Folge 437

  • Achtung Radarfalle! – Das Millionengeschäft mit der Tempokontrolle

    Folge 437
    Bundesweit werden monatlich etwa 40 Millionen Euro aus Buß- und Verwarnungsgeldern eingenommen, ein hochlukratives Geschäft für die Kommunen. Kontrollen, so die offizielle Lesart, dienten der Verkehrssicherheit. Viele Bürger aber sind überzeugt, Blitzer, die neuerdings formschön sind und „Traffitower“ oder „Citysäulen“ heißen, seien eine kommunale Gelddruckmaschine. Besonderes Misstrauen erwecken neue Geschäftsmodelle: Finanziell verschuldete Landkreise kaufen keine Blitzeranlagen, sondern leasen sie. Firmen werben mit Rundum-sorglos Paketen und versprechen, es lohnt sich.
    Natürlich auch für die Verleihfirma: Sie kassiert pro Bild fünf bis zehn Euro. Im norddeutschen Lüchow-Dannenberg z. B. ist die Dichte an Blitzern besonders hoch. 23 gibt es schon, 13 neue kamen allein im Jahr 2013 dazu, allesamt geleast. Der Landkreis Gifhorn hat 32 „Starenkästen“ aufgestellt, im Jahr 2014 sollen noch zehn dazukommen, ebenfalls geleast. In den Rathäusern heißt es, Blitzer seien eine verlässliche Einnahmequelle. Doch die Bürger finden diese Art der Geschwindigkeitskontrollen und die anschließende „Rechnung“ für zu schnelles Fahren natürlich nicht gut: immer wieder werden Blitzer beschmiert, abgebrannt oder gar beschossen.
    In Lübeck sollten eigentlich in den kommenden vier Jahren 28 neue, fest stationierte Radarfallen aufgestellt werden. Doch die Bürgerschaft stellte sich gegen den Vorschlag des Senators für Umwelt, Sicherheit und Ordnung (Bündnis 90/​Grüne). Für eine derartige Anschaffung sei kein Geld da. Seitdem der Senator allerdings weiß, dass man Blitzer auch leasen kann, schöpft er Hoffnung und beteuert, es ginge nicht ums Geld, sondern ausschließlich um Lärmschutz und Moral im
    Straßenverkehr.
    Doch es regt sich zunehmend Widerstand gegen die Radarfallen. In Osnabrück z. B. verteilen Anwohner Warnzettel und rücken mobilen Blitzgeräten auf die Pelle. In Peine fotografieren junge Leute jede mobile Radarfalle und warnen die Autofahrer im Netz. Viele Bürger beteuern, sie seien nicht grundsätzlich gegen Geschwindigkeitskontrollen, aber diese müssten vor Kindergärten und Schulen erfolgen, nicht an vierspurigen Landstraßen. Mancher Bürgermeister sagt jedoch, vor Schulen sei es nicht so richtig lukrativ, zu blitzen. Besser sind große Hauptverkehrsstraßen, auf denen der Autofahrer Gas gibt.
    Deshalb klingelt dort auch die Kasse bei Geschwindigkeitsmessungen. Kommunen nennen die Einnahme „Querfinanzierung“ und „Mischkalkulation“. Ohne das „Blitzergeld“, das im Haushalt fest eingeplant sei, kämen sie nicht über die Runden. Aber der Bürger zahlt doch Steuern! „Die müssten ohne Blitzer erhöht werden“, heißt es unverblümt von manchem Kommunalpolitiker. Einige Bürger kaufen inzwischen Radarwarner, die mit freundlichen Sätzen vorher auf die Geschwindigkeitsmessungen aufmerksam machen. Diese Geräte sind zwar eigentlich nicht erlaubt, doch die Herstellerfirma ist stolz darauf, diese Warnmelder unsichtbar im Wagen einbauen und dadurch so manchem Fahrer Punkte in Flensburg ersparen zu können.
    Ist man trotzdem einmal zu schnell in die Radarfalle gefahren und muss um seinen Führerschein zittern, hilft immer noch der Gang zum Anwalt. Verkehrsanwälte und Sachverständige behaupten, dass 80 Prozent aller Messungen ungenau seien. Und außerdem habe das Statistische Bundesamt herausgefunden, dass nur ein Bruchteil aller Unfälle tatsächlich auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sei. Auch vor Verkehrsgerichten gilt also: im Zweifel für den Angeklagten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 02.05.2014 NDR

Sendetermine

Sa. 03.05.2014
08:30–09:00
08:30–
Fr. 02.05.2014
21:15–21:45
21:15–
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