Vertreter von ARD und ZDF haben sich weitgehend gegen einen Boykott der Übertragung zukünftiger Radsport-Veranstaltungen wie der Tour de France ausgesprochen. Forderungen nach einem solchen Vorgehen kamen zuletzt aus den Reihen der Politik, genauer von Peter Danckert, dem Vorsitzenden des Sportausschusses des Bundestags. „Ich empfehle einen Boykott, bis sich die Dinge aufgeklärt haben“, äußerte er sich gegenüber dem Nachrichtensender n-tv. Es könne nicht sein, dass ein noch nicht dopingfreier Sport weiter durch Gebühren unterstützt werde.
Das ZDF reagierte eher zurückhaltend und ließ über seinen Sprecher Alexander Stock mitteilen, dass man die Entwicklungen genau beobachten wolle: „Sollte sich herausstellen, dass aktuelle Sportler betroffen sind, dann wird das ZDF über Konsequenzen nachdenken.“ Bereits im Juli vergangenen Jahres hatte sich Thomas Bellut ähnlich geäußert, als er Garantien für die Wirksamkeit der Anti-Dopingmaßnahmen des Tour-Veranstalters A.S.O. gefordert hatte (fernsehserien.de berichtete). Auch damals wollte man in Mainz bei Nichtgewährleistung solcher Garantien über eine Einstellung der Übertragung nachdenken.
Während das Zweite noch denkt, sieht man sich im Ersten in der Rolle des großen Aufklärers. ARD-Sprecher Peter Meyer sprach gar von einer großen Chance, den Radsport zu reformieren. Außerdem hoffe man, dass nach dem Geständnis von Bert Dietz in „Beckmann“ und durch Schwerpunkt-Setzung, wie beispielsweise bei den „Tagesthemen“ in dieser Woche, noch mehr Insider des Radsports an die Öffentlichkeit gehen.
Nun sucht man also bei der ARD nach einer anderen Art von Nähe zu Radprofis, nachdem das Team Telekom von 1998 bis 2004 von der Sendeanstalt gesponsert worden war und nachdem im vergangenen Jahr ein Exklusiv-Vertrag mit Jan Ullrich massive Kritik an den Verantwortlichen ausgelöst hatte. Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff, auch Intendant des Saarländischen Rundfunks, der für Radsport-Übertragungen verantwortlich zeichnet, räumte diese Fehler ein: „Es war ein Fehler, in diesen Zeiten des einzigen deutschen Profiteams eine Nähe zu pflegen, die möglicherweise den einen oder anderen kritischen Ansatz nicht so hat in Erscheinung treten lassen, wie es vielleicht notwendig gewesen wäre.“
Die ARD verspricht zudem, dass die Berichterstattung der Tour de France anders als bislang gewohnt aussehen wird. So soll es definitiv einen Schwerpunkt in Sachen Doping geben, betreut von der neuen WDR-Redaktion, die sich dieses Themas angenommen habe. Ob es wirklich zu jener Berichterstattung kommt, könnte dennoch von den Entwicklungen der nächsten Wochen abhängen, zumal Experten sich in den Medien bereits über eine mögliche Ausweitung des Skandals äußern. So lässt auch Fritz Raff ein Hintertürchen offen: „Wir sind derzeit dabei, uns auf die Tour vorzubereiten. Dennoch bleibt die Möglichkeit des Ausstiegs, wenn neu gewonnene Erkenntnisse der nächsten Tage und Wochen uns dazu zwingen“.
Die Rechte für Radsport sind eben nun mal für die ARD vergleichsweise billig zu haben, zumindest solange RTL sich nicht interessiert, und die Übertragungskosten sprengen auch nicht den Rahmen einer Königskinder-Hochzeit. Deshalb wird man nur sehr ungern darauf verzichten.
Wenn man den gesundheitlichen Aspekt zu sehr hervorheben würde, müßte man wohl auch von den (sportlich ohnehin) fragwürdigen Übertragungen von Boxveranstaltungen Abstand nehmen.
Manni schrieb: "Wenn man den gesundheitlichen Aspekt zu sehr hervorheben würde, müßte man wohl auch von den (sportlich ohnehin) fragwürdigen Übertragungen von Boxveranstaltungen Abstand nehmen." Das gilt so ziemlich für jede Leistungssportart, die professionell betrieben wird. Davon ist nichts mehr für die Gesundheit zuträglich. Boxen bietet mir persönlich zu viele gekaufte Ergebnisse und ist in seiner Präsentationsform dank vieler Verbände und einer Vielzahl von Gewichtsklassen undurchsichtig geworden. Die Heuchelei im Radsport ist schon nicht mehr zu überbieten. Wenn man durchgreifen wollte, wäre da seit Jahren Gelegenheit genug gewesen. Eine Sportart, die so massiv manipuliert wird, gehört meines Erachtens die Fördermittel entzogen. Sponsoren muß klar sein, dass sie mit ihren Mittel Drogendealer in weißen Kitteln unterstützen und die Gesundheit der Sportler riskieren. Und ob sie dieses Image haben möchten, wage ich zu bezweifeln. Letztendlich ist hier auch der Sportler selber und die Vorbildfunktion, die er inne haben soll, gefragt. Das was zum Beispiel ein Herr Ullrich in Pressekonferenzen und Interviews von sich gab, ist an Peinlichkeit kaum zun toppen. Für den Fehler soll und muß er die Konsequenzen tragen, für seine Lügen und armseligen Rechtfertigungsversuche gehört er mit Schimpf und Schande davon gejagt. Solange man im Leistungssport bereit ist, Summe zu bezahlen, die durch nichts mehr zu rechtfertigen sind, wird der einzelne Sportler sowieso nur anabolide Leistungsmaschine sein, die, wenn er Glück hat, den Zirkus halbwegs übersteht. Die die Pech haben, beißen halt ins Gras. Dafür hat man dann die Illusion von sportlichen Leistungen und heuchlerischen Vorbildern. Hier ist ein Umdenken überfällig.
Was erwartest du, das ist doch gängige Praxis, passiert irgendwas schlimmes wird sofort nach einem Verbot geschrien. Anstatt sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, es öffentlich zur Diskussion zu stellen und so vielleicht auch nach Lösungen zu suchen, geht man lieber den leichteren Weg. So schon zu sehen bei Computerspielen, Alkohol bei Jugendlichen und nun eben auch bei Sport.
Mal abgesehen davon sollen in den nächsten Tagen weitere Geständnisse folgen. So auch von Bölts und Aldag. Gemunkelt wird auch das Zabel vielleicht auch was zu sagen wird. Er soll wohl mal probiert haben, aber nie systematisch gedopt haben. Stellt sich nun die Frage, ob das was gutes oder schlechtes ist, wo ich den Zabel immer als den saubersten angesehen habe. Lassen wir uns überraschen was in den nächsten Tagen noch auf uns zu kommen wird.