Eine Ära endet und hinterlässt komplett umgewälzte Landschaften. Wie groß ist das Risiko nach der Braunkohle – nach dem Aus für die gigantischen Tagebaue Mitteldeutschlands? Die Sanierung der gigantischen Tagebauflächen ist ein einmaliges geologisches Großexperiment, von dem niemand weiß, ob es gelingt. Allein für die Rekultivierung der sächsischen Tagebaue müssen die Unternehmen Mibrag und Leag 1,5 Milliarden Euro zurücklegen, dazu kommen weitere Milliarden für die Gruben in Sachsen-Anhalt und Brandenburg. „Echt“-Moderator Sven Voss ist auf Expedition in der neuen Wildnis Mitteldeutschlands. Hier, wo heute Seeufer gesperrt werden, Fische sterben, Wald unrettbar verloren ist. Dort, wo Grundwasser unaufhörlich in längst aufgegebene Deponien steigt, Altkippen instabil macht und gewaltige Erdmassen rutschen lässt. Rekultivierung nach der Kohle ist ein extrem schwieriges Projekt, denn die neuen, künstlichen Landschaften, sie sind buchstäblich auf Sand gebaut. Immer wieder brodelt die Erde in den früheren Tagebaurevieren. 2009 am Concordiasee in Nachterstedt, als viele Millionen Kubikmeter Böschung in den See rutschen – ein halbes Haus mitreißen und drei Menschen den Tod finden. 2010 in Spreetal in der Lausitz, als ein Lkw-Fahrer nur knapp dem sicheren Tod entkommt, als sein Truck zum Spielball
brodelnder Erdmassen wird. 2012 im Tagebau Schleenhain, als ein tausende Tonnen schwerer Riesenbagger von abrutschenden Erdmassen in die Tiefe gezogen wird. Professor Andreas Berkner ist Geowisssenschaftler und einer der führenden Köpfe des Landschaftsumbaus nach der Kohle: „Rutschungen sind seit 100 Jahren eine Begleiterscheinung des Braunkohleabbaus. Um nur mal eine Zahl zu nennen, in Mitteldeutschland und in der Lausitz sind bisher durch Rutschungen 40 Menschen ums Leben gekommen.“ Lockere Erdmassen und Wasser – das ist eine gefährliche Verbindung. Und das neue, künstliche Land ist voller lockerer Erdmassen. Gigantischer Kippen. Auf denen die Tagebaubagger über Jahrzehnte die Erdschichten über der Kohle abkippten – Ton, Sand oder Kies, alles durcheinander. Aber es steigt immer mehr Grundwasser in diese Kippen und so ist die Gefahr von Rutschungen groß. Die feinsandige Lausitz trifft das besonders hart. Auf über 35.000 Hektar ehemaligen Bergbaugebietes heißt es: Betreten verboten. Wegen Rutschungsgefahr. Wer auf den Alt-Kippen baut, der benötigt deshalb viel Geduld, Wissen und vor allem – eine Menge Geld. Jahrhundertprobleme. Und eine beispiellose technologische Herausforderung. „Echt“ spricht mit Anwohnern, Bürgerinitiativen, Geotechnikern und Geologen über Chancen und Risiken eines Jahrhundertprojektes. (Text: mdr)