Wie wird Sex in der Kunst dargestellt und zu welchem Zweck? Kann Sex noch provozieren? Zusammen mit der Autorin Sibylle Berg fragt Nina Fiva Sonnenberg nach Zusammenhängen von Sex und Kunst. Bis ins frühe 20. Jahrhundert verband man mit Sex das Animalische, das Verdrängte, das, wenn es aufloderte, die wohl gebaute Ordnung bedrohte. Und noch bis in die 1970er Jahre hatte Sex in der Kunst vor allem eine Funktion: Befreiung. Das zeigt auch die aktuelle Ausstellung zur „Feministischen Avantgarde“ in Hamburg. Durch offensiven Umgang mit der eigenen Sexualität befreiten sich viele Künstlerinnen vom dominant-domestizierenden männlichen Blick. So wie Valie Export mit ihrem „Tapp-und-Tast-Kino“, das Passanten dazu einlud, ihre Brüste zu betatschen. Aber heute? Wer als Künstler noch etwas Neues auf diesem Feld leisten will, muss schon ins Extreme gehen: Der
russisch-armenische Künstler Mischa Badasyan befindet sich gerade in einer 365 Tage langen Performance, bei der er jeden Tag mit einem anderen Mann schlafen will. Romantisch ist anders aber vielleicht ist seine Aktion „Save the Date“ eine konsequente Weiterdrehung unserer Dating-Gesellschaft. Zu Gast im „Kulturpalast“ ist diese Woche die Autorin Sibylle Berg. Sie ist der Meinung, die Übersexualisierung der Gesellschaft führe leicht zu Asexualität. Genau darin geht es auch in ihrem neuen Roman „Der Tag, als meine Frau einen Mann fand“. Gewohnt drastisch in der Sprache, entzaubert sie hier Liebe und Sexualität und lässt ihre Protagonistin mal verzweifelt, mal verdrossen um die eigene Beziehung kämpfen. Wird Sex überbewertet? Führt der moderne Imperativ „Sei erfolgreich, sei attraktiv und habe super spannenden, lustvollen Sex“ letztendlich zu Einsamkeit und Unglück? (Text: 3sat)