getan, aber am realen Grundproblemen rührt niemand, weil davon zu viele Chauvinisten profitieren.
                  Daher: FSK 18 bzw. entsprechendes US-Rating und Hinweise im parentguide wie z.B. in der imdb (wo Rassismus bislang offensichtlich keine Rolle spielt, siehe Eintrag von GWTW) und gut is.
                  • am

                    Unfassbar!!!! Mir fehlen die Worte!!!!
                    • am

                      Ich gebe Dir vollkommen Recht. Es wird immer schlimmer. Die Rufe nach der guten alten Zeit sind wirklich eine Pest! Aber die sind vorbei und kommen nicht zurück, weder für Dich, noch irgend jemanden.

                      Zur Einordnung: Ich finde "Vom Winde verweht" auch heute noch große Klasse. Dennoch gehört der Film inzwischen tatsächlich historisch eingeordnet und der Kontext klar vorangestellt. Dann kommt er ja auch wieder ins Streaming-Angebot. Von einer digitalen Bücherverbrennung (Den Vergleich mit dem 3. Reich finde ich übrigens sehr geschmacklos!) zu reden ist also Quatsch.

                      Die afroamerikanischen Sklaven in diesem Film werden wie folgt dargestellt:

                      Mammy, gespielt von Hattie McDaniel, die dafür als erste Afroamerikanerin den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle gewann, dazu gleich mehr: Eine fette, nervige und übervorsichtige Haussklavin, die aufbrausend, nachtragend und naiv ist. Trinkt auch gerne Mal ein Gläschen.

                      Dass sie dafür den Oscar erhielt, finde ich bezeichnend, gerade weil ihre Darstellung eindeutig rassistisch angelegt ist. Gespielt hat sie die Figur hervorragend, aber ihre Figur ist dadurch leider auch sehr unsympathisch.

                      Prissy, Haussklavin: Oberflächlich, einfältig ("schwachsinnig"), hässlich, flatterhaft, verlogen und unzuverlässig.

                      Pork, Haussklave: Da sagt der Name ja schon einiges aus... Unterwürfig, dumm und dünkelhaft-arrogant. Er kommt eigentlich noch ganz gut weg.

                      Big Sam, Vorarbeiter auf den Feldern: Ein gutmütiger Riese, dumm und ein echtes Klischee.

                      Alle: völlig ungebildet und keiner außer Mammy kriegt einen geraden Satz zustande!

                      Man kann dem Film nicht vorwerfen, dass er den Charakteren etwas mehr Tiefe verliehen hat, als sie in der Romanvorlage haben, aber die Richtung, die dabei gegangen wird, ist zutiefst rassistisch!

                      Und "Little Britain" fand ich damals schon eins zuviel! Es ist zwar wirklich lustig, aber wie hier jeder Anstand und sämtliche Moral gegenüber Minderheiten und benachteiligten Menschen über Bord geworfen wurde ist auch ekelhaft. Man möchte lachen, weil die Gags wirklich ankommen, aber oft bleibt es Menschen mit einem Gewissen dann doch im Hals stecken. Dass man das aus dem Programm nimmt, finde ich nachvollziehbar. Das kann auch ruhig für immer im Giftschrank bleiben.
                      • am

                        Wow, was für ein Bullshit!!!

                        Wer älter als vier Jahre alt ist hat im Geschichtsunterricht ausreichend zu diesem Thema gelernt und kann sich selbst eine Meinung bilden.

                        Wer über die vielen gelebten Lebensjahre den Film mehrfach GENOSSEN hat kann seine Einstellung/Erkenntnis auch immer wieder überprüfen.

                        Ich persönlich konnte kein einziges Mal eine Verherrlichung der Sklaverei feststellen und finde es bedauerlich, dass irgendwelche Wirrköpfe im Zuge einer fragwürdigen Aktion, die morgen wieder vergessen sein könnte einen bildgewaltigen Klassiker auf den Index setzen.
                        • (geb. 1959) am

                          So langsam wird es albern. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
                          • am

                            Lächerlich wirklich lächerlich. Da hat wohl das Zeitalter der Bücherverbrennung, nur dieses mal digital, begonnen...


                            Unfassbar was in der heutigen Zeit abgeht, wird echt immer schlimmer.


                            Vor 50 Jahren hat man noch nie so nen Geschiss um alles gemacht, früher konnte man eindeutig besser leben.  
                            • (geb. 1979) am

                              Meinst du die Zeit, in der Frauen und Kinder noch geschlagen werden durften? In der Frauen auch die Erlaubnis ihres Ehemannes benötigten, um arbeiten gehen zu dürfen? Die, in der Homosexualität als illegal galt? Oderoderoder...

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